Die Prophetin von Luxor
Liebe ihres Lebens gefunden ... Senmut. Jetzt ließ sie einen Platz bauen, an dem sie mit ihm Zusammensein konnte.
Er spürte ihren fragenden Blick.
»Ich glaube, es ist wunderbar, bis in alle Zeiten vereint zu sein.«
»Wunderbar«, bestätigte sie, »aber verboten.«
Sie sah ihn kurz an.
»Die Priester wagen es nicht auszusprechen, denn ich bin Pharao, ewig möge ich leben!, aber die Frauen und Männer der Königsfamilie wurden seit jeher getrennt bestattet.« Reglos standen sie beisammen. »Die Heirat hat man uns verwehrt, doch die Ewigkeit soll uns gehören.« Mit behenden Fingern drehte sie ihre Gold- und Elektrumringe. »Meine Schätze habe ich bereits dorthin bringen lassen. Der Ort ist so geheim, daß kein Tempel darauf hinweist, nur ein Zeichen der Natur.«
Cheftu stand in der Dunkelheit und beobachtete, wie ihre quicklebendigen Lippen zuckten. »Jetzt weißt du soviel, daß ich dich töten muß, Magus«, erklärte sie und lachte.
Lächelnd wartete er ab, denn ihm war klar, daß sie nur scherzte.
»Cheftu, du weißt, daß ich das nicht tun werde. Zwischen uns gibt es keine Geheimnisse, und du mußt mir schwören, daß dies dein teuerstes Geheimnis sein soll. Schwöre es bei dem, was dir am heiligsten ist. Ist es die Ma’at, die Feder der Wahrheit?«
»Immer, Meine Majestät, obwohl du mir gar nichts verraten hast. Ich könnte schon morgen durch das Tal gehen und nichts wissen.«
»Nicht im Tal - in der Wüste.« Sie hatte sich die Worte gut überlegt. »In der östlichen Wüste.« Schweigend standen sie
beieinander, während sich das Wissen in Cheftus Hirn brannte.
»Schwöre es, Zauberer. Schwöre es!«
Cheftu fiel auf die Knie, mit verkrampften Eingeweiden und brennendem Magen. Hatschepsut, ewig möge sie leben!, Pharao hatte ihm den Platz ihres Grabes verraten! Für dieses Wissen würde er sterben! »Ich schwöre es dir bei der Feder der Wahrheit, Pharao, ewig mögest du leben! Ich werde dein Geheimnis nicht verraten!« In der Dunkelheit spürte er Hats Lächeln.
»Sehr gut, mein Verschwiegener. Zwischen uns gibt es keine Geheimnisse?«
»Niemals«, verkündete er inbrünstig.
»Dann geh zu den anderen. Wie ich höre, ist deine Begleiterin bereits am Arm eines Jüngeren fortgegangen. Ich könnte mir vorstellen, daß sie sich vernachlässigt gefühlt hat.«
Achselzuckend kam Cheftu wieder auf die Füße. »Das hat nichts zu bedeuten, Majestät. Deine Gesellschaft ist mir lieber als die jeder goldenen Blume in diesen Gärten.«
»Haben dir die retenischen Frauen gefallen, Cheftu?«
Er errötete im Dunklen. Es gefiel ihm gar nicht, daß sein Privatleben so wenig privat war. »Ich muß gestehen, daß sie für meinen Geschmack zu füllig sind, Majestät. Sie tragen schreiend bunte Kleider und baden nicht oft.«
Hat lachte laut. »Es muß also eine Ägypterin für meinen Cheftu sein! Haii-aii! Dann geh in die Halle und nimm dir die, welche dir am besten gefällt, mein Günstling. Ich werde alles regeln. Geh jetzt.«
Er kreuzte den Arm vor der Brust und wich rückwärts in den hell erleuchteten Saal zurück.
Hatschepsut hatte die Lehmziegelwände mit goldgeprägten, lebensgroßen Darstellungen ihrer selbst schmücken lassen. Er wußte, daß er, wenn er genau hinsehen würde, auch Darstellungen von sich selbst entdecken könnte, mit dem Thot-köpfigen Stock in einer Hand und der Feder der Wahrheit auf
dem Kopf.
Auf demselben Bild wäre auch die graziöse Gestalt einer Frau mit den Hörnern und der Scheibe Hathors zu sehen. Leise fluchend folgte er der Sklavin durch den gewundenen Gang zurück in den Festsaal. Ohne einen weiteren Gedanken trat er zu einer der pausierenden Tänzerinnen, deren schwarzes Haar auf ihre Schultern und ihren Rücken hing und deren Leib vom Tanzen warm und feucht war, drückte seine Lippen auf ihre und gab ihr einen grimmigen Kuß.
Die Tage fügten sich zu einem festen Muster.
Chloe bekam mit, daß sie der Göttin nicht dienen konnte, da sie krank und daher mit einem Makel behaftet war. Allerdings konnte sie, da sie während des Dienens krank geworden war, auch den Tempel nicht verlassen.
Alle paar Tage tauchte Cheftu gemeinsam mit seinen beiden Priestern auf, um Chloe widerwärtige Tränke zu verabreichen, sie Muschel- und Knochenamulette fertigen zu lassen und ihr zahllose Einläufe zu verpassen.
Noch nie in ihrem Leben hatte sie ihre Dinge mit solcher Regelmäßigkeit verrichtet.
Cheftu hatte kein weiteres persönliches Wort mehr mit ihr gewechselt, und
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