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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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dass Euer Sohn Morna daran teilnimmt.«
    »Tara?« Deirdre
starrte den jungen Adligen erschrocken an. »Warum soll Morna und nicht Fergus
dem feis beiwohnen?«
    Und nun war es der
Besucher, der sie verwundert anblickte.
    »Es wäre höchst
befremdlich, wenn Morna es nicht täte«, erwiderte er. »Er ist des Hochkönigs
höchsteigener Vetter.«
    Das feis – die rituelle
Krönungsweihe, bei der der König sich mit einer Stute zu vereinigen pflegte –
fand erst zu Samhain statt. Bis dahin dauerte es noch eine Weile. Also sagte
sie sich, dass ihr noch ein wenig Zeit blieb. Aber warum war der neue König auf
einmal so sehr an Morna interessiert? War es nur ein Akt der Freundlichkeit
gegenüber einem Verwandten, den der alte König ignoriert hatte? Oder verbarg
sich eine andere Absicht dahinter?
    Und dann war sie fast
überrascht, als sie sich ganz ruhig antworten hörte: »Dies ist in der Tat eine
wundervolle Nachricht. Mein Sohn wird sich geehrt fühlen. Wir fühlen uns alle
geehrt. Es gibt dabei nur ein Problem.«
    »Und das wäre?«
    »Er ist nicht hier.
Er ist auf Reisen.« Sie deutete vage in Richtung der Flussmündung. »Auf einer
Seereise. Er hat versprochen, vor dem Winter wieder zurückzukehren, aber…« Sie
seufzte. »Wenn ich wüsste, wo er sich befindet, könnte ich einen Boten nach ihm
senden. Er wäre nämlich untröstlich, ein so großes Ereignis zu versäumen.«
    »Ihr denkt also, er
wird rechtzeitig zurückkehren?«
    »Er weiß, dass sein
Großvater nicht mehr lange auf dieser Erde weilt. Wir hoffen sehr, dass er
zurückkehrt, bevor sein Großvater von uns scheidet. Aber das liegt in der Hand
der Götter.«
    Sie bot ihm einen
Erfrischungstrunk an, gab ihm aber zu verstehen, dass es besser sei, die
Kammer, in der ihr siecher Vater lag, nicht zu betreten.
    Der Bote verweilte
nur kurz und brach wieder auf. Er nahm Bekundungen der Loyalität von Seiten des
alten Häuptlings sowie den deutlichen Eindruck mit, dass der junge Morna mit
Freuden zu dem feis eilen würde, wenn er die Küsten der Insel noch rechtzeitig erreichte. Das
Schauspiel, das sie dem Mann geboten hatte, sagte sich Deirdre anschließend,
war recht beeindruckend gewesen. Es gab dabei nur ein Problem.
    Sie hatte den
Hochkönig gerade angelogen.
    Warum hatte sie das
getan? Sie wusste selbst kaum, warum. Aber Morna durfte sich auf keinen Fall
dorthin begeben. Dessen war sie sicher. Schon in der kurzen Zeit, in der der
Bote im Rath verweilt hatte, waren die Ängste in ihr wach geworden. Als er
wieder losfuhr, war ihr, als sei eine dunkle und bedrohliche Präsenz von dem
Ort gewichen. In der Nacht darauf quälte sie ein Albtraum, in dem sie und Morna
sich Tara näherten. Wieder erhoben sich die Stare in einem schwarzen Nebel von
der Erde. Deirdre erwachte in Schweiß gebadet. Nein, ihr Sohn durfte dort nicht
hingehen.
    Am nächsten Tag
kehrten Morna und ihre Brüder zurück. Sie hatte die Sklaven angewiesen, den
Besuch des Boten mit keiner Silbe zu erwähnen. Aber es hatte ja auch keiner von
ihnen gehört, was dabei gesprochen wurde. Keiner von ihnen – weder Morna noch
ihre Brüder oder der Häuptling selbst – hatte die geringste Ahnung, was Deirdre
getan hatte.
    Natürlich war die
Sache riskant. Wenn der neue Hochkönig diese Lüge jemals aufdecken sollte,
würde er sie als große Beleidigung auffassen. Aber zumindest war sie es
gewesen, die sich einer Lüge schuldig gemacht hatte. Er mochte mit ihr tun, was
er wollte. Es war ihr gleichgültig. Nur leise nagte ein kleiner Zweifel an
ihrem Gewissen. War es möglich, dass sie sich getäuscht hatte, dass der neue
Hochkönig es gut meinte dass die Einladung keinerlei Gefahr für Morna in sich
barg? War es möglich, dass sie nur Angst hatte, Morna könnte, wenn er sich zum
Hochkönig begab und sich dessen Gunst erwarb, vielleicht keine Lust mehr haben,
zu ihr und nach Dubh Linn zurückzukehren? War sie vielleicht selbstsüchtig?
Nein. Das war es nicht. Sie scheuchte sich den unliebsamen Gedanken aus dem
Sinn.
    *
* *
    Drei
Tage später ging es mit Fergus wirklich zu Ende.
    Für Deirdre begann
eine schwierige Zeit. Sie war nicht nur über das Dahinscheiden ihres Vaters
betrübt, sondern auch darüber, wie sehr Morna unter dem drohenden Verlust
seines Großvaters litt. Auch ihre beiden Brüder waren verzweifelt; mehrmals
schien Rian den Tränen nahe zu sein, und falls Ronan darüber erzürnt gewesen
war, dass man ihn übergangen hatte, so schien dies nun vergessen zu sein.
Deirdre aber pflegte den

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