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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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er so. Er spürte, wie seine Haut verbrannte. In der gleißenden Hitze quollen die erst jüngst verheilten Narben wieder auf. Ohne Bleiglanzpulver war er wie blind. Er fand keinen einzigen Toten. Schließlich verkroch er sich vor der Sonne unter einem hohen Felsen und schlief ein.
    Erst die kühlende Abendbrise erweckte ihn wieder zum Leben. Ein paar Sekunden lang blieb er mit geschlossenen Augen liegen und rief sich ins Gedächtnis, wie es war, Chloe neben sich zu spüren. Als er ihren Namen murmelte, wurde er endgültig wach. Und sich bewußt, daß sie nicht mehr bei ihm war.
    Ein paar Minuten lang überlegte er, wie er weiterziehen konnte, um sie zu finden. Schließlich wußte er, wo sich die Israeliten in vierzig Jahren niederlassen würden.
    Zunehmend mutlos erhob er sich. In ihm brodelte Zorn, und er brüllte den Himmel im Französisch seiner wahren Eltern an: »Noooon! Das ist ungerecht!« Mit gesenktem Kopf und schwer atmend stand er da. »Du zeigst mir den Himmel in den Armen und in der Seele dieser Frau, nur um sie mir wieder wegzunehmen?« Er merkte, wie er die Beherrschung verlor. Mit geballten Fäusten brüllte er diesen unromantischen Gott an: »Pourquoi, mon Dieu? Pourquoi? Pourquoi?« Die letzte Frage klang eher nach einem Wimmern als nach Protest. Vor Angst löste sich fast das Fleisch von seinen Knochen, als er auf den Sand niedersank.
    Weit hinter ihm am Strand des Sinai blinkte für einen Moment die Sonne in der Skarabäus-Schließe eines Perlenarmbandes auf, das an einem braunen Handgelenk hing.

15. KAPITEL
    Cheftu erwachte im Sand und davon, daß Wasser an seinen Fußgelenken leckte. Die Flut kam, und im Osten zog sich ein winziger Schimmer von Lachsrot und Gold über den Horizont, der die aufgehende Sonne ankündigte. Er setzte sich auf und wich vor dem Wasser zurück. Seine Kehle war ausgedörrt, seine Augen waren wund und kratzig. Die absolute Stille der Morgendämmerung war beängstigend. Die Einsamkeit wurde von einem Vogelschwarm durchbrochen, der mit lautem Schreien aus dem Wasser aufstieg. Ein neuer Tag. Müde erhob er sich und schüttelte halbherzig den Sand von Schurz und Umhang.
    Noch einmal suchte er die Küste nach irgendeinem Lebenszeichen, irgendeinem Stück Treibgut ab, das auf die Tausende hinwies, die tags zuvor in den Fluten gestorben waren.
    Nichts.
    Zu erschöpft, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen, schirmte er erneut die Augen ab und hielt Ausschau über das schäumende Meer hinweg. Irgendwo, das wußte er, suchte Chloe jetzt nach ihm, bemüht, ihn unter den hunderttausenden Männern mit dunklem Haar ausfindig zu machen. Der Gedanke an ihr tränenüberströmtes Gesicht und ihre Seelenqualen brach ihm das Herz. »RaEm«, flüsterte er bange.
    Doch im Grunde rief er nicht nach RaEmhetepet, der silbernen Dame und Hathor-Priesterin. Seine Seele verzehrte sich nach einer futuristischen Liebe, die französisch sprach, mit Pfeil und Bogen umzugehen verstand wie ein Soldat, aus deren Augen die Leidenschaft sprühte und die mit ihrem Talent Papyrus zum Leben erwecken konnte.
    Zornig fegte er sich die Tränen aus den Augen, wandte sich vom Meer ab und machte sich auf den langen Rückmarsch in Richtung Ägypten. Irgendwo im Hinterkopf hegte er die Hoffnung, daß er in der Wüste sterben würde, doch der Selbsterhaltungstrieb, der ihm all die Jahre gute Dienste geleistet hatte, scheute vor dem Gedanken zurück, daß seine Augen von Aasfressern ausgehackt und seine Gliedmaßen von Schakalen in Fetzen gerissen werden könnten. Ich bin wahrhaft ein Ägypter, dachte er trocken. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß mein Körper entstellt wird. Er hatte die sandige Anhöhe erreicht und drehte sich ein letztes Mal zum Wasser um.
    In Ägypten erwartete ihn nichts. Sein Amt und seine Familie hatte er verloren. Er blickte nach Osten - in den Türkisminen am Roten Meer starb ein Mann angeblich in einem Viertel seiner Lebensspanne. Und dahinter? Lagen ein Dutzend Königreiche, wohin er wandern und wo er ein neues Leben beginnen konnte. Doch wozu? Er blickte noch einmal aufs Wasser, auf die ans Ufer klatschenden Wellen.
    Da bewegte sich etwas - er sah es aus dem Augenwinkel. Die Sonne stieg schnell höher, und Cheftu schirmte blinzelnd die Augen ab. Unter und östlich von ihm, genau oberhalb der Wasserlinie, lag etwas . Er schaute genauer hin. Ein Vogel? Ein Leichnam? Er sah etwas daran glitzern, im Sonnenlicht funkeln, und hörte ein Rauschen in den Ohren, als ihn neue Hoffnung

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