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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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uns morgen zum Frühstück wiedersähen. Er zog die Achseln hoch, schenkte dem Jungen einen Kaugummi, wu-schelte ihm durchs Haar und widmete sich wieder dem Spiel.
    Ich beobachtete, wie die letzten Touristen zum Tor geleitet wurden, und kroch tiefer in den Schatten, wobei ich die vielen Aufseher im Auge behielt, die überall auf dem Gelände herumeilten. Sie unterhielten sich laut rufend miteinander und wünschten einander mit großen Gesten und einem Lachen in der Stimme gute Nacht.
    Als sie sich vergewissert hatten, daß keine Touristen mehr auf dem Gelände waren, verschwanden sie einer nach dem anderen nach draußen und mischten sich unter die Leute im Café. Der Mond stand inzwischen hoch am Himmel, und da ich jetzt weniger fürchtete, entdeckt zu werden, trat ich ins Licht und warf einen Blick auf meine Uhr: 10 Uhr 53. Ich hockte mich still hin und wartete, bis im Café die Lichter ausgingen und die Türen abgeschlossen wurden.
    Einen Moment lang wurde ich kleinmütig; was wie ein Kinderstreich ausgesehen hatte, wäre überhaupt nicht komisch, wenn man mich jetzt entdecken würde. Ich verharrte so reglos wie eine der Steinsphingen.
    Schließlich war alles dunkel, und nur vom Fluß her waren noch Geräusche zu hören. Ich pustete den Atem aus, den ich unbemerkt angehalten hatte. Ich war überzeugt, daß irgendwo noch Nachtwächter waren, und wußte, daß ich auf der Hut sein mußte.
    Ich hastete durch den Großen Hof, dessen Statuen in der Stille auf unheimliche Weise lebendig wirkten. Mondlicht floß über meine Schulter, als ich in der Säulenhalle anhielt, ohne auch nur zu atmen und immer auf Schritte lauschend, die mir möglicherweise folgten. Hatte man mich entdeckt? Ich hörte keinen Laut. Nur aus einem anderen Bereich des Tempels ein paar Nachtwächter, die einander zuriefen, sich vor den Djinns, den Dämonen der Nacht, in acht zu nehmen, wenn sie nach einem weiteren langen Tag voller Touristen heimgingen. Sie wären bestimmt nicht begeistert, wenn sie mich fänden.
    Ich huschte von Säule zu Säule und überquerte einen uralten Gang, bis ich mich schließlich neben den teilweise zugemauerten Obelisken von Pharao Hatschepsut wiederfand. Mit ehrfürchtigen Fingern betastete ich die Hieroglyphen, als mich ein fast physischer Schlag durchfuhr. Über mir konnte ich durch das eingestürzte Dach die Sterne am Himmel funkeln sehen. Ich hielt meine Uhr ins Mondlicht. Sie stand bereits auf zwanzig nach elf, was meine militärische Erziehung in 23 Uhr 20 übersetzte. Mir wurde schwindlig, und ich legte die Hand auf den kühlen Stein, um mich zu beruhigen und die Angst und Spannung zu dämpfen, die durch meine Adern jagten. Noch etwas prickelte unter meiner Schädeldecke ... ein Déjà-vu? Da ich schon einmal hier gewesen war, ignorierte ich das Gefühl. Ich meine, ich befand mich in einem antiken ägyptischen Tempel, mitten in der Nacht, an meinem Geburtstag, und tat etwas wirklich Idiotisches. Natürlich war mir ein wenig unheimlich! Doch gleichzeitig wurde ich auch durch irgend etwas getrieben.
    Ich rückte meinen Rucksack zurecht. Er war wirklich schwer, und kurz verwünschte ich meine Angewohnheit, ständig alles einzupacken, was mir eventuell von Nutzen sein könnte. Ich hängte ihn über die linke Schulter und bog an einem Quergang links ab. Gleich darauf stand ich vor den »Betreten verboten«-Seilen, mit denen die drei Kammern von Karnak abgesperrt waren. Mit einem letzten Blick zurück stieg ich über das Seil und marschierte an zweien der Kammern vorbei auf die dritte zu.
    Wieder überwältigte mich ein Gefühl des Getriebenwerdens.
    Die Kammer war dunkel, nur erhellt durch einen einzelnen Mondstrahl. Ich setzte mich auf einen behauenen Steintisch, mitten in den Strahl. Bis zur Morgendämmerung konnte ich ein paar phantastische Bilder von dieser Kammer machen, Zeichnungen wie Fotos. Ganz ruhig saß ich da, nahm die Atmosphäre in mich auf und fragte mich, was wohl passieren würde, wenn man mich festnahm.
    Wie bei einer Gruselgeschichte war das Gefühl beängstigend und aufregend zugleich. Eine Brise wehte über mich hinweg, befrachtet mit demselben Zitrus- und Weihrauchduft, der mich verfolgte, seit ich in Luxor angekommen war.
    Die Schatten der Figurenprofile an den Wänden waren kaum zu erkennen; Spuren von schwarzer Farbe sprenkelten wie Narben die Zeichnungen im Mondlicht. Als ich mich umsah, fiel mein Blick auf etwas Metallisches, das am Boden glitzerte.
    Der Weihrauchgeruch wurde intensiver, als

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