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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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mitgebracht habe? Pierre mit dem Gulaschgesicht? Der ist zu Hause, danke der Nachfrage. Ruht sich aus. Er hat sich – hab ich dir das schon erzählt? – hat sich selbst eine Bowlingkugel in die Fresse gehauen.«
    »Tja«, sagt Alfredo, »passiert.« Mit bestimmter, fester Hand lotst er Baka Richtung Ring. Ein VIP-Platz für einen VIP-Gast. Nicht, dass es viel zu sehen gäbe. Einen Keller voller Gorillas, die Dutches rauchen, Bier trinken, Schokoriegel essen, aus Big Lebowski zitieren und sich streiten, sich pausenlos über irgendwelche Gegensätze streiten, die ihnen gerade einfallen: McDonald’s und Burger King, Nas und Jay-Z, Shaq und Kobe, Marty und Dceve, Ron Jeremy und Peter North, die Hand-Ballplätze an der 85th gegen die im Travers Park. Alfredo schaut sich um. K-Lo drückt sich noch immer bei der Leiter rum, Sean Lau bei der Treppe. Lee, der den ganzen Weg von Staten Island auf sich genommen hat, steht allein da, die Arme vor der Brust verschränkt. Rick Sprinkle gibt eine Story zum Besten, aber niemand hört ihm zu. Forest Hills David nimmt einen leeren Schuhkarton vom Kartentisch und glotzt mit professionellem Interesse hinein. Jonas sieht aus, als würde er im Stehen schlafen. Der Einzige, der tatsächlich den Eindruck vermittelt, als habe er Spaß, ist Winston. Wie der perfekte Gastgeber einer Cocktailparty beackert er den Raum mit einem Lächeln im Gesicht, zieht von Grüppchen zu Grüppchen und sorgt dafür, dass die Schüchternen frische Dosen Bier haben, in die sie stieren können. Nachdem ihm seine eigene aus der Hand geschlagen wurde, hat er sich eine neue besorgt, in die er allerdings dem Anschein nach hineinspuckt, statt daraus zu trinken, als bekäme Alfredo jeden Schluck rückwärts zu sehen. Eigenartig. Er schaut in den Ring, um zu überprüfen, ob die Hündin ebenfalls rückwärts läuft, jünger wird – aber nö, Fehlanzeige. Sie läuft auf Baka zu. Sie trottet zu seiner Ecke des Rings, wo sie sich dazu herablässt, an den Fingern seiner ausgestreckten Hand zu schnüffeln. Aufgrund der Dysfunktion seiner Nebennieren verströmt Baka keinerlei Hasenfuß-Pheromone, umweht seinen beachtlichen Körper nicht ein Hauch von Angst, nichts, was den Hund zum Feind machen könnte.
    »Ein herrliches Tier«, sagt Baka, und Diana senkt den Kopf in falscher Bescheidenheit.
    »Das ist sie«, sagt Alfredo. Neidisch sieht er zu, wie Baka sie hinter den Ohren krault.
    »Und wo ist der Pitbull?«, sagt Baka. »Oder hat das durchtriebene Aas da ihn schon gefressen?«
    »Haha. Nein, nein. Zumindest noch nicht. Der andere Hund ist bei meinem Bruder.«
    »Aha«, sagt Baka. Er runzelt die Stirn, wodurch er noch mehr wie ein Löwe aussieht. »Jetzt frag ich dich also wie ein Idiot: ›Und, wo ist dein Bruder?‹ Und dann sagst du: ›Der ist bei dem anderen Hund.‹ Und dann sage ich, weil ich ja so ein Idiot bin: ›Alles klar, und wo ist der Hund?‹ Und dann sagst du wieder …«
    Alfredo überlegt, wie sehr er darüber lachen soll, als hinter ihm jemand die Treppe herunterkommt. Er dreht sich um, geht auf die Zehenspitzen. Aber es ist bloß Max, der sich am Geländer entlang herunterbugsiert. Alfredo ist eigenartig enttäuscht. Jetzt wo Baka aufgekreuzt ist, hat er die Hoffnung gehegt, Mike Shifrin käme gleich hinterher, den Giftdolch in der Hand; das würde für die Genialität von Tariqs Plan sprechen und im weiteren Sinne, wie bei dem E-Beeper, für seine eigene, ihn zu durchschauen. Aber drauf geschissen. Wenn Shifrin nicht von selbst auftaucht, wird Alfredo eben nachhelfen.
    »Haha«, sagt Alfredo, während Baka das Möbiusband ihres hypothetischen Dialogs fortspinnt. »Weißt du was? Leih mir mal dein Handy, dann ruf ich meinen Bruder an. Frag ihn, wo er ist.«
    »Was ist denn mit deinem Telefon?«
    »Kein Saft«, sagt er und klopft sich auf die Hosentasche. »Hab gestern Abend vergessen, es aufzuladen.«
    Baka sieht Alfredo finster an, als ärgerte er sich darüber, dass ihm kein treffender Grund einfällt, eine derart billige Tour abzubügeln. »Aber mach’s kurz«, sagt er und reicht Alfredo das Telefon. »Hab nicht mehr so viele Minuten drauf.«
    Alfredo drückt auf die dicke grüne Taste mit dem Hörer und ruft die Liste der zuletzt gewählten Nummer auf. Der Menüpunkt heißt »History«, als handelte es sich hierbei um ein kostbares Originaldokument, an den Rändern bereits vergilbt. Es tauchen vereinzelt Namen auf – Amery, Jim, Pierre, Zach –, aber Alfredo interessiert sich für keinen von

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