Die Prinzessin
Jeep. Die Frauen saßen auf dem Schoß ihrer Männer, und Aria hatte neben J. T. Platz genommen. Doch je freundlicher er wurde, desto mehr wuchs das Mißtrauen in ihr. Wenn sie nur wüßte, welchen scheußlichen Plan er nun wieder ausheckte.
Am Strand verschwanden die Männer eilig in den Dünen, um sich die Badehosen anzuziehen, während die Frauen Feuerholz sammelten. Dolly ließ einen anerkennenden Pfiff hören, als sie J. T. in seiner schwarzen Badehose sah. Schmunzelnd winkte er ihr zu, dann ging er ins Wasser. »Willst du auch schwimmen gehen, Prinzessin?«
»Nein danke. Nicht bei Nacht in diesem Wasser.«
J. T. tat, was man von ihm erwartete, und brachte schnell ein Dutzend Hummer zurück, die bald verzehrt waren. Nach dem Abendessen — das Feuer war schon niedergebrannt — sanken alle Paare in eine innige Umarmung und küßten sich.
»J. T.«, rief Dolly zwischen zwei Küssen, »warum bringst du deiner Prinzessin nicht die gute amerikanische Sitte des Knutschens bei?«
»Ich tu’s schon«, antwortete er und ergriff Arias Hand. Ehe er sie küssen konnte, zog sie sich zurück. »Du kannst doch nicht ernstlich annehmen, daß ich dasselbe tue wie die anderen — in der Öffentlichkeit«, zischte sie.
»Sag mal — sind in deiner Heimat alle so kalt?«
»Was meinst du? Ich komme aus einem warmen Land, mit ausgesprochen mildem Klima«, erwiderte sie verwirrt.
»Möchtest du nun lernen, Amerikanerin zu sein, , oder nicht?« schnauzte er sie an.
»Ich versuche, es zu lernen.«
Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Und du machst deine Sache sehr gut. Jetzt sieh sie doch mal an.« Er deutete auf die anderen. »Sie würden es noch nicht einmal bemerken, wenn der Feind einen Angriff starten würde. Sie werden gar nicht auf uns achten. Was sie da tun, heißt: >knutschen<. Von Jungverheirateten erwartet man, daß sie es tun.«
»Gut«, meinte Aria und streckte ihm ihre Hand entgegen.
»Du darfst meine Hand küssen. Aber verdreh mir ja nicht den Arm oder füge mir sonst irgendwelche Schmerzen zu.«
»Jetzt hör aber mal zu, Lady —«
»Es heißt Ihre Kö —«
Er legte die Hand hinter ihren Kopf und küßte sie, ehe sie ein weiteres Wort sagen konnte.
Aria war erst zweimal in ihrem Leben auf den Mund geküßt worden. Einmal, nachdem Graf Julian ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte, und zum zweiten Mal von J. T. auf der Insel. Doch keiner der Küsse hatte sie auf dieses Erlebnis vorbereitet.
Seine Hände umfaßten ihren Kopf mit einer zarten, beschützenden Geste, während seine Lippen sanft über ihre strichen. Aria wollte ihn eigentlich wegstoßen, aber ihre Gefühle hielten sie davon ab. Sie legte die Hände auf seine Schultern und genoß es, seine hackte Haut zu spüren. Sanft neigte er ihren Kopf und küßte sie leidenschaftlicher. Aria schloß die Augen.
Als er sich von ihr löste, stand sie da wie eine Schlafwandlerin. Sie murmelte ein lankonisches Wort und öffnete die Augen. J. T. hielt ihren Kopf noch immer umfaßt.
»Dies ist einer unserer amerikanischen Bräuche. Gefällt er dir? Kennt ihr das nicht in Lankonien?«
Sie wußte, daß er sie nur neckte, aber es störte sie nicht.
»Und wie schneidet mein Kuß im Vergleich zu Mitchs ab?« fragte er.
Sie richtete sich auf, und ehe er wußte, wie ihm geschah, gab sie ihm eine schallende Ohrfeige. »Diese amerikanische Sitte habe ich von deiner Freundin in Washington gelernt! Ich möchte, daß mich jemand heimbringt.«
»Hör zu«, sagte J. T. und baute sich vor ihr auf.
»Wir sind keine Dienstboten, die du herumkommandieren kannst! In diesem Land sagt man bitte, wenn man etwas möchte!«
»Dann bitte ich darum, diesen Ort verlassen zu dürfen!«
»Ich werde dich nach Hause bringen. Schließlich bin ich dein Mann.« Er wandte sich an Dolly, in seinen Augen schien ein Feuer zu lodern. »Ich hab’s versucht! Ich hab’s, verdammt noch mal, versucht! Jetzt komm, königliche Hoheit, ich bring’ dich heim.«
Sie setzten die anderen vor ihren Wohnungen ab, und während der ganzen Fahrt herrschte Schweigen. Aria klopfte das Herz bis zum Hals. Sie wußte, daß sie auf einen dummen Scherz vollkommen überzogen reagiert hatte. Tatsächlich hatte sie dieser Beweis seiner Eifersucht nur glücklich gemacht. Aber sie hatte plötzlich Angst bekommen.
Seit sie denken konnte, war ihr eingetrichtert worden, daß sie niemals die Beherrschung verlieren dürfte. Immer hatte sie den äußeren Schein gewahrt, ihre Gefühle perfekt kontrolliert. Doch der Kuß
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