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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sah ihren Sturz aus den Augenwinkeln und war für einen Moment abgelenkt. Jemand packte ihn von hinten, riss ihn grob hinunter auf das schmutzige Pflaster.
    Jetzt traten sie von allen Seiten auf ihn ein, gegen seine Rippen, in den Unterleib, auf die Brust, den Hals, bis ein letzter gezackter Stein, der seitlich seinen Schädel traf, alles Leben in ihm zum Erlöschen brachte.

    Wäre er doch die Magistra und ihre Begleiterin nur losgeworden, um endlich das zu tun, wonach es ihn schon so lange verlangte: Dudo zu suchen und ihn zur Rede zu stellen.
Doch anstatt sich von ihm an den Toren des Bischofssitzes zu verabschieden, wie Gero gehofft hatte, war Hildegard plötzlich stehen geblieben.
    Diese Haltung und diesen Blick kannte er. So hatte sie auch damals ausgesehen, als sie ihm eröffnet hatte, dass er das Kloster verlassen müsse und zu Sarwürker Thies abgeschoben werden solle.
    »Wie könnte ich hinter dicken Mauern Ruhe finden, solange Theresa in Gefahr ist?«, rief Hildegard und machte sich entschlossen erneut auf den Weg. »Du kannst tun, was du willst.« Das war an Benigna gerichtet. »Ich aber will dabei sein, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern.«
    Unversehens kam Clewin herausgelaufen, der besorgt war, weil Dudo noch immer nicht zurückgekehrt war.
    »Ich habe bereits das Domkapitel verständigt«, sagte er. »Sie wollen Büttel ausschicken, um die Ketzer zu verhaften und in den Gereonsturm zu werfen. Ich weiß doch, wie viel dem Propst an einem geordneten Verfahren gelegen ist. Für die Justiz des gemeinen Volkes bringt er keinerlei Verständnis auf.«
    Er eilte in den Bischofssitz zurück.
    »Dann lasst uns gehen!« Auf einmal wirkte Gero sehr ungeduldig. »Am Heumarkt, habt Ihr vorhin gesagt? Vielleicht sind wir ja schneller als die Büttel!«
    Bei drückender Hitze liefen sie durch die engen Gassen. Es stank nach Abfall und Schweiß; Ratten huschten über den Weg. Der Heumarkt, den sie schließlich erreichten, war wie leergefegt. Einige Haustüren standen offen und offenbarten, wie rücksichtslos die Menge gewütet und geplündert hatte.
    »Wir kommen zu spät!« Schwer atmend blieb Schwester Benigna stehen und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Sie müssen schon vor uns da gewesen
sein. All dieses Gerenne - ich fürchte ernsthaft um deine Gesundheit, hochwürdige Mutter …«
    »Ich hab mich selten frischer gefühlt!« Hildegards Gesicht war blass, verriet aber Entschlossenheit, und sie stapfte munter weiter. »Wo noch könnte Theresa sein? Dudo hat auch das Albansviertel erwähnt …«
    Jetzt hätte Gero die anderen Ritter gut gebrauchen können. Aber Freimut und er hatten sich bewusst als Spähtrupp abgesetzt, ohne zu ahnen, was ihnen bevorstand.
    »Ich kenne den Weg dorthin nicht …« Gero wagte nicht, sich von den beiden Frauen zu entfernen, die ohne ihn vollkommen schutzlos waren. »Aber wartet - dort vorn liegt etwas!«
    Zwei leblose Körper inmitten verstreuter Steinbrocken.
    Die tote Frau hatte die Augen geschlossen und schien noch im Tod ihren Leib zu umklammern. Ihr rotes Kleid verunzierte ein breites Band aus getrocknetem Blut. Der männliche Tote starrte blicklos in den blanken Himmel. Seinen Schädel hatte ein gezackter Stein zertrümmert.
    Fassungslos beugte Gero sich über ihn. »Dich einfach so davonzumachen!«, rief er. »Ich wollte dich angeklagt, verurteilt und bestraft sehen!«
    Die Magistra berührte sanft seine Schulter. »Das Richten hat ein Höherer übernommen«, sagte sie. »Der, der eines Tages über uns alle zu Gericht sitzen wird.«
    Dann kniete sie sich neben die tote Magota in den Staub und begann zu beten.

    Voller Entsetzen starrten Neslin und Jonata ihr hinterher, doch Theresa hatte sich Neslins Gebände um den Kopf gewickelt und war einfach losgelaufen. Mit der festen Haube
und dem neuen Kleid fühlte sie sich einigermaßen sicher. Die Magistra musste im Dombezirk untergebracht sein, und selbst wenn nicht, dann könnte sie dort um Schutz und Hilfe bitten.
    Die lärmenden Massen schienen sich wie durch Zauberhand zerstreut zu haben: Jetzt waren die Gassen beinahe leer, und wer ihr entgegenkam, sah eine adrett gekleidete Bürgerin in den mittleren Monaten ihrer Schwangerschaft, die es eilig zu haben schien. Theresa war bereits bis zur Trankgasse gekommen, als plötzlich aus einer Nebengasse fünf Männer traten und ihr den Weg verstellten.
    »Ergreift sie!«, hörte sie Adrian schreien. »Bindet sie - sie darf uns nicht

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