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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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die Feier den Kopf rasiert. Unter den Lanzen der sengenden Sonne sah sie aus wie die Verkörperung Amun-Res in all seiner ehrfurchtgebietenden Macht.
    Ihre Haut war golden bemalt, und genau wie aus dem goldenen Gewebe ihres Schurzes schien daraus die Macht der Sonne selbst zu strahlen. Sie hatte beide Hände erhoben, um ihre leise, gefällige Stimme zu verstärken. »Mein Vater Amun-Re hat gesprochen. Er hat gezeigt, daß er Horus-im-Nest wohlgesonnen ist. Thutmosis soll mir folgen, sobald ich zu Horus und Osiris geflogen bin.« Ihre Stimme war während des Sprechens immer lauter geworden. In Bann geschlagen durch den Anblick dieser reifen und sinnlichen Mann-Frau, eines fleischgewordenen Gottes und des Beschützers Ägyptens, hatte die Menge gerufen: »Heil, Heru watt Hatschepsut Ma’atkepre, ewig möge sie leben!« bis die Rufe zwischen dem verhüllten Tempel und den Klippen am Nil hin und her geworfen wurden und dabei immer mehr an Kraft und Feuer gewannen.
    Auch Cheftu hatte mitgejubelt, überwältigt vom Mysterium und von der Macht dieser goldenen Erscheinung und gefangen in der heldenhaften Ekstase des Augenblicks und der anstek-kenden Begeisterung der Menge. Thut hatte sich mitsamt den übrigen Sew-Priestern davongestohlen, und Cheftu hatte keine Sekunde daran gezweifelt, daß Hapusenebs Spitzel die Verantwortlichen für diesen Zwischenfall bald gefunden hätten. Bei Anbrach der Nacht wären sie bereits im Haus der Toten -wenn ihnen die Gnade gewährt wurde, einbalsamiert zu werden, und sie nicht gleich Sobek zum Fraß vorgeworfen wurden.
    Er seufzte, während die Erinnerung an jenen strahlendgoldenen Tag in Waset in der Dunkelheit verblaßte. Wo waren sie alle geblieben? Der Junge war zum Mann herangewachsen, zu einem wahrhaften Eroberer Ägyptens - wenn seine Tante ihn nur ließe. Doch Hat klammerte sich nach wie vor am Thron fest und gab sich alle Mühe, ihre sanftmütige Tochter Neferur-ra für ihre Nachfolge zu interessieren. Dabei hatte bereits der gesamt Hofstaat erkannt, daß Neferrura viel lieber an der Seite ihres Cousins bleiben und ihn als seine Gefährtin begleiten würde.
    Jede Minute seiner einunddreißig Jahre lastete schwer auf Cheftu. Alles, was in diesen gelebten Jahren lag, verhärtete sich plötzlich zu Schmerz und Pein. Entkräftet und einsam begann seine Seele zu weinen. Wieso konnte er kein einfacher Arzt sein? Oder die Ländereien seiner Familie übernehmen und die feinsten Weine in ganz Ägypten keltern? Würde er jemals eine liebe, sanfte Frau haben, um sie in seinen Armen zu halten, mit ihr Re nachzuschauen, bevor er am Horizont verblaßte, und über den Rand seines Bechers hinweg Blicke mit ihr zu tauschen? Und Kinder? Jemanden, in dem sein Blut weiterfließen würde? Er merkte, wie überdrüssig er der höfischen Intrigen war, wie leid er es war, wie eine Fackel an beiden Enden zu brennen, während er sich krampfhaft in der Mitte zu halten versuchte. Er seufzte müde. Wenigstens blieb sein Magen ruhig.
    Er vermißte Alemelek, das Vertrauen, die Furchtlosigkeit. Ihr Verständnis füreinander.
    Es gab keinen Grund, besonders schnell zum Palast zurückzukehren. Bestimmt lag RaEm fest in Nesbeks Armen. Mit aller Gewalt vertrieb er das Bild ihrer reizenden braunen Glieder in der Umklammerung dieses Skorpions aus seinen Gedanken. Würde er sich jemals ganz von ihr befreien können? Gerade als er sich damit abgefunden hatte, daß er in seiner Jugend nur ein Hirngespinst geliebt hatte, war er ihr wiederbegegnet. Obwohl sie nicht mehr dieselbe Frau war. Oder doch?
    Tränen in den überreizten Augen, zwang er sich, ruhig liegenzubleiben. In der Ferne hörte er die Wachen, die sich beim Wachwechsel leise unterhielten. Dann schlief er ein.
    Chloe atmete tief durch und stieg aus ihrer Sänfte. Nesbeks hiesiges Haus lag wie ein großer weißer Klotz inmitten eines
    Dickichts wuchernder Pflanzen, und schon von hier aus konnte sie in der schwül duftenden Luft heiseres Männerlachen hören. Sie schritt den Pfad hinauf und trat in den Hof.
    Vor ihren Augen waren nichts als Leiber. Engumschlungen. Männer mit Frauen mit Frauen mit Männern mit Männern. Heilige Scheiße! Das hier war eine richtige, waschechte Orgie! In ihrem Schlund stieg brennende Magensäure auf, und das Blut schoß ihr ins Gesicht. Wo war sie hier gelandet? Angst brodelte in ihr hoch wie Fieber, und auf ihrem Rücken und ihrer Oberlippe bildeten sich Schweißperlen.
    Nesbek lagerte faul auf einer Bettstatt und ließ sich von

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