Die Prophetin
dieses Motto. Damit verhinderte er, daß es einen Menschen gab, der zuviel über ihn wußte. Aus diesem Grund ahnte Teddy auch nichts von den drei Computerfachleuten, die Miles bei Dianuba Technologies eingesetzt hatte, und die nur darauf warteten, unabhängig voneinander für ihn zu suchen. Miles stand vor dem Problem, daß es noch nichts zu suchen gab. Während die Alexander auf der Flucht war, übersetzte sie die Schriftrollen. Damit stiegen ihre Chancen, die siebte Rolle zu finden. Ohne eine Übersetzung konnte Miles die Suche auch ganz aufgeben.
Mitternacht war bereits vorüber. Das Fax hätte schon vor Stunden eingehen müssen.
Er überlegte gerade, ob er sich telefonisch nach dem Grund der Verzögerung erkundigen sollte, als auf dem Monitor endlich die ersehnte Meldung erschien und gleichzeitig der Drucker zu laufen begann. Miles griff erregt nach der ersten Seite. Das Fax kam aus Kairo.
›Ich brachte Philos durch eine List dazu, mich zu heiraten…‹
Ich brachte Philos durch eine List dazu, mich zu heiraten. Meine Mutter hatte einen Vorrat an Krautern und Heilmitteln, die sie bei Geburten verwendete. Ich fand darunter auch zerstoßenes Haschisch, mit dem man einen Blutsturz behandelte, aber jeder wußte, daß es auch als Aphrodisiakum wirkte. Am Abend ging ich zu dem Gasthaus. Das war ein kühner und waghalsiger Schritt, denn ich war die un-verheiratete Tochter einer angesehenen Familie, und es war undenkbar, daß ich abends ohne Begleitung das Haus verließ. Außerdem wollte ich einen Mann besuchen, der nicht verwandt mit mir war.
Aber Philos würde Antiochia am nächsten Tag verlassen, und ich wollte unter allen Umständen mit ihm reisen.
Ich nahm einen Krug Wein mit, in den ich das Haschisch geschüttet hatte. Philos empfing mich freundlich, aber er forderte mich auf, nach Hause zu gehen. Da ich das ablehnte, bot er an, mich nach Hause zu hegleiten. Als ich auch das ablehnte, sagte er: ›Wenn ich von deinem Wein trinke, wirst du dann gehen?‹ Ich stimmte zu.
Er trank nur einen einzigen Schluck.
Ich verließ das Gasthaus, wie ich es versprochen hatte, und Philos erschien am nächsten Morgen in unserem Haus und hielt bei meiner Mutter um meine Hand an.
Ich dachte, der Trank habe seine Wirkung getan. Ich wußte damals nicht, daß das Haschisch keine Wirkung auf Philos haben konnte, denn ich hatte die Stengel und nicht die Blätter zerstoßen und in den Wein gemischt. Philos erzählte mir später, es sei seine Absicht gewesen, mich zu heiraten. Er habe das seit der ersten Begegnung gewollt.
Und so heiratete ich Philos. Wir wählten den Juni, den glückverheißendsten aller Monate, für die Hochzeit. Ich trug den flammendroten Brautschleier und sprach das uralte Ehegelöbnis: ›Ubi tu Gai-us, ego Gaia‹. Philos trug mich in der Hochzeitsnacht über die Schwelle des Zimmers, damit keine bösen Geister, die sich an meine Sandalen klammern mochten, das neue Leben mit uns beginnen konnten.
Für Philos war ich eine gute Partie, denn seine Braut stammte aus der vornehmen Sippe des Fabianus. Und ich? Ich, liebe Amelia, sollte mit ihm die Welt kennenlernen. Es war deshalb nicht wichtig, daß ich ihn nicht liebte…
Unser erstes Reiseziel war Indien, ein Land der Götter und Geister, der Dämonen und überirdischen Wesen. In diesem uralten Land weilen die Ahnen noch unter den Lebenden. Dort befragt man vor jeder wichtigen Entscheidung die Sterne, ein Fluß gilt als heilig, und Kühe werden nicht geschlachtet.
Ich erfuhr, daß sich Männer und Frauen die Ohrläppchen durchstechen lassen als Schutz gegen den unheilvollen Einfluß gefährlicher Sterne und böser Geister.
Stellt Euch vor, liebe Schwestern, was für ein Abenteuer das für uns war! Ich war jung und wollte unbedingt die Botschaft des Gerechten verbreiten. Ich liebte Philos zwar nicht, aber er war ein gütiger und geduldiger Lehrer, obwohl ich glaube, daß ich ihn manchmal verwirrte.
Wir schätzten uns glücklich, damals zu leben, denn wir waren in einer besonderen Zeit geboren worden. Die Tempel wurden besser gepflegt als je zuvor, und auf den Altären der Götter häuften sich die Opfergaben. Überall lag eine erwartungsvolle Hoffnung in der Luft, denn alle sahen die Zeichen. Das Reich wird zerfallen, sagten die Menschen. Eine neue Ordnung wird kommen. Und ich wußte, der Gerechte würde wiederkommen, wie er es versprochen hatte. Ich erzählte allen, so gut ich es konnte, von seiner Botschaft des Friedens. In meiner jugendlichen
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