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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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du damit?«, fragt er.
    »Habt ihr mich gehört, als ich im Hausflur stand? Und mich mit den Schlössern rumgequält habe?«
    »Glaub schon.«
    »Du weißt es nicht genau?«
    »Wir dachten, du wärst vielleicht ein bisschen – du weißt schon.«
    »Nein, Papi. Das weiß ich nicht. Würdest du’s mir bitte erklären?«
    »Keine Ahnung, Junior. Bisschen besoffen vielleicht? Du bist den ersten Tag zurück, vielleicht habt ihr, du und Dito, euch einen kleinen genehmigt. Einen durchgezogen oder was weiß ich.« Er zieht an einem unsichtbaren Joint, den kleinen Finger abgespreizt. »Kommst ein bisschen stoned nach Hause und hast vielleicht Schwierigkeiten, die Tür aufzukriegen. Keine Ahnung. Ehrlich gesagt, haben wir nicht so richtig darüber nachgedacht.«
    »Ihr habt nicht so richtig darüber nachgedacht? Schau nicht zu ihr. Sieh mich an. Ihr habt …«
    »Was gibt dir das Recht, so mit mir zu reden?«
    »Bitte unterbrich mich nicht.« Tariq drückt den Kopf des Hundes auf den Teppich. »Du sagst, ihr hättet nicht so richtig darüber nachgedacht, dass ich da vor der Tür stehe und an den Schlössern herumfummle wie ein Vollidiot? Stellt sich doch die Frage, worüber habt ihr dann nachgedacht? Worüber habt ihr dann gelacht, Papi?«
    »Gelacht?«, sagt Jose. Er glättet die Falten der Decke auf seinem Schoß, ein eindeutiger Hinweis. »Was ist los mit dir? Hätte ich deinetwegen aufstehen sollen? Dir die Tür aufmachen?«
    »Jetzt pass mal gut auf«, sagt Tariq. Er versucht, nicht zu lächeln, als er merkt, wie genau Isabel ihn beobachtet. Sie sitzt auf ihren Händen, als wäre sie vollkommen ruhig, aber er würde seinen Arsch darauf verwetten, dass er, würde er sein Ohr an ihre Brust legen, hören würde, wie wild ihr Herz schlägt. »Jetzt pass mal gut auf«, sagt er noch mal, geht einen Schritt auf seinen Vater zu. »Wie fändest du es, wenn ich dich in einer lächerlichen Situation auslachen würde? Wenn du Hilfe brauchst, um in die Badewanne rein- oder wieder rauszukommen? Oder dir am helllichten Tag in die Hose pisst, ohne es überhaupt zu merken?«
    »Das Gespräch ist beendet«, sagt Jose. Er hält die Fernbedienung Richtung Fernseher und stellt ihn lauter. »Deine Mutter hat gesagt, ich soll dich daran erinnern, deinen Bewährungshelfer anzurufen. Bevor es zu spät ist.«
    Tariq packt ihn, bevor er überhaupt reagieren kann. Er schiebt die Hände grob unter Joses Knie und Steiß und hebt ihn aus dem Rollstuhl. Der alte Mann schwebt schwerelos in Tariqs Armen, so leicht, wie Sahne im Kaffee aufsteigt. Aber dann wehrt er sich. Er schlägt Tariq aufs Ohr, ins Gesicht, auf den Rücken, auf den Muskelberg zwischen seinen Schulterblättern. Lass mich runter, sagt er. Lass mich sofort runter! Man stelle sich das vor. Man würde dem Wunsch des Alten nachkommen. Wie schnell diese dünnen Beinchen zersplittern würden. Tariq lacht. Er wirft ihn in die Luft wie ein Baby. Sie wirbeln herum, Vater und Sohn. Jose wehrt sich und Tariq lacht noch immer. Um die Wunde an seiner Backe zu schützen, steckt er das Gesicht in Joses Achsel, wo es nach Sofrito riecht. Er trägt ihn nach hinten. Tariq sieht nicht, wo er hintritt – sein Gesicht bleibt in Joses Achselhöhle –, aber das ist auch nicht nötig. Er ist hier zu Hause. Er weiß, wo die Papageien tief hängen und wo Nägel aus dem Teppich gucken und nach Socken angeln. Auf dem Weg durch die Küche schwenkt Tariq den hilflosen Körper seines Vaters herum und geht seitwärts wie eine Krabbe, damit Joses baumelnden Beine nicht von einem Türrahmen abgetrennt werden.
    Isabel sagt gar nichts. Ich bin der Topact, denkt Tariq. Ich bin die Action, auf die sie gewartet hat. Wie die ideale Zuschauerin sitzt sie still und leise im Dunkeln.
    E r wirft seinen Vater aufs Bett, und Jose landet, wie ein Stapel T-Shirts landen würde – mit sanftem Plumps, als verdrehter Haufen. Fettfleckige Kissen segeln zu Boden. Matratzenfedern quietschen. Auf die Ellbogen gestützt zeigt Jose seinem Sohn das Gesicht eines alten Mannes, rot, aufgedunsen und anklagend. Das Gesicht will wissen, mit welchem Recht Tariq das macht. Welchem Recht? Welchem Recht? Tariq könnte ihn bitten, das weiter auszuführen, aber er ist zu sehr abgestoßen. Er kommt direkt auf die Lügen seines Vaters zu sprechen.
    »Wo ist Mama?«
    Jose hat die Stimme verloren. Die Worte kommen dünn und schwarz heraus, kaum gewispert: »Woher nimmst du das Recht?«
    Ach, komm schon. Tariq kniet sich auf den Teppich und fährt mit der

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