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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Wasser. Reynolds bestätigte, dass sie auch hier die gleiche Methode anwandten. Man sah ihm die Anspannung an. Er war auf der Lauer, und vielleicht hatte er gehofft, sie würde die gefürchtete Frage nicht stellen, aber sie musste ihn enttäuschen.
    »Wie lange hält so eine Folie?« Die Antwort kam sehr zögernd:
    »Sehr lange, Generationen.«
    »Fünfzig, hundert Jahre?« Er wand sich und antwortete schließlich ärgerlich:
    »Das hängt ganz von den Umständen ab. Man kann keine verbindliche Zahl nennen.« Offensichtlich wusste man es nicht. Vielleicht war die Schätzung von dreißig Jahren, die sie in Adelaide gehört hatte, Zweckpessimismus, aber selbst wenn diese Dichtungen dreihundert Jahre hielten, blieben immer noch tausende von Jahren, in denen das Grundwasser radioaktiv verseucht würde. Diese Gleichung konnte ihrer Meinung nach einfach nicht aufgehen. Sie ärgerte sich zwar gründlich über die Unverfrorenheit, mit der man auch hier das Abfallproblem behandelte, aber sie war nicht deswegen ins gottverlassene Roxby Downs gekommen. Es schadete allerdings auch nicht, den schroffen Herrn Reynolds etwas aus dem Konzept zu bringen.
    »Wie ich sehe, gibt’s auch genügend Platz für Erweiterungen«, bemerkte sie trocken. »Ich denke, wir sollten uns nun die Stollen ansehen.«
    Die Einfahrt in den Berg überraschte sie. Die enge Röhre, die sie erwartet hatte, entpuppte sich als großzügig angelegter Tunnel, der ohne weiteres zwei Bahngeleisen Platz geboten hätte. Sie fuhren einige Minuten durch diesen Zugangsstollen, dann bog Reynolds in einen kleineren Seitentunnel ab, der nach kurzer Zeit in einer Sackgasse endete.
    »Das ist die Stelle, wo wir vor sechs Monaten die erste neue Ader gefunden haben.« Er zeigte auf einen nur mit Holzverschalungen befestigten Ausbruch, der links vom Stollen weiter in den Berg hinein führte.« Drei weitere Probebohrungen führten geradeaus und auf der rechten Seite von der Sackgasse weg.
    »Was ist mit den anderen Schächten?«
    »Die vorderen zwei enthalten ebenfalls Erz, der rechts ist eine Niete.«
    »Wie tief reicht die Schicht?«
    »Sehen Sie selbst«, antwortete er und schaltete die Grubenlampe ein. Im Probestollen gab es keine komfortablen Deckenleuchten mehr. Sie konnten aufrecht gehen, kamen aber doch nur langsam voran. Nach vielleicht zehn Minuten, wie sie schätzte, endete der Gang. »Ab dieser Stelle wird der Urangehalt uninteressant«, erklärte er.
    »Das ist ein riesiges Lager, wenn man die anderen Bohrungen mit berücksichtigt«, sagte sie nachdenklich.
    »Allerdings, aber das wissen Sie ja bereits aus unseren Unterlagen«, antwortete er leicht gereizt. Sie setzte den Lederrucksack ab, der sie stets bei solchen Unternehmungen begleitete, und nahm ein schwarzes Kästchen heraus. Verwundert und zunehmend irritiert beobachtete Reynolds ihr Treiben, als ein Bildschirm am Kästchen aufleuchtete, und sie routiniert verschiedene Einstellungen vornahm. »Wir sollten zurück. Ist nicht gut, sich zu lange im Berg aufzuhalten«, sagte er unsicher.
    »Gleich, ich möchte nur noch die Koordinaten speichern.« Charlie hatte sie in den Gebrauch des Kästchens eingewiesen. Es war ein Navigationsgerät, das auch unter Tage benutzt werden konnte, ein INS, das nach dem Trägheitsprinzip funktionierte und die aktuelle Position aufgrund von Bewegungen berechnete. Sie prüfte den Speicherinhalt nochmals, bevor sie das Gerät auf Standby schaltete. Die zweite Messung würde sie am Ende der Sackgasse hinzufügen.
    »Ich habe noch nie ein so kleines INS gesehen.« Reynolds war beeindruckt und ziemlich nervös, wie ihr schien.
    Eine halbe Stunde später fuhr sie in ihrem Mietwagen zurück zum Motel im kleinen Städtchen Roxby Downs.
    Der Bericht, den sie auf ihrem Zimmer in den Laptop tippte, fiel eher dürftig aus. Der Tag hatte kaum neue Erkenntnisse gebracht. Mehr oder weniger entsprach das, was sie vor Ort gesehen hatte, der Information, die sie bereits aus Saitous Erweiterungsantrag und von der Gruppe aus Adelaide zusammengetragen hatte. Sie packte das Dokument in eine verschlüsselte E-Mail, die sie an sich selber adressierte, der eleganteste Weg, den Bericht sicher zu archivieren. Im Grunde genommen sollte sie erleichtert sein, dachte sie, als sie den Computer zuklappte und den Tumbleweeds nachschaute, die draußen über die rote Erde huschten. Es gab keinen hinreichenden Grund, die Erweiterung der Mine zu stoppen, ihre Arbeit hier war so gut wie erledigt. Trotzdem, oder

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