Die Prinzen von Queens - Roman
rüber.
»Wie heißt der Hund?«, fragte er, wollte den Namen zu Werbezwecken wissen. »Ist nicht euer Ernst«, sagte er, als sie ihn nannten.
Am nächsten Tag ging er zu den Labertaschen. Es war, als würden die Mets den Yankees die Hand reichen, als würde Piazza mit Clemens knutschen. Alfredo klapperte die Klatschmäuler des Viertels ab, in ihren Bodegas, Frisörläden, Pizzerien und Billiardcafés und flüsterte ihnen ins Ohr, bat sie, bitte nur keinem etwas davon zu erzählen, und stellte damit sicher, dass sie genau das tun würden. Innerhalb von Stunden war die Sache im Umlauf.
Diana (ABC-Brüder) vs. Noch offen (Batista-Brüder)
erster Hundekampf des Jahres
15. Juni 2002
Jetzt musste Alfredo sich nur noch einen Hund besorgen. Am Dienstag fuhr er mit dem R-Train zum Tierheim in Rego Park, musste aber feststellen, dass es dienstags geschlossen war – was aber auch keine Rolle spielte, da sie dem Schild im Fenster zufolge überhaupt keine Tiere zur Adoption anboten. Nur aufnahmen. Na toll. Weiter mit Plan B. Sollte er keinen Pitbull adoptieren können, würde er eben einen klauen. Am Mittwoch latschten Alfredo (flach atmend) und Winston (Joints rauchend) durch gefühlt jede einzelne Gasse des Viertels, einschließlich »ihrer«, und hielten in Hinterhöfen nach angeketteten, allein gelassenen Pitbulls Ausschau. Sie fanden jede Menge Löwenzahn, neun platte Fußbälle, Dutzende weiße Plastikgartenstühle mit wochenaltem Regenwasser in den Sitzschalen, ein kleines philippinisches Mädchen, das mit Streichhölzern spielte (sie sagten ihr, sie solle damit aufhören), ein auf Betonklötzen aufgebocktes Auto ohne Räder, alte Babywindeln, kaputte Fernseher, Zigarettenkippen, zahllose Flugzeuge, die über ihre Köpfe hinweg dröhnend LaGuardia Airport anflogen, ein Paar Turnschuhe, das, an den Schnürsenkeln zusammengebunden, an einem Telefonmast hing (ein Anblick, bei dem sich Alfredos mit Blasen überzogene Füße in ihren Timberlands wanden), nette alte Damen, böse alte Damen, Basketballkörbe, Grills und Hunderte amerikanischer Fahnen, von Balkons hängend oder in den Boden gesteckt, große Fahnen, kleine Fahnen, allesamt innerhalb der letzten neun Monate gekauft. Was Alfredo und Winston allerdings nicht fanden, war ein Pitbull. Am Donnerstag lungerten sie total erschöpft, vorm 7-Eleven herum und warteten darauf, dass ein durstiger Hundehalter unbedingt einen Slurpee brauchte und seinen Pitbull an einer der Parkuhren festband. Es passierte gar nichts. Spätabends dann, es blieben nur noch achtundvierzig Stunden Zeit, dachten Winston und Alfredo allmählich über Pitbulls hinaus: mittlerweile wäre ihnen auch ein weiterer deutscher Schäferhund, ein Rottweiler, eine feiste Ratte, ein tollwütiges Eichhörnchen oder ein Piranha im Goldfischglas recht gewesen. Im Grunde jedes Tier mit einem Hang zur Streitsucht. Am Freitag, nachdem Alfredo mit Isabel vom Elmhurst Hospital zurück war, rief er Winston an und erzählte ihm, dass alle Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchung sehr solide ausgefallen waren. Gesundes Baby, gesunde Mama. Katastrophe noch mal vertagt. Alfredo hatte ein gutes Gefühl. Heute Nacht, sagte er zu Winston. Heute Nacht, heute Nacht. Besorgen wir uns einen Hund.
4
Der Coup, erster Teil
Als Alfredo in Gianni’s Pizzeria marschiert kommt, trifft er Winston genau dort an, wo er ihn erwartet hat: neben der Tür, über den Street-Fighter-II -Automaten gebeugt. Umgeben von Zuschauern asiatischer Herkunft, hämmert er auf die Knöpfe ein und würgt den Joystick. Springt seine Figur auf dem Bildschirm, stellt sich Winston auf die Zehenspitzen. Bewegt sich die Figur nach links, geht Winston mit; bewegt sie sich nach rechts, prallt er gegen seinen Gegner, einen chinesischen Jugendlichen mit großzügig gegelten Haaren. Wie die meisten Könner spielt der Chinese mit durchgedrücktem Rücken locker aus den Fingern, ein Maestro, der mit kühlem Kopf sein Orchester dirigiert. Alfredo sieht allerdings, dass er schon die Schultern hängen lässt.
In einem Videospiel sind eine bestimmte Anzahl Bilder pro Sekunde hintereinandergeschaltet, um den Eindruck einer durchgehenden Bewegung zu erzeugen. Genau wie im Film. Winston besitzt die Fähigkeit, zwischen diese Bilder zu schauen.
Was zum Henker das auch immer heißen mag. Wenn Winston versucht, es zu erklären, driftet Alfredo für gewöhnlich ab und denkt über andere Dinge nach: die Mets, Isabel, eine Mappe im Aktenschrank. Soweit er es beurteilen kann,
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