Die Prophetin von Luxor
Geliebter«, flüsterte sie boshaft lächelnd. »Du mußt Geduld haben.«
Er, der edle Herr Cheftu, dessen Geduld und Selbstbeherrschung wenn schon nicht legendär, so doch weit bekannt und geachtet waren. Als er hinter seinen geschlossenen Lidern nur noch rot sah und seine Arme sich anfühlten wie aus geschmolzenem Metall, spürte er, wie ihr Gewicht von seinem Leib genommen wurde und ihr weiches Haar auf seinen Bauch fiel. Sie nahm ihn erneut in ihrem hitzigen Mund auf, und Cheftu bebte wie ein Baum im Kamsin, während in ihm die Spannung anstieg, bis er, die Finger in Chloes Haar verkrallt, explodierte.
Als sein Ka schließlich zu ihm zurückkehrte, spürte er, wie sich Chloe an seine Seite gekuschelt hatte und wie kühl und klebrig der Honig geworden war. Sie beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuß.
»Und was für eine Sorte war das?« murmelte er.
»Assst. Für dich eine Doppelportion Walnußsplitter-Karamel mit Sahne und Schokoladenstreuseln. Für mich Vanille.«
Cheftu blieb reglos neben ihr liegen und spürte, wie sich sein Herzschlag allmählich wieder normalisierte. »Schläfst du?«
»Neeee ...«, murmelte er.
Er hörte sie lächeln. »Schlaf ruhig. Zu etwas anderem bist du jetzt sowieso nicht zu gebrauchen.«
Sie wachten frierend und zitternd kurze Zeit später im dunklen Zimmer wieder auf.
»Komm, Geliebte«, sagte Cheftu mit rauher Stimme, und dicht aneinandergepreßt stolperten sie in das Schlafgemach, wo sie sich bibbernd und verklebt auf der Liege aneinanderschmiegten. Dann zog Chloe Cheftu zärtlich über sich und begann, ihn mit Mund und Gliedern anzubetteln. Als Cheftu zum Höhepunkt kam, merkte er, daß ihr Tränen übers Gesicht rannen. »Wieso weinst du, Geliebte?« fragte er. »Ich habe dir doch nicht weh getan, oder?« Er drückte sie an sich und küßte ihr Haar und ihr Gesicht.
»Nein, ich weine, weil deine Lust auch meine Lust ist, wenn wir uns lieben. Für mich ist es wie ein Geschenk, wenn du so verletzlich bist.« Sie wischte sich die Augen trocken. »Irgendwie kann ich kaum glauben, daß wir zusammen sind. Daß wir uns in diesem Chaos von Zeit und Raum gefunden haben. Ich schätze, es gibt doch einen Gott.«
»Ja. Er hat uns zusammengebracht. Wir werden uns nie mehr trennen.«
»Nie mehr.«
Hellwach fuhr Chloe hoch. Reglos versuchte sie in der Dunkelheit zu erlauschen, wodurch sie aus dem Schlaf gerissen worden war. Cheftu schlief noch, seine Beine zwischen ihren Schenkeln. Dann hörte sie es wieder, ein hohes, trauriges Heulen, und erleichtert stellte sie fest, daß es der Wind gewesen war, der durch die Belüftungstürmchen an den Ecken auf dem Dach des Palastes fuhr. Diese Aufsätze dienten dazu, die Zimmer zu kühlen, und bei starkem Wind pfiff es gespenstisch in ihren Röhren.
Sie legte sich wieder hin und schmiegte ihren Körper an Cheftus. Selbst im Schlaf schlossen sich seine Arme besitzergreifend um sie und hielten sie mit festem Griff umfangen. Chloe kuschelte sich enger an ihn und spürte, wie die Haare an seinen Beinen sie an ihrem nackten Hinterteil und an den Schenkeln kitzelten. Schläfrig küßte Cheftu ihr die Schulter, und Chloe lag ganz still neben ihm, um dem Wind zuzuhören. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie absolut zufrieden.
Von dieser Zufriedenheit war am nächsten Morgen nur noch wenig zu spüren. Sie hatte von Camille geträumt, die durch die Tempelruinen von Karnak gewandert war und nach einem Anhaltspunkt für den Verbleib ihrer kleinen Schwester gesucht hatte. Cammy hatte geweint und sich Vorwürfe gemacht, was dazu geführt hatte, daß Chloe irritiert aufgewacht war, weil ihre Schwester sich solche Vorwürfe machte. Wenn irgend jemand daran schuld ist, daß ich mich in dieser verzwickten Lage befinde, dachte sie, dann bin ich das selbst. Wenn ich je zurückkehren sollte, werde ich bestimmt nie wieder irgendwohin gehen, wo ich nicht hingehen darf.
Selbst Cheftus forschende Finger und sein warmer Leib machten sie nervös. Sie sprang von der Liege auf, und Cheftu erwachte augenblicklich, denn ihm entging nicht, daß dies nicht mehr die leidenschaftliche Göttin vom Abend zuvor war.
Nachdem sie ein paar Sklaven herbeizitiert hatte, verschwand sie im Bad. Cheftu blieb liegen und starrte aus dem hohen Fenster. Der Himmel wirkte gelblich - klar, aber brüchig. Er legte einen Schurz an und ging in den Garten. Es war schwer zu sagen, wie spät es war; die Sonne war nicht zu sehen. Weit im Osten konnte er eine schimmernde safranfarbene
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