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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sie die Ketzer in Mainz, die man dringend unschädlich machen müsse, und seht Ihr, in diesem speziellen Punkt spricht sie mir voll und ganz aus dem Herzen.«
    Hugo funkelte ihn zornig an. »Dann ist Euch ja sicherlich auch das Ende des Schreibens bekannt«, zischte er. »Die Partie, in der von Euch die Rede ist:
    Er ist die Nacht, die die Finsternis aushaucht, tein halt für die Rirche. Niemals darf er den Ring des Bischofs tragen. Denn das wäre unser aller Ende.«
    Er beugte sich vor.
    »Weshalb habt Ihr eigentlich keine Angst?«, fragte er. »Weder lodernde Feuersbrünste noch die plündernden Rotten da draußen scheinen Euch zu schrecken. Verratet mir den Grund! Weil Ihr und kein anderer der heimliche Drahtzieher dieses Aufstands seid und Ihr deshalb sicher sein könnt, dass Euch nichts zustoßen wird?«
    »Ihr entschuldigt mich.« Dudo sprang auf und drängte ihn mit seinem schmalen Körper zur Tür. »So vieles, das noch dringend erledigt werden muss. Das erwartet Arnold von Selenhofen von seinem Stellvertreter.«

    Er lehnte seine Stirn an das Holz der Tür, nachdem der Bruder der Magistra endlich draußen war. Es war alt und gut abgelagert, aber noch immer entströmte ihm ein würziger Duft, den der Kanonikus einsog.
    »Jetzt kommt es darauf an«, flüsterte er, als er zurück zum Tisch ging, sich den Pokal mit Wein vollschenkte und ihn in einem Zug leerte. »Alles könnte endlich gelingen!«
    Er griff zur Klingel.
    »Du läufst mir auf der Stelle zum Haus am Brand«, befahl er, als der Diener mit einer Verbeugung eingetreten war. »Ich will Adrian van Gent sprechen. Unverzüglich!«
    »Aber dort draußen brennt es doch überall«, stammelte der Mann. »Und die aufgebrachte Meute wird jeden aufspießen, der aus der Bischofspfalz kommt!«
    »Dann zieh eben einen Bauernkittel an und schwärz dir das Gesicht! Irgendetwas wird dir schon einfallen, sonst zieh ich dir die Nase lang«, raunzte Dudo. »Lauf zu! Die Angelegenheit duldet keinerlei Aufschub.«

CREMA - WINTER 1159/60
    Der Krieg gegen die lombardischen Städte war noch grausamer geworden. Hatte der Kaiser sich bei der Belagerung von Tortona damit begnügt, den Bewohnern durch einen vor der Stadtmauer aufgestellten Galgen vor Augen zu führen, was sie im Fall einer gewaltsamen Einnahme erwartete, wurden in Crema während der Scharmützel gemachte Gefangene als Reichsfeinde konsequent schon nach wenigen Tagen aufgeknüpft. Die Cremasken ihrerseits, die auch ahnen konnten, was sie bei einer Kapitulation erwartete, antworteten mit der Hinrichtung ihrer Gefangenen. Der
Widerstand nahm fanatische Züge an. Im strömenden Regen harrten Tag für Tag vermummte Frauen auf der Stadtmauer aus und schmetterten Schmählieder gegen Barbarossa und seine Ritter.
    Inzwischen konnten die Katzen bis an den Stadtgraben vorrücken, fahrbare Schutzdächer aus Holz auf riesigen Rollen, die es den Pionieren aus dem Reich erlaubten, sich ungehindert durch feindlichen Beschuss den Befestigungen Cremas zu nähern. Eiligst wurden aus Lodi Hunderte erdgefüllter Fässer herangekarrt, um den Graben aufzufüllen und mithilfe zusätzlicher Bohlen eine halbwegs brauchbare Fahrbahn zu schaffen.
    Sieben Monate dauerte die Belagerung nun schon. Jetzt sollte sie endlich ein Ende finden.
    Langsam und zäh schob die Katze sich über den Graben. Ihr folgte der Turm, eine meterhohe Holzkonstruktion mit mehreren Stockwerken, in denen Pfeilschützen postiert waren. Im obersten Geschoss hatte man Kriegsgefangene und Geiseln als menschliche Schilde an die groben Balken gekettet, um die Verteidiger vom Schießen abzuhalten. Nachts wurden die Beklagenswerten gezwungen, brennende Kerzen in den Händen zu halten, damit sie sichtbar blieben. Wer die Kerze fallen ließ, dem drohte der Strick, auch wenn der Missetäter noch ein unmündiges Kind war.
    Doch der Plan misslang.
    Die Cremasken schossen dennoch; einige Geiseln wurden getötet oder schwer verletzt. Kaiser Friedrich ließ den Turm zurückfahren und die Geiseln losbinden. Die unmissverständliche Antwort Cremas bestand in der grausamen Hinrichtung weiterer Gefangener aus dem kaiserlichen Heer.
    Nach einigen Tagen rückte der Turm abermals vor, dieses
Mal gepanzert mit Tierhäuten und Fellen, und nun hielt er dem Beschuss stand. In seinem Schatten war die Katze bereits an den Fuß der Stadtmauer vorgezogen worden. Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen leitete diesen entscheidenden Einsatz; unter seinen Männern waren auch Freimut von Lenzburg und

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