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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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gefunden. Ich kann nicht beides zugleich machen.«

    »Und was ist mit dem Heiraten?«
    Sie drehte sich um. »Ich liebe dich, Julius, das weißt du. Aber ich bin noch nicht zu einer Ehe bereit.«
    Er schüttelte den Kopf. »Catherine, ich weiß wirklich nicht, wie lange eine intensive Beziehung die Entfernung von über achttausend Meilen überleben kann. Jedesmal, wenn wir uns trennen, wird der Abschied schwerer.«
    »Wir müssen uns nicht gleich wieder trennen«, erwiderte sie und setzte sich in den Sessel. »Ich habe dir noch nicht alles erzählt. Ich habe auf dem Boden des Brunnens einen Schädel entdeckt. Ich glaube, der Rest des Skeletts ist unter den Steinen begraben, die nach der Sprengung herabgefallen sind. Man wird das Skelett ausgraben, datieren und identifizieren müssen. Du kannst mit mir zurückfahren. Damit hätten wir endlich eine Möglichkeit, gemeinsam bei einer Ausgrabung zu arbeiten und wären nicht getrennt.«
    »Catherine, ich bin der Leiter des Instituts. Ich kann nicht einfach von heute auf morgen abreisen.«
    »Und ich kann nicht bleiben«, erwiderte sie leise. Es wurde still im Zimmer. Sie blickten sich stumm an und wußten, daß schließlich ausgesprochen worden war, was sie beide seit zwei Jahren bewegte.
    Catherines Sachen hingen zwar im Schlafzimmerschrank von Julius, und ihre Toilettentasche stand in seinem Bad, aber sie wohnte nicht hier. Sie hielt sich nie lange in den USA auf, und wenn sie kam, dann ging es darum, Vorträge zu halten oder Gelder für die nächste Ausgrabung genehmigt zu bekommen. Natürlich kam sie auch wegen Julius. Aber sie blieb nie lange und reiste bald wieder ab.
    Julius starrte in die Flammen und sagte dann tonlos: »Ich weiß nicht, ob ich so weitermachen kann, Catherine. Ich möchte, daß wir endgültig zusammenfinden und eine Familie gründen. Ich möchte, daß wir Wurzeln schlagen.«
    »Julius, das kann ich nicht. Ich bin noch auf der Suche. Bevor ich heirate, muß ich Antworten finden.«
    Er sah sie an. »Im Institut kannst du Antworten auf deine Fragen finden. Wir haben zahllose nicht übersetzte und undatierte Manuskripte und Dokumente. Wenn du dich an diese Arbeit machst, hast du auf Jahre hinaus etwas zu tun.«
    »Es geht mir nicht darum, ›etwas zu tun‹!« rief sie empört und erschreckte damit eine der Katzen, die auf ihrem Schoß lag. »Du hast immer gesagt, du willst ein Buch schreiben, in dem du deine Theorien über die Prophetinnen im Alten Testament darlegst. Warum fängst du nicht damit an?«
    »Ich habe meine Felduntersuchungen noch nicht abgeschlossen.«
    »Natürlich.« Er griff nach seiner Pfeife und drehte sie in den Händen. »Du hast vierzehn Jahre lang nach der Prophetin Mirjam gesucht. Glaubst du wirklich, daß du sie jemals finden wirst?«
    »Julius, du weißt genau, daß ein Archäologe ein ganzes Leben lang etwas suchen kann und es vielleicht nie finden wird. Aber mit seinen Untersuchungen schafft er die Grundlage für den Nachfolger. Vielleicht wird jemand nach mir kommen und meine Arbeit zu Ende führen. Ich weiß jedenfalls nur das eine: Ich kann jetzt nicht aufhören, Julius!«
    Als er nichts erwiderte, fuhr sie ruhig fort: »Glaubst du an das, was ich tue? Oder denkst du, ich jage Hirn-gespinsten nach? Meine Suche nach der Prophetin Mirjam ist kein Wahn, Julius.
    Ich suche nach einer Möglichkeit, den Frauen das natürliche Selbstbewußtsein und die Aufgaben zurückzugeben, die sie einst besessen haben.«
    »Das weiß ich, Catherine.«
    »Julius, Männer haben die Heilige Schrift stets zu ihrem Zweck benutzt. Noch immer stützen sie ihre Autorität auf die Bibel und legitimieren damit ihre Herrschaft über die Frauen. Aber ich weiß aus den Schriften des Altertums, daß Frauen in den Tagen der Patriarchen und Könige Macht besaßen. Sie waren Prophetinnen, Priesterinnen und weise Frauen. All das ist im Laufe der Geschichte verlorengegangen, und ich möch-te es ins Gedächtnis der Menschen unserer Zeit zurückrufen. Es muß Teil unseres Bewußtseins werden.«
    Er schüttelte den Kopf. »Wie kannst du dir deiner Sache nur so sicher sein? Glaubst du wirklich, den Beweis in der Wüste zu finden?«
    »O ja, das werde ich, Julius. Das sagt mir mein Gefühl. Wenn ich dort draußen in der Einsamkeit bin…«
    Sie hoffte, ihn durch ihre Begeisterung mitreißen zu können, und sah ihn mit leuchtenden Augen an. »Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber ich habe dort manchmal den Eindruck, daß die Vergangenheit nicht

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