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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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sie möglicherweise inzwischen doppelt sah, versuchte Chloe, die Riemen zu zählen. Als sie zum zweiten Mal bei zehn angelangt war, gab sie auf. Verflucht noch mal, wo zum Teufel war sie hier? Was wurde von ihr erwartet?
    Nesbek wandte sich betrunken und gestützt auf zwei nackte, eingeölte junge Männer von den gefesselten Sklaven ab und seinen Gästen zu.
    »Und nun, meine hochgeschätzten Liebenden, laßt beginnen, worauf wir so lange gewartet haben. Entflamme uns, RaEm«, rief er und trat zurück.
    Chloe sah auf die Sklaven und versuchte, das verschwommene Blickfeld klar zu bekommen. Ein Junge, wahrscheinlich fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, und ein etwa gleichaltes
    Mädchen wurden mit Armen und Beinen zwischen zwei Pfosten festgebunden. Keiner von beiden sagte ein Wort. Mit gesenktem Kopf und dem Rücken zum Publikum standen sie da und fügten sich in ihr Los. Diese Kinder gehören auf einen Schulabschlußball, nicht auf eine Orgie, dachte Chloe, auch wenn sie wußte, daß die beiden für altägyptische Verhältnisse bereits über das heiratsfähige Alter hinaus waren.
    Ein Schmerzbogen durchschoß sie. Vor ihren Augen wurde es schwarz. Der Schmerz reichte von ihrem Rücken bis in ihre Brust, und sie krümmte sich zusammen, wobei das Peitschenende durch die Luft zuckte. Das Apiru-Mädchen schreckte furchtsam zusammen, und ihre Angst entlockte der Menge ein wohlgefälliges Murmeln. Die Gier der Feiernden umfing Chloe wie giftiger Smog, die weihrauchschwere Luft schien von sexueller Spannung geschwängert. Kleine, tierische Laute drangen an ihr Ohr; die »andere« erklärte ihr, was sie zu bedeuten hatten. Wieder mußte Chloe brennende Magensäure hinunterschlucken.
    Ein zweiter Krampf packte sie. Chloe blieb reglos stehen und biß die Zähne zusammen, während ihr ganzer Leib zu einem Tummelplatz für scharfe und spitze Stiche, Stöße und Knüffe wurde. Das Apiru-Mädchen begann zu weinen, und der Junge flüsterte ihr etwas in seiner Sprache zu. Er versucht wohl, ihr Mut zu machen, dachte Chloe benebelt. Sie schnappte nach Luft, fiel auf die Knie und ließ die Peitsche fallen, gepackt von einem weiteren Krampf. Hinter ihren Lidern zuckten rote und schwarze Blitze, deren Muster sich so schnell änderte, daß ihr ganz schwindlig wurde. In einem klaren Moment schlug sie die Augen wieder auf.
    Die Gäste murrten, und Nesbek starrte sie mit aschfahlem Gesicht an. »Mach mir keine Schande«, flüsterte er lautlos und mit solcher Geringschätzung, daß Chloe sie sogar durch die immer schlimmer werdenden Qualen in ihrem Leib spürte. Sie preßte die Hände vor den Bauch und sank zu Boden. Durch stroboskopartige Blitze in strahlendem Rot, chartreusegrüne Flecken und schwarze Striche hindurch sah sie Nesbek mit weit ausgebreiteten Armen über ihr stehen, um die Menge zurückzuhalten. Sie spürte, wie sie unter Schreien von: »Laßt sie, sie ist krank!« in einem Handgemenge hochgezogen wurde. Nach einer kurzen Ohnmacht wurde sie zwischen die Pfosten gespannt, Nesbeks »Nein«-Schreien zum Trotz, die durch ihren Leib bebten. Sie konnte nichts mehr sehen, nichts mehr hören, doch den Zorn der enttäuschten Gäste fühlte sie nur zu gut.
    Die Krämpfe trieben sie zu Boden, sie kauerte sich über ihren Knien zusammen und versuchte, ihre Angst einzudämmen. Sie biß sich in die Lippen und schmeckte Blut. Halb besinnungslos begriff sie, daß die erstickten Schreie, die sie hörte, aus ihrem Mund kamen. Der Schmerz in ihrem Leib war so schneidend, daß sie den ersten Tritt oder Schlag kaum spürte.
    Scheinbar eine Ewigkeit lang wurde sie zerrissen von neuen, immer stärkeren Schmerzen in ihrem Leib und jenen überall sonst an ihrem Körper. Vergebens versuchte sie zu sprechen, doch ihr Flüstern ging im blutdürstigen Lärmen der auf sie eindringenden Gäste unter. Schließlich senkte sich schmerzlose und friedvolle Dunkelheit über sie. Chloe empfand nichts mehr.
    Cheftu wälzte sich auf seiner Liege herum. Re strömte hell durch die Türen zum Garten; offensichtlich war es bereits nach dem Mittagsmahl. Immer noch schlaftrunken erinnerte er sich an das harte Steinkissen in der vergangenen Nacht und rekelte sich genüßlich in den sauberen Leintüchern. Der klare blaue Himmel und die im Wind wogenden Palmwipfel hoben seine Laune; er fühlte sich zufrieden. Thutmosis hatte ihm nur halb abgenommen, daß Cheftu aufgrund einer »Vorsehung« nach Avaris zurückkehren müsse, ein schlichter Trick, den Cheftu angewandt hatte. Ein

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