Die Prinzessin
streiten.«
»Mir ist aber nicht nach Streit zumute«, antwortete sie stolz.
»Die Prinzessin ist zurückgekehrt! Du mußt es doch leid gewesen sein, eine Amerikanerin zu spielen. Du bist jetzt wieder dasselbe verzogene Gör, das ich auf der Insel getroffen habe! Soll ich mich vielleicht vor dir verbeugen? Dir die Hand küssen? Lady, für deine schauspielerischen Leistungen in Amerika hättest du eigentlich einen >Oscar< verdient. Wirst du deinen königlichen Verwandten erzählen, was für Dummköpfe meine Freunde und ich waren, weil wir dir alles abgekauft haben, was du uns so vorgespielt hast? Wirst du Bill, Dolly und die anderen vor deiner blaublütigen Verwandtschaft imitieren und sie lächerlich machen? Wirst du deinem neuen Mann von den erotischen Kunststücken erzählen, die du vollführen mußtest, um wieder in dein Land zu gelangen?«
Arias Gefühle änderten sich innerhalb von Sekunden. Zuerst war sie verblüfft, dann verletzt, und schließlich wollte sie nur noch sich selbst schützen. »Ich liebe mein Land mit der gleichen Inbrunst, mit der du deines liebst. Manchmal muß man eben etwas tun, was einem nicht behagt.«
Er starrte sie finster an. »Nun, dieses Spiel hast du verloren. Ich kehre noch heute nacht nach Amerika zurück und werde die Ehe sofort annullieren lassen. Du kriegst die Warbrooke-Reederei nicht in deine Finger!«
Sie wußte nicht, worüber er sprach, aber sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, als ihn dies merken zu lassen. »Ich werde ohne sie auskommen können.«
»Müssen, Baby.«
»Die korrekte Anrede lautet: Ihre Königliche Hoheit« , sagte sie hochnäsig.
Er wollte etwas erwidern, aber da der Ober an den Tisch kam, blieb er stumm.
Aria fing an zu kauen, als ob sie einen Kaugummi im Mund hätte. »So! Du ziehst also dieses fette kleine Stück namens Heather Addison mir vor«, sagte sie laut — sehr zum Vergnügen des lauschenden Kellners.
»Ich würde jede dir vorziehen!« sagte er mit tödlichem Ernst in der Stimme. »Du bist nicht nur eine Lügnerin und eine geldgierige Katze, sondern auch der schlechteste Betthase, den ich jemals hatte!«
Aria stiegen die Tränen in die Augen. »Wirklich?« flüsterte sie.
»Wirklich.«
Langsam stand sie auf und verließ den Speisesaal. Ihre Mutter hatte ja so recht gehabt: Man konnte Menschen seiner Klasse nicht trauen. In diesem Augenblick bedauerte sie zutiefst, daß sie sich in seiner Gegenwart so wohl gefühlt hatte. Er hatte sie erlebt wie niemand sonst, hatte sie sogar weinen sehen.
Der Botschafter hatte ihr auf der Karte gezeigt, welchen Weg sie nehmen mußte, um zu einem Ort zu gelangen, der den meisten Stadtbewohnern bekannt war. Sie bog in eine Seitenstraße ein, die in einen schmutzigen Ziegenpfad mündete, der sich steil den Berg hinaufschlängelte.
Sie trug zwar keine Wanderschuhe, aber die Bewegung tat ihr gut, und sie kam zügig voran.
Sie erschrak, als ein Mann hinter einem Busch hervorsprang und sich ihr in den Weg stellte. In ihrer Verwirrung grüßte sie ihn sogar mit seinem Namen, denn es war der dritte Sekretär des Königs — ein Mann, den man normalerweise kaum bemerkte und den sie nie im Leben für einen Schurken gehalten hatte.
»Mrs. Montgomery, würden Sie bitte mit mir kommen?«
»Das würde dir so passen, was, du Halunke?« sagte sie und drehte sich um, aber ein anderer Mann schnitt ihr den Rückweg ab. Es war der Küchenmeister. »Das ist keine Bitte.« Er nahm ihren Arm und führte sie weg. Aria protestierte laut, aber in dieser einsamen Gegend konnte sie niemand hören.
Sie wurde zu der Hütte eines Ziegenhirten gebracht, wo der Oberhofmeister sie erwartete. Aria verbarg ihre Wut, so gut es ging. Diesem Mann hatte ihr Großvater stets bedingungslos vertraut!
Er verhehlte keineswegs den Grund, warum man sie hergebracht hatte. »Mrs. Montgomery, ich will Ihnen ein Angebot machen.«
Zwanzig Minuten später lehnte sich Aria auf ihrem Stuhl zurück. »Also, Sie wollen, daß ich Ihre Prinzessin spiele. Ist das richtig?«
»Natürlich nur für kurze Zeit. Wir befürchten nämlich, daß die Nachricht von der Entführung seiner Enkeltochter den König umbringen wird. Er ist alt und herzkrank — diese Nachricht könnte zuviel für ihn sein. Sie brauchen nichts anderes zu tun, als in den Gemächern Ihrer Königlichen Hoheit zu wohnen und sich ab und zu am Fenster sehen zu lassen. Wir werden das Gerücht verbreiten, daß Sie krank sind und Ihre Gemächer nicht verlassen können. Ab und an wird
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