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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sein Knappe Gero.
    Dünner Regen fiel von einem bleiernen Himmel und hatte alles durchnässt. Die Brünnen schienen doppelt so schwer wie sonst auf den Schultern zu lasten. Viele Männer klagten über Übelkeit und Durchfall; seit ein paar Tagen gab es erste ernsthafte Fälle von Ruhr. Gesprochen wurde nur das Nötigste. Die Aufmerksamkeit aller konzentrierte sich auf den Rammbock, der im Inneren der Katze an Ketten vom Dach herabhing und besonders weit geschwungen werden konnte.
    »Jetzt!«, rief der Herzog. »Ausfahren und zustoßen!«
    Die Männer strengten sich so an, dass die Adern auf ihrer Stirn hervorquollen. Ein gewaltiger Schlag war zu hören - dann stürzte ein Stück der Mauer ein, und eine breite Bresche tat sich auf. Bevor allgemeiner Jubel ausbrechen konnte, erkannte Gero als Erster die neue Gefahr. Er warf sich auf den Herzog und riss ihn zu Boden.
    »Hast du den Verstand verloren?«, schrie Heinrich, verstummte aber, als er sah, dass das Dach der Katze brannte und herabfallende Balken schon einige Ritter getroffen hatten, die sich vor Schmerzen wanden.
    Später im Zeltlager, nachdem die Verletzten geborgen und versorgt worden waren, so gut es ging, nahm Freimut nach dem kargen Abendessen Gero zur Seite. Es hatte Panchetta, Zwiebeln und verschimmeltes Brot gegeben - das Murren der Männer wuchs von Tag zu Tag, und auch der Knappe aß nur noch, um den schlimmsten Hunger zu stillen.
    »Ein Held ist nicht unbedingt der Mann, der seinen Kopf um jeden Preis aufs Spiel setzt«, sagte Freimut in strengem Ton. »Einem Ritter steht es gut an, erst zu denken und dann zu handeln. Das solltest du dir merken.«
    »Aber genau das hab ich doch getan!«, begehrte Gero auf. »Ich musste schnell sein. Hätte ich vielleicht seelenruhig dabei zuschauen sollen, wie Herzog Heinrich bei lebendigem Leib verbrennt?« Mit beiden Händen fuhr er sich durch die zerzausten Haare. »Er hat sein Versprechen wahr gemacht und uns aus diesen verfluchten bayerischen Wäldern erlöst. Das werd ich ihm nicht vergessen, solange ich lebe!«
    »Du hast schließlich eine Zunge. Die kannst du sonst ja auch ganz gut gebrauchen. Und außerdem weißt du schon, was ich meine.« Freimut begann zu schmunzeln. »Ich komme übrigens gerade aus seinem Zelt. Der Herzog hat angeordnet, dass die nächste Schwertleite für Pfingsten angesetzt wird. Hohe kirchliche Festtage eignen sich seiner Ansicht nach am besten dafür.«
    Geros Kinnlade sank nach unten. »Das ist ja noch ein halbes Jahr …«
    »Mit zwei Ausnahmen.« Jetzt grinste Freimut. »Der kleine Hartenberger und du. Ihr beide müsst euch nur noch bis zum Stephanstag gedulden.«
    Nun begann Gero, die Tage bis zum Christfest zu zählen, die auf einmal besonders zäh zu verstreichen schienen. Beide Parteien hatten einen wackligen Waffenstillstand vereinbart, der von Cremasker Seite immer wieder gebrochen wurde, was die Beweglichkeit der Belagerer schwer einschränkte. Bei jedem falschen Schritt mussten sie damit rechnen, von einem feindlichen Pfeil getroffen, mit siedendem Wasser oder Öl begossen zu werden oder plötzlich einen schweren Stein an den Kopf zu bekommen. Dazu
kam das nasse, trübe Wetter, das allgemein auf die Stimmung drückte. Besonders die Kämpfer, die schon seit fünfzehn Monaten in Italien stationiert waren, zeigten sich verdrossen und gerieten beim kleinsten Anlass aneinander. Keiner verspürte Lust, sich mit einem übermütigen Knappen abzugeben, der ungeduldig dem Morgen seiner Schwertleite entgegenfieberte.
    Die Ankunft des Mainzer Erzbischofs im Heerlager brachte ein wenig Abwechslung. Doch wer von den Rittern gehofft hatte, Arnold von Selenhofen würde mit neuen Männern kommen, um die müden Truppen aufzufrischen, der hatte sich getäuscht. Er war einzig und allein angereist, um seine Beschwerden vor den Kaiser zu bringen - und derer gab es viele. Barbarossa berief eine große Versammlung der Ritter ein, um dem Kirchenmann entsprechendes Gehör zu verschaffen, ließ den Erzbischof aber gleichzeitig wissen, dass ihm auch die Standpunkte der Gegner durchaus gegenwärtig seien.
    Schließlich jedoch entschied er zur Überraschung vieler zu Arnolds Gunsten: Die Aufständischen, die im Herbst Mainz verwüstet hatten, mussten Wiedergutmachung leisten, alles Geraubte zurückgeben und, was das Wichtigste war, sich ohne Wenn und Aber dem Gericht Arnolds unterwerfen.
    »Und was geht uns das alles an?«, maulte Gero, als Freimut ihm diese Neuigkeiten berichtete. »Ich will endlich

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