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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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möge sie leben!, die seit den Zeiten deines vielgerühmten Großvaters Thutmosis des Ersten, möge er mit Osiris fliegen!, hier in den Zwei Ländern wohnen. Leben! Gesundheit! Wohlergehen! Wir hoffen auf die Gunst von Horus-im-Nest!«
    Der Schreiber übersetzte für Thut, der, obwohl er die Sprache der Apiru sprach, Unverständnis heuchelte, ein bisweilen kluger Schachzug. »Majestät«, flüsterte der Schreiber, »dieser Mann ist einer der Apiru-Führer. Er sitzt in ihrem Rat. Er ist ein bedeutender Mann.«
    Thut funkelte den Schreiber an. »Er ist ohne jede Bedeutung. Er ist nur ein Sklave. Da wir jedoch keine Barbaren sind, werde ich seine Bitte anhören.«
    »Er gewährt dir das Wort«, sagte der Schreiber laut.
    Der Anführer begann zu sprechen. Aber statt der ungehobelten Sätze eines Sklaven hörte Thut zwar stockendes, doch höfisches Ägyptisch. Der Apiru sprach unsicher, und seine Worte klangen leicht antiquiert, so als hätte er seit vielen Überschwemmungen kein Hochägyptisch mehr gesprochen, doch eine Übersetzung erübrigte sich. Es war fast peinlich mitanzu-sehen, wie der Mann um Worte rang. »Herr der Zwei Länder, auf die euer Gott Amun-Re scheint, mein Volk verehrt Elohim. Wir erbitten von dir die außergewöhnliche Gnade, drei Tage von der Arbeit befreit zu werden, damit wir ihm in der Wüste ein Fest halten.«
    Zwar war die Wortwahl so demütig, wie es seiner Bitte an-gemessen war, doch der Blick aus seinen dunklen Augen war es keineswegs. Die Forderung des Mannes war ein Fehdehandschuh, den er Thut vor die Füße schleuderte.
    Horus-im-Nest war verstimmt. Er schubste seinen aufgewühlten Schreiber beiseite, erhob sich und stieg die Stufen hinab, und mit jedem Schritt, den er dem Mann näher kam, wuchs sein Zorn. »Alter, du magst wie ein Höfling sprechen, doch du bist nur ein Sklave. Deine Bitte, in der Wüste deinen Gott zu treffen, findet bei mir kein Gehör. Drei Tage! Und dazu noch einen Tag für den Hinweg und einen weiteren für die Heimkehr? Das ist mehr als eine halbe Woche! Ihr habt euch wie Ungeziefer vermehrt, und ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß ihr nicht zurückkommen werdet, wenn ihr eure Hunderttausende Stammesgenossen mit in die Wüste nehmt! Reichen euch die Götter Ägyptens nicht?« fragte Thut erbost. »Oder sind sie vielleicht zu edel, zu elegant, zu zivilisiert für euch, die ihr im Sumpf lebt, mit Schafen und Ziegen als Familie? Wenn ihr euren Gott nicht hier anbeten könnt, dann ist er es womöglich gar nicht wert, daß man ihn anbetet?«
    Ein leises Raunen lief durch die Zuhörer, und die Bittsteller erröteten, bis auf ihren Anführer, der aufrecht und vollkommen unbeeindruckt stehengeblieben war.
    »Unser Gott befiehlt dir, uns ziehen zu lassen«, verkündete er.
    Thut, der bereits auf dem Weg zurück zu seinem Hocker war, drehte sich um und starrte ihn an. Wußten diese Apiru nicht, daß sie abzuwarten hatten, bis er sie entließ oder ihnen erneut erlaubte zu sprechen? »Befiehlt mir?« Er traute seinen Ohren nicht. Er war der Prinzregent; Horus-im-Nest; allein Hat-schepsut, ewig möge sie leben!, stand über ihm. Er wiederholte: »Befiehlt mir?« Dann erst wurden ihm die arroganten Worte des Sklaven wirklich bewußt. »Befiehlt mir? Niemand befiehlt mir irgend etwas. Niemand!« Vor Zorn lief sein Gesicht lila an. »Ich kenne euren Gott nicht, und ich werde euch nicht gehen lassen!«
    Ungerührt beharrte der Anführer auf seiner Bitte. »Der Gott der Israeliten ist uns erschienen. Laß uns nun hinziehen in die Wüste, damit er uns nicht schlage mit Pest oder Schwert.«
    Thut ging auf den Anführer zu und blieb so dicht vor ihm stehen, daß alle Umstehenden sein wutentbranntes Flüstern hören konnten. »Wie heißt du, Sklave? Du wagst es, mir mit deinem lächerlichen Gott zu drohen? Mach dich mit deinen Leuten lieber wieder an die Arbeit.« Er entließ die Gruppe mit einer knappen Geste und erklomm wieder das Podest mit seinem Thron.
    Noch während die Apiru in Hörweite waren, rief er laut: »Schreiber, schick all meinen Aufsehern und Architekten die folgende Botschaft, die von diesem Augenblick an gelten soll. Schreib: >Offenbar haben die Stämme zuviel freie Zeit, da sie Feiern und Gottesdienste planen können. Von nun an sollen jene Völker unter den Apiru, die<«, er konsultierte den Papyrusfetzen, den ihm sein Zeremonienmeister reichte, »>Aharon und Ramoses als Führer haben, das Stroh für die Ziegel, die das Große Haus von ihnen bekommt, selbst

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