Die Prinzen von Queens - Roman
Zehenspitzen. Seine Augen sind weiß und feucht.
Tariq fällt ein, dass er seinem Hund einen Namen geben muss.
I m Eingang des Mietshauses, in dem die Batistas wohnen, hängt ein Schild an der Fahrstühltür, auf dem »Außer Betrieb« steht – Fuera de Servicio . Darunter hat jemand mit Bleistift »Dann reparier den Scheiß doch endlich!« geschrieben. Winston drückt trotzdem optimistisch den Knopf. Als nichts passiert, fühlt er sich betrogen und flucht leise vor sich hin. Er will eigentlich gar nicht hier sein, aber Tariq hat ihn mitgelotst. Tariq gefällt die Vorstellung, dass Winston vor ihm in die Wohnung geht und ihn ankündigt.
Sie nehmen die Treppen, Winston als der gute Bote geht voraus. Tariq versucht, sich an eine Situation zu erinnern, als er das Glück hatte, einmal hinter Isabel eine Treppe hochzulaufen, aber nichts fällt ihm ein, kein einziges Mal. Ihr Hintern wird auf Augenhöhe von rechts nach links gewackelt und den Stoff einer eng anliegenden Jeans gedehnt haben. Noch etwas, das ihm entgangen ist. Winston hinterherzulaufen hat allerdings auch seinen Reiz. Nicht sexueller Art natürlich. Die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen nimmt er immer zwei Stufen auf einmal, bis Tariq ihn anblafft, mal einen Gang runterzuschalten. Der Pitbull wuselt unsichtbar hinter ihm her. Der Hund schnappt, nur Zentimeter hinter Winstons fleischigen Waden. Der zieht die Schultern noch höher. Aber sagen tut er nichts, beschwert sich nicht. Er weiß – was bleibt ihm auch übrig? –, dass Tariq jederzeit die Leine loslassen kann.
8
Batista Bros., Inc.
»Nein, nein, nein, nein, nein«, sagt Lizette. »Bitte. Alles in Ordnung. Ich brauche keine Hilfe.«
Auf dem Herd steht jede Menge Kochgeschirr: Ganz hinten köcheln in einem Topf ihre berühmten Habichuelas Guisadas, rote Bohnen in Tomatensauce; eine Bratpfanne wartet darauf, Kochbananenscheiben zu frittieren, in ihrer gusseisernen Mitte bildet ein Stich Butter eine kleine Insel; und ihr Standardgericht – pikantes Huhn mit Reis – gart in einem extragroßen Topf, den Lizette mysteriöserweise unter der Spüle wiedergefunden hat, obwohl sie verdammt noch mal weiß, dass sie ihn in den Schrank gestellt hat. Böse Geister, nichts Gutes im Sinn, räumen ihr die Küche um und strapazieren ihre Nerven.
Isabel nimmt den Deckel vom Huhn. Zusätzlich ist der Topf noch mit strapazierfähiger Alu-Folie abgedeckt. Isabel macht sich daran, sie abzumachen. Als sie die Folie an einer Stelle abzieht, wirbeln Dampfschwaden um die Glühbirne an der Decke. »Wenn du willst«, sagt sie, »kann ich den Reis umrühren.«
»Nein, nein, nein, nein«, sagt Lizette. Sie reißt Isabel den Löffel aus der Hand. »Wenn man den Reis zu oft umrührt, wird er ganz amogallao . Verstehst du? Er wird dann ganz pappig.«
»Ich mag pappigen Reis«, sagt Isabel. Eigentlich mag sie pappigen Reis überhaupt nicht, aber sie ist willens, damit anzufangen. Sie ist willens, alle ihre Vorlieben bei Getreide einer Neubewertung zu unterziehen, bloß um Anti zu sein. »Ich finde, er schmeckt so viel besser.«
»Blödsinn«, sagt Lizette. »Niemand mag pappigen Reis. Die Chinesen vielleicht. Aber nicht mal da bin ich mir sicher.«
Sie versiegelt den Topfrand wieder fest mit Folie, schließt den Dampf wieder ein, damit alle Reiskörner gleichmäßig quellen können. Normalerweise würde Lizette keine Folie nehmen – die Rolle kostet bei Trade Fair 2,99 Dollar –, aber der arroz muss von den Gabelzinken gleiten. Das Huhn, die Kochbananen, der Rote-Bohnen-Eintopf, die Sofrito-Sauce, das Essen, die Sitzordnung, der Tag – alles muss perfekt sein. Am Morgen ist sie schon zu den Inderinnen auf der 37th Avenue gehetzt und hat sich die Augenbrauen zupfen lassen. Ist dann quer über die Straße auf eine Zehn-Dollar-Pediküre in das koreanische Nagelstudio marschiert. Während man an ihren Füßen zugange war, las sie die Post und bekam dabei Druckerschwärze an die Finger. Am Ground Zero hatten die Rettungskräfte die Suche nach Leichen nun eingestellt. Möglicherweise hatte der Irak etwas mit den Anschlägen zu tun. Pakistan und Indien starrten einander über die Spitzen nuklearer Gefechtsköpfe hinweg finster an, ein Teenie-Mädchen aus Utah hatte sich selbst entführt, und irgendein Rapper namens Nas hat Jay-Z als »Gay-Z« beschimpft. Ein Kommentator kam zu dem Schluss, dass das innerstädtische Miteinander der verschiedenen Ethnien besser funktioniere als je zuvor. Okay, dachte Lizette. Sie las alle
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