Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
Tresen und starrte auf die Magazine. »Was soll die Frage?«
    »Man nennt das ›Konversation betreiben‹«, sagte Max.
    »Es geht ihr gut.«
    »Und dem Vater?«
    »Soll dich sogar grüßen.«
    »Wirklich?«
    »Nein, nicht wirklich. Sagt man nur so. Man nennt das ›höflich sein‹.«
    »Und der umwerfenden Isabel?«, sagte Max. »Bei der mir – ich hoffe, du nimmst mir das nicht krumm – immer das Blut in den Schwanz schießt. Wie geht es ihr? Schon im siebten, wenn ich richtig rechne.«
    »Im sechsten«, log Alfredo
    »Großartig, großartig«, sagte Max. Er beugte sich auf seinem Hocker vor, die Ellbogen auf den Tresen gestützt, und kam zum süßen Kern. »Was also wirst du machen, wenn dein Bruder nach Hause kommt?«
    Afredo stöhnte. »Du bist genauso schlimm wie anderen.«
    »Schlimmer«, sagte Max. Er grinste, seine falschen Zähne glänzten. Grellweiß waren sie, diese Zähne, und während sich die meisten alten Knacker zumindest für eine leichte Tönung entschieden – sich die Beißerchen künstlich mit künstlichen Zigaretten und künstlichen Tassen Kaffee verfärben ließen –, hatte Max das Gebiss so genommen, wie es war. Ein blendendes Lächeln. Er sagte, er könne nicht verstehen, warum jemand lieber alt aussah – und auch noch dafür zahlte! Die Zähne teilten sich ihre Unterkunft mit regelmäßig nachgelegten Marshmallows, immer zwei Stück, in jeder Backe eins. Er behauptete, seine Mutter habe ihm immer Marshmallows in den Mund gestopft, damit er still war, was eindeutig nicht funktioniert hatte. Was als Strafe begann, wurde schnell zum Markenzeichen und war jetzt, viele Jahre später, eine jungenhafte Affektiertheit unter vielen.
    »Tu mir den Gefallen«, sagte er zu Alfredo. »Sobald du deinen Bruder siehst – was wirst du tun? Was hast du dir überlegt?«
    »Tröten«, sagte Alfredo. »Partyhüte. Vielleicht eine Piñata, obwohl ich nicht weiß, ob ich ihm einen Schläger in die Hand geben sollte.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Nein«, sagte Alfredo. »Wahrscheinlich nicht.« Er sah die Titel im Zeitschriftenregal durch, auf der Suche nach der aktuellen Ausgabe von GamePro . Er schaute nicht für sich – falls er ein Magazin würde lesen wollen, dann Baseball Weekly oder Source –, sondern für Winston, der gegenüber in der Gasse das Versteck bewachte. »Ehrlich gesagt«, sagte Alfredo, »hab ich gar keinen richtigen Plan. Drogen. Ich will ihm ein Päckchen Drogen besorgen. Winston meint, das wär ne nette Geste.« Es gelang ihm nicht, nicht mit den Achseln zu zucken und kein Selbstmitleid mitschwingen zu lassen. »Und sonst, keine Ahnung. Ich versuche, nicht allzu viel darüber nachzudenken.«
    »Vielleicht fängst du mal damit an«, sagte Max.
    »Vielleicht kümmerst du dich mal um deinen eigenen Scheiß.«
    »Würd ich ja«, sagte Max, fuhr den Arm aus und gestikulierte in Richtung der ausgestöpselten Aufschnittmaschine, der unverkauften Kakerlaken-Fallen, der unverkauften Flaschen Fox’s U-bet Schokoladensirup, des unverkauften Nan-Brots neben den unverkauften Hot-Dog-Brötchen, »aber mein Scheiß ist nicht so interessant wie deiner.«
    Das Altersgefälle und die unterschiedliche ethnische Herkunftt machen Max und Alfredo zu ungewöhnlichen Freunden, aber die Männer reden beide gern und viel, und Schwätzer finden immer zueinander. Der Laden hatte mal den Batistas gehört, und sie hatten auch in der kleinen Wohnung dahinter gewohnt, deren Zimmer wie Zugabteile aneinandergereiht waren. (Schneller zur Arbeit ging nicht.) Nach Jose Seniors Unfall verkauften sie das Geschäft allerdings an Max, der sich dem Trend im Viertel widersetzte und nach über zwanzig Jahren der erste Nicht-Araber, Nicht-Koreaner und Nicht-Latino war, der eine Bodega erwarb. Nicht, dass er es »Bodega« nannte. Stattdessen beharrte er auf dem anachronistischen Begriff »Candy Store«, der für ihn den Beiklang eines längst vergangenen Stadtteils, mit Schokomilch-Sodas, Münzwurfspielen, den Mets zu Koosmans Zeiten und der Weltausstellung von 1964 hatte. Als Alfredo anfing, auf dem Gehsteig Joints zu verhökern, musste das Max’ sepiafarbenes Bild der guten alten Zeit erschüttert haben – aber als gut funktionierender New Yorker hatte er sich schnell der neuen Zeit angepasst. Es half natürlich, dass die beiden sich mochten. Max heckte gerne Pläne aus, und Alfredo hatte seine Freude daran, sie wieder vom Himmel zu holen.
    »Du machst jetzt Folgendes.«
    »Na, großartig«, sagte Alfredo. Er entdeckte

Weitere Kostenlose Bücher