Die Probe (German Edition)
sagen!«
»Sie können mich mal, Mister, wer auch immer Sie sein mögen!«, schnauzte sie ihn an.
»Wie Sie wollen, meine Liebe. Sie werden schon noch reden, glauben Sie mir, so wie Michael auch. Fünf Stunden hat es bei ihm gedauert. Ich denke, Sie werden nicht so lange durchhalten.«
Ihre Wut kochte hoch. Sie begann ihn mit wüsten Schimpfwörtern einzudecken, rief ihm noch nach, als die Tür bereits hinter ihm ins Schloss fiel. Es war wieder still in der dunklen Kammer. Jetzt erst erfasste ihr Verstand, welch grauenhaftes Geständnis sie soeben gehört hatte. Und jetzt begriff sie auch, dass sie diese Sache nicht überleben würde. Die Angst kehrte zurück, drohte sie wieder zu lähmen. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, als die Tür nochmals aufgestoßen wurde. Breitbeinig stand einer ihrer Entführer in der Öffnung. Was wollte der Handlanger noch von ihr? Das unförmige Ding, das auf ihre Brust zielte, gab ihr die Antwort. Mit aller Kraft warf sie sich herum. Der Blitz schlug in ihre Arme ein, doch ebenso gut hätten die Pfeile sie direkt ins Herz treffen können. Glühende Stromstöße durchzuckten ihren Leib, als hielte sie die Finger in eine Steckdose mit 50'000 Volt Spannung. Röchelnd krümmte sie sich und blieb, von Krämpfen geschüttelt, am Boden liegen. Diesmal tat ihr der Körper wenigstens den Gefallen, das Bewusstsein auszuschalten.
KAPITEL 14
Amareleja, Portugal
U nruhig schaute Charlie auf seine Uhr. Dreißig Minuten wartete er nun schon in der Kaffeeecke neben dem Labor von Laurens Team. Es herrschte ein emsiges Kommen und Gehen, nur die Chefin ließ sich nicht blicken. Telefonanrufe beantwortete die sattsam bekannte Mailbox. Niemand wusste, wo sie steckte. Er konnte nicht länger untätig hier herumsitzen. Auch wenn er sich nicht viel davon versprach, wollte er nochmals bei ihrem Haus vorbeischauen. Er stürmte zur Tür hinaus und hätte beinahe einen Mann im weißen Labormantel umgerannt.
»Entschuldigung, tut mir leid. Arbeiten Sie auch mit Lauren?« Der Mann musterte ihn misstrauisch.
»Ja, warum?«
»Ich suche sie. Ich bin mit ihr verabredet, aber sie ist nicht aufgetaucht. Niemand weiß, wo sie ist.« Der Mann überlegte, wohl ob er ihm trauen sollte, dann sagte er nachdenklich:
»Seltsam, sie müsste längst zurück sein.«
»Zurück? Wohin ...«
»Sie wollte nur kurz ins Dorf fahren, zur Post.« Charlie schöpfte Hoffnung.
»Wann war das?«
»Vor zwei Stunden etwa. Ich habe mich noch gewundert, sie wollte die Daten unbedingt selbst aufgeben. Kurz danach ist sie mit dem Rad weggefahren.«
»Mit dem Fahrrad?« Typisch Lauren, umweltbewusst bis auf die Knochen. Höchstens zehn Minuten bis ins Dorf, schätzte er. Eine halbe Stunde im Dorf und nochmals zehn Minuten zurück. Sie hätte nach spätestens einer Stunde zurück sein müssen. »Ich beginne mir ernsthaft Sorgen zu machen«, sagte er mehr zu sich selbst, als zu Laurens Mitarbeiter.
»Wird schon nicht so schlimm sein. Hier passiert nie etwas.« Er wusste nicht, ob er ihn anschnauzen oder lachen sollte. Er ließ sich Laurens Fahrrad und das Paket genau beschreiben, dann rannte er zum Auto und fuhr langsam zurück Richtung Dorf. Noch keine Stunde war vergangen, seit er achtlos auf dieser Strasse hergefahren war, mit verträumtem Blick wie ein Teenager, der sein Mädchen zum Date abholt. Diesmal hielt er beide Augen offen. Schon von weitem sah er das auffällig blau gestreifte Fahrzeug: Polizei. Es stand am Straßenrand, daneben kauerten zwei Beamte, die offensichtlich etwas am Boden untersuchten. Sein Puls schlug schneller, als er sich im Schritttempo näherte. Er stellte den Motor ab, holte tief Luft und stieg klopfenden Herzens aus. Sofort richtete sich einer der Polizisten auf. Er trat ihm mit abwehrender Handbewegung entgegen und rief:
»Fahren Sie bitte weiter Senhor, hier gibt es nichts zu sehen.« Charlie blieb stehen, starrte ungläubig auf den Boden. »Senhor?«
»Entschuldigen Sie«, murmelte er abwesend. »Ich weiß, wem dieses Fahrrad gehört.« Es beruhigte ihn nicht wirklich, dass nur Laurens Gefährt hier lag, denn die Lenkstange war verdreht und die Kette herausgesprungen. Es war eindeutig Laurens Rad. Nicht weit daneben entdeckte er auch das Paket. Beim Unfall herausgeschleudert. Unfall! Alles deutete darauf hin, dass Lauren verletzt sein musste.
»Sie kennen den Besitzer?«
»Mein Gott, ist das Blut?« Die dunklen Flecke auf dem silbergrauen Rahmen sahen jedenfalls aus wie Blutspritzer. Der
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