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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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vorüber, sondern noch immer gegenwärtig ist. Vielleicht kann man sie nicht sehen, aber ich spüre sie.
    Gerade in letzter Zeit, wenn ich in einem Graben stand, den Sand durchsiebte und auf den entscheidenden Hinweis hoffte, schwanden alle Zweifel, und ich wußte, daß ich kurz davor stehe, den Beweis zu finden.«
    »Ich bewundere deine Entschlossenheit«, sagte er. »Auch deshalb liebe ich dich.« Er legte die Pfeife auf den Tisch. »Deine Theorie ist in Ordnung, Cathy. Ich bezweifle allerdings, daß du die Hinweise auf das Wirken der Frauen finden wirst, nach denen du suchst. Wir haben nicht einmal greifbare Hinweise auf die Männer. Nur aus den alten Schriften wissen wir, daß Moses wirklich gelebt hat. Wieviel schwieriger ist es erst, etwas über Frauen zu finden.«
    »Du meinst also, ich sollte aufgeben? Ich sollte wie du im Institut arbeiten und mich mit Manuskripten beschäftigen, die mir garantiert keine Lösungen bringen?«

    »Also gut, du willst dein Leben lang in aller Welt deinen Fragen nachjagen. Aber du kannst mir glauben, eines Tages wirst du innehalten, zurückblicken und sagen…«
    »Was werde ich sagen, Julius? Ich werde sagen, daß ich alles getan habe, was in meinen Kräften stand.«
    »Aber du wirst kein Zuhause haben, Catherine. Möchtest du denn keine Familie?«
    »Doch, eines Tages, jetzt noch nicht.« Sie lächelte traurig, »Ich liebe dich, Julius, aber ich liebe auch meine Arbeit. Ich kann sie nicht aufgeben.«
    »Warum bist du dann überhaupt gekommen? Warum die plötzliche Rückkehr? Du hattest mir bereits gesagt, daß wir uns frühestens im Februar wiedersehen würden.« Catherine stand auf und ging ins Schlafzimmer. Sie öffnete ihren Koffer und kam mit dem Buch über Paläobotanik zurück. Als sie seinen erstaunten Blick sah, sagte sie: »Keine Angst, ich habe dein Buch nicht mißbraucht, sondern mir nur den Umschlag ausgeliehen. Das Bild des Mannes im Moor ist so abschreckend, daß ich dachte, es würde jeden, vor allem neugierige Zollbeamte davon abhalten, das Buch aufzuschlagen. Die Strategie hat sich bewährt!«
    Er runzelte die Stirn. »Zollbeamte? Ich verstehe dich nicht.« Catherine nahm die gefalteten Papyri zwischen den Buchdeckeln heraus und legte sie behutsam auf den Tisch. Julius sah sie staunend an. »Mein Gott! Woher hast du das?« Sie berichtete ihm schnell von dem Fund im unterirdischen Gang. Er hörte sprachlos zu.
    Die Flammen im Kamin verwandelten sich in rote Glut, der Sturm peitschte mit unverminderter Kraft gegen die Glastür, die Gischt schäumte, und die bleigrauen Wellen brachen sich donnernd am Ufer. Mit angehaltenem Atem entfaltete Julius die erste ›Seite‹ des ersten Buchs und betrachtete mit großen Augen das brüchige bräunlichgelbe Papyrus.
    »Ich hatte gehofft, schon mehr übersetzt zu haben«, sagte Catherine. »Aber im Flughafenhotel konnte ich mich vor Erschöpfung nicht mehr auf den Beinen halten. Jetzt bin ich Gott sei Dank hier und würde mich am liebsten auf der Stelle an die Arbeit machen.« Sie sah ihn erwartungsvoll an. »Was meinst du?« Er starrte stumm auf die Schriftrollen. Dann fragte er fassungslos: »Hast du sie einfach mitgenommen? Du hast sie bei deinen Ausgrabungen entdeckt und aus dem Land geschmuggelt, ohne die Behörden von dem Fund in Kenntnis zu setzen?«
    »Es blieb mir keine andere Wahl, denn die Beamten hätten sie sofort an sich genommen. Du weißt doch, was mit den Schriftrollen vom Toten Meer geschehen ist und den Nag Hammadi-Evan-gelien. Man hielt sie unter Verschluß, und sie wurden von einer Handvoll Wissenschaftler eifersüchtig bewacht, bis sich von allen Seiten Protest erhob. Erst danach hat man die Schriftrollen vom Toten Meer Wissenschaftlern auf der ganzen Welt zugänglich gemacht. Ich konnte nicht zulassen, daß sich das mit meinem Fund wiederholt.«
    »Was ist so Besonderes daran?«
    Sie zeigte ihm ihre Übersetzung des Fragments. »Hier, sieh dir dieses Wort an, Julius – Diakonos. Wir wissen, daß die Diakone beim Abendmahl den Gläubigen Brot und Wein reichten. Heute ist das die Aufgabe der Priester. Amelia wird als Diakonos bezeichnet.«
    »Eine Frau als Priester?«
    »Eine Frau in der frühchristlichen Kirche, die das Priesteramt bekleidete, Julius! Die Tragweite dieses Fundes ist deshalb nicht abzuschätzen!«
    »Nun gut«, sagte er nachdenklich. »Ich verstehe deine Begeisterung. Aber war es klug, die Schriftrollen zu stehlen und sie aus Ägypten zu schmuggeln?«
    Catherine wußte, daß Julius

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