Die Propeller-Insel
Umkehr nach Norden Halt machen.
Von Vavao aus erfreuen sich die Milliardeser zwei Tage lang einer recht abwechslungsreichen Fahrt, während der die eine Insel die andre ablöst. Alle lassen jedoch den gleichen Charakter erkennen, der der nördlichen Gruppe ebenso wie der Mittelgruppe von Hapaï eigen ist. Die äußerst sorgfältig ausgeführten Seekarten dieser Gegend gestatten dem Commodore Simcoë, sich getrost in das Gewirr von Wasserstraßen zwischen Hapaï und Tonga-Tabu hineinzuwagen. An Lootsen hätte es ihm im Nothfalle auch nicht gefehlt. Alle Inseln umschwärmen zahlreiche Fahrzeuge, meist Goëletten unter deutscher Flagge, die hier den Küstenverkehr unterhalten, während größere Handelsschiffe die Ausfuhr der Baumwolle, der Koprah, des Kaffees und des Mais, d. h. der hauptsächlichsten Naturproducte, besorgen. Doch nicht allein Lootsen wären auf Verlangen zu haben gewesen, sondern auch die Insassen der hier üblichen Piroguen mit doppelten, durch eine Plattform verbundenen sogenannten »Auslegern«, die bis zweihundert Mann aufnehmen können. Gewiß wären hunderte von Eingebornen auf das erste Signal herbeigeeilt, und welche Ernte für sie, wenn das Lootsenhonorar nach dem Tonnengehalte von Standard-Island berechnet wurde. Zweihundertundfünfzig Millionen Tonnen! Der seiner Sache sichre Commodore Simcoë verläßt sich aber auf sich selbst und auf seine Officiere, die allen Befehlen mit erprobter Sorgsamkeit nachkommen.
Tonga-Tabu kommt am Morgen des 9. Januar in Sicht, wo sich Standard-Island nur noch drei bis vier Meilen davon entfernt befindet. Im Ganzen sehr niedrig, da es keiner geologischen Umwälzung seinen Ursprung verdankt, ist es nicht aus dem Meeresgrunde, wie so viele andre Inseln, emporgedrängt worden. Infusorien sind es, die es nach und nach, indem sie ihre madreporischen Bauten immer übereinander lagerten, hervorgebracht haben.
Welche Arbeit gehörte aber zu dieser Fläche von sieben-bis achthundert Quadratkilometern, auf der jetzt zwanzigtausend Menschen wohnen!
Der Commodore Simcoë macht gegenüber dem Hafen von Maofuga Halt.
Zwischen der seßhaften und der beweglichen Insel – der Schwester Latonas mythologischen Angedenkens – entwickelt sich sofort der gewohnte Verkehr. Doch wie auffällig unterscheidet sich dieser Archipel von dem der Marquisen, Pomotous und der Gesellschafts-Inseln! Hier herrscht der englische Einfluß, und der diesem unterworfene König Georg I. wird sich gar nicht beeilen, den Milliardesern amerikanischer Herkunft einen besonders freundlichen Empfang zu bereiten.
Das Quartett entdeckt in Maofuga indeß auch eine kleine französische Niederlassung. Hier befindet sich der Sitz des Bischofs von Oceanien, der eben jetzt auf amtlicher Rundreise begriffen war. Hier erheben sich die katholische Mission, die Schulen für Knaben und Mädchen und ein Haus für Ordensgeistliche. Natürlich werden die Pariser von ihren Landsleuten herzlich bewillkommnet. Der Superior der Mission bietet ihnen gastliche Aufnahme an, was sie von der Nothwendigkeit befreit, das »Haus der Fremden« aufzusuchen. Ihre Ausflüge sollen sich nur nach zwei andern bemerkenswerthen Punkten richten, nach Nakualosa, der »Reichshauptstadt« des Königs Georg, und nach dem Dorfe Mua mit vierhundert katholischen Einwohnern.
Als Tasman einst Tonga-Tabu entdeckte, gab er ihm den Namen Amsterdam – ein Name, den seine Häuser aus Pandanusblättern und Cocosfasern freilich nicht rechtfertigen. Europäische Wohnstätten fehlen hier zwar keineswegs, der einheimische Name eignet sich aber doch für die Insel besser.
Der Hafen von Maofuga liegt an der Nordküste. Hätte sich Standard-Island einige Meilen weiter westlich festgelegt, so wäre Nakualosa mit seinen königlichen Gärten und dem Palaste sichtbar gewesen. Weiter im Osten dagegen hätte der Commodore Simcoë eine tief ins Land einschneidende Bucht gefunden, in deren Hintergrunde das Dorf Mua liegt. Beides unterließ er wegen der Gefahr einer Strandung zwischen den Hunderten von Eilanden, zwischen denen nur Schiffe von geringem Tonnengehalt genug Wassertiefe finden. Die Propeller-Insel muß also während des ganzen Aufenthalts vor Maofuga liegen bleiben.
Begeben sich auch zahlreiche Milliardeser nach diesem Hafenplatze, so denken doch nur wenige an einen Besuch des Innern der Insel. Und doch ist diese wunderschön und verdient das Lob, das Elisée Reclus ihr gespendet hat. Es ist zwar sehr warm, die Luft schwül und es drohen heftige
Weitere Kostenlose Bücher