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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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übermächtigen Feind um ihr Hab und Gut, ja um ihr Leben, ihre Zukunft. Leben! Was, wenn Lauren irgendwo da draußen lag? Wo ist sie, verdammt noch mal ? Keine einzige brauchbare Spur hatte er bis jetzt. Er zeigte ihr Laurens Foto.
    »Haben Sie diese Frau gesehen?«
    »Na klar, sie ist Stammkundin bei uns«, antwortete ein junger Mann, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. »Dr. Lauren, was ist mit ihr?«
    »War sie heute hier?«
    »Heute nicht, nein.« Der Bursche wirkte beunruhigt. »Ist ihr etwas zugestoßen?«
    »Sie wird vermisst. Die Polizei glaubt an eine Entführung.«
    »Policia!«, riefen beide entsetzt. Er hatte nichts zu verlieren und schilderte ihnen, was er gesehen hatte. Die beiden hingen an seinen Lippen, als ginge es um ihr Leben.
    »Wir helfen Ihnen suchen, ich und Marina«, rief der junge Mann entschlossen, als er geendet hatte. Gemächlich trottete der Hund in den Laden, der offenbar seinen Namen gehört hatte. Die alte Frau verwarf erschrocken die Hände und schimpfte:
    »Eduardo, was fällt dir ein? Das ist Sache der Policia.«
    »Ich weiß, was ich tue, mama. Dr. Lauren ist in Gefahr, und wir suchen sie.« Seine Mutter schlug wieder das Kreuz und murmelte etwas Unverständliches. Charlie wollte protestieren, aber Eduardo ließ nicht mit sich reden. Er band die Schürze los, legte sie auf die Theke und ging mit Marina zur Tür. »Kommen Sie, wir dürfen keine Zeit verlieren!«
     
    Sie lebte noch! Alles Andere war nicht wichtig. Den bestialischen Gestank roch Lauren ohnehin schon längst nicht mehr, und die verkrampften Glieder, schwer wie Blei, taugten immerhin noch, um in diesem Loch herumzukriechen und nach irgendeinem Werkzeug zu tasten, mit dem sie sich endlich von den Fesseln befreien könnte. Kein leichtes Unterfangen mit den Händen auf dem Rücken. Den Boden und die Wände hatte sie auf drei Seiten mehr oder weniger gründlich abgesucht, aber außer Staub und Spinnweben fiel ihr nichts in die Finger.
    Plötzlich zuckte sie zusammen – Stimmen. Gedämpft hörte sie Stimmengewirr. Mehrere fremde Stimmen! Sie versuchte zu schreien, die Fremden auf sich aufmerksam zu machen. Das war ihre letzte Chance, wenn es wirklich fremde Leute waren, die nichts mit den Entführern zu tun hatten. Verlieren konnte sie nichts. Sie legte all ihre verbleibende Kraft in den Schrei, doch mehr als ein dumpfes Stöhnen war nicht zu hören. Nach dem letzten Elektroschock hatte man ihr auch noch den Mund mit dem unsäglichen Plastikband verklebt. In ohnmächtiger Wut robbte sie zur Tür. Sie musste die Fremden um jeden Preis auf sich aufmerksam machen. Endlich lag sie auf dem Rücken in Position. Sie hob ächzend die Beine und begann, wild an die Tür zu stampfen. Kurz hielt sie inne, um zu lauschen, hörte nichts, polterte weiter. Es musste deutlich zu hören sein in der kleinen Hütte, aber niemand schien ihren Lärm zu beachten. Erschöpft ließ sie die Beine zu Boden sinken und horchte. Die Stimmen waren nur noch ganz schwach zu hören, dann knallten Autotüren. Motorenlärm ertönte und gleich darauf krachte ein Feuerwehrlaster mit heulender Sirene mitten in ihre Dunkelkammer. So hörte es sich jedenfalls an. Der markerschütternde, an- und abschwellende Ton entfernte sich rasch, doch das sporadische Knacken berstenden Holzes blieb.
    Die Stimmen waren verstummt. Kaum zu fassen, sie war allein in der Hütte, doch statt erleichtert aufzuatmen spürte sie, wie sich ihre Nackenhaare sträubten. Panik ergriff sie, denn ein neuer Geruch drang durch den Spalt unter der Tür in ihr Verlies: beißender Rauch.
     
    Die beiden Männer ließen sich durch das hektische Ballett der Tanklöschfahrzeuge, der Polizei und der Ambulanzen auf den Strassen nicht stören bei der Arbeit. Nur die drohende Rauchwolke über dem Hügel drängte Charlie zu äußerster Eile. Eduardos Idee, seine Marina an einem von Laurens Kleidungsstücken in ihrem Haus schnuppern zu lassen, erwies sich als goldrichtig. Die Hündin erkannte den Geruch sofort, wie sie mit freudigem Jaulen und kurzem Bellen bestätigte. Sie fuhren zur Unfallstelle und stiegen aus. Eduardo hielt Marina nochmals Laurens Leibchen unter die Nase, dann befahl er ihr zu suchen. Sie nahm sofort Witterung auf, rannte zur Stelle, wo sie am Boden gelegen haben musste und blieb hechelnd, mit hängender Zunge, sitzen. Die Hündin hatte ein verschmutztes, zerknülltes Papiertaschentuch gefunden, das von der roten Erde kaum zu unterscheiden war. Die Spurensicherung schien es nicht

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