Die Prinzessin
ehe er verkauft werden konnte, und in drei Jahren hätten wieder Hunderte von Lankoniern aus wirtschaftlicher Not das Land verlassen müssen.
J. T. stand vor der Weinkellerei und beobachtete, wie die Menschen die Trauben in großen Kiepen zu Tal schleppten. Wenn es doch nur eine schnellere Methode gäbe, Trauben zu verarbeiten!
Auf einmal kam ihm eine Idee. Rosinen! Ja, das wäre ideal. Die Soldaten an der Front lebten von Konserven. Sie würden Rosinen sicher gern als Erfrischung zu sich nehmen. Vielleicht könnte er ja die US-Regierung dazu bringen, zusammen mit dem Vanadium auch Rosinen zu kaufen. Der lankonische König könnte ja die Einrichtungen von Militärbasen verweigern, wenn ihm die Amerikaner die Rosinen nicht abkauften... Das wäre die Lösung! Aber wie würden sich die Lankonier selbst zu dieser Idee stellen? Sie waren stolz, und vielleicht wären sie sich zu gut, um sich mit etwas so Gewöhnlichem wie Rosinen abzugeben?
»Haben Sie je daran gedacht, aus den Trauben etwas anderes als Wein herzustellen?« fragte er fast schüchtern die vier älteren Lankonier, die neben ihm standen.
Er hätte sich gar nicht soviel Gedanken machen müssen. Die Lankonier mochten stolz sein, aber sie waren nicht dumm. Sie waren gern dazu bereit, alles zu tun, um ihrem verarmten Land zu helfen. Ihr einziger Einwand bestand darin, daß sie,- wenn sie dieses Jahr die Traubenernte zu Rosinen verarbeiteten, in drei Jahren keinen Wein hätten.
»Im nächsten Jahr werden wir die, Weinberge bewässern, und dann erzielen wir eine Rekordernte«, versprach J. T., noch ehe ihm einfiel, daß er nächstes Jahr nicht mehr da sein würde.
Es war schon sechs Uhr, als er Aria nach Hause fuhr. Sie saß sonnenverbrannt, windzerzaust und erschöpft neben ihm. Noch nie war das Verlangen in ihm so groß gewesen wie in diesem Moment.
»War es schön?« fragte er heiser.
»O ja, es war ein wundervoller Nachmittag. Dir hat es anscheinend auch sehr gut gefallen!«
»Ja«, bestätigte er, selbst erstaunt über seine Begeisterung.
Im Palast holte sie die Gegenwart wieder ein. Lady Werta fiel gleich wütend über Aria her. Julian war aschfahl und wollte über den Vorfall am Morgen mit ihr reden. J. T. beobachtete grinsend, wie ein paar Diener sich schockiert abwandten, als sich Aria bei den Gardisten für ihre Dienste bedankte.
J. T. ging, Hände in den Taschen, fröhlich pfeifend davon. Ein wundervoller Tag!
Seit die Gardisten sie rund um die Uhr bewachten, fühlte er sich wohler. Es störte ihn noch nicht einmal, daß Walters in seiner betulichen Art um ihn herumschwirrte und ihm den neuesten Klatsch über Arias Verhalten zutrug. Es kursierten Gerüchte, daß Prinzessin Aria zusammen mit Ziegenhirten Wein getrunken und auf dem Feld gearbeitet hatte. Ein paar Leute fingen an Lieutenant Montgomery zu hassen, weil er versuchte, die Monarchie zu unterminieren.
J. T. hörte sich das alles in der Badewanne an. Er lächelte zufrieden. Da er nicht mit Arias Verwandten beim Abendessen Zusammentreffen wollte, ließ er sich ein Tablett in die Bibliothek bringen. Er wollte in Ruhe nachdenken.
Aria verließ den Salon, sobald sie konnte. Es war ein so schöner Tag gewesen — voller Lachen und Freude. Aber hier im Palast hatten alle sie behandelt, als ob sie ihr Land an den Feind verraten hätte. Julian war böse, weil sie allein mit »diesem geschmacklosen Amerikaner« ausgefahren war. Der Oberhofmeister hatte sie angekeift, weil er immer noch dachte, sie wäre Kathy Montgomery und hätte sich mit ihrem Ehemann getroffen.
Aber egal, womit die anderen ihr die Ohren vollplärrten — Aria war unbeschreiblich glücklich. Vielleicht hatte sie sich früher deshalb immer so unmöglich benommen, weil sie sich so nutzlos vorgekommen war. Heute hatte sie einen Eindruck davon bekommen, was sie ihrem Land bedeutete.
Und sie wußte jetzt auch, daß Jarl Montgomery in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielte.
Es schien so, als ob sie die glücklichsten Momente in ihrem Leben ihm zu verdanken hatte: Strandparties, Liebe auf der Treppe — sogar Weinen hatte in seinen Armen etwas ungemein Tröstliches.
Sie war sehr enttäuscht gewesen, als er nicht zum Abendessen gekommen war. Sie ging ziellos durch die Halle, als sie einen der Gardisten wie eine Statue neben der Tür stehen sah.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie höflich, »wissen Sie vielleicht, wo sich Lieutenant Montgomery im Moment aufhält?«
»In der Bibliothek, Königliche Hoheit«, antwortete
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