Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Fortschritte gemacht. Beim Fasan unterhielten sich Vater und Sohn fachmännisch über Bogenlänge und Zielgenauigkeit, während Arthur andächtig zuhörte und sich bemühte, dem Gespräch zu folgen.
Ich erhoffte mir aus tiefstem Herzen eine glänzendere Zukunft für Arthur als die, welche ihm meiner Meinung nach in Dartford offenstand. Er war schließlich ein Stafford. Ihm gebührte die Erziehung eines Edelmanns. Die Häuser Stafford und Bulmer hatten an Ansehen und Einfluss verloren. Henry Courtenay hingegen befand sich in hervorragender – vielleicht einzigartiger – Position: Er gehörte dem alten Hochadel an und stand beim König in höchster Gunst. Niemand konnte Arthur besser helfen.
»Und Arthur – wie ist es ihm ergangen?«, wandte sich Gertrude, zwei Plätze von mir entfernt, an ihren Sohn. Leicht vorgebeugt, drehte sie sich zu mir herum. Sie hatte eine entwaffnende Art, einen anzusehen, verschwörerisch, beinahe augenzwinkernd, die selten ihre Wirkung verfehlte. Die Verstimmung vom Nachmittag war abgetan, für immer, hoffte ich. Dank ihrer frappierenden Begabung dafür, sich in andere hineinzuversetzen, hatte sie wohl meine Gedanken erspürt und wusste um meine Hoffnungen für Arthur.
Ich lächelte zaghaft und konnte endlich, während ich Arthurs aufgeregtem Bericht über den Nachmittag zuhörte, den wohlschmeckenden Fasan genießen.
Das Gespräch wandte sich Bekannten der Courtenays im Westen des Landes zu, als Charles die neuesten Nachrichten vortrug, die mit der Post überbracht worden waren. In einer Familie war soeben der Vater verstorben; eine andere hatte wegen einer Missernte mit Schulden zu kämpfen. Ich fühlte mich an das Tischgeplauder auf Stafford Castle erinnert. Da wurde bis ins Kleinste das Leben ländlicher Familien erörtert, für die man sich persönlich kaum interessierte. Meiner Mutter war das unerträglich gewesen. Sie wollte die wichtigen Ereignisse im Reich besprochen hören; gerade nach der Verbannung meiner Eltern vom Hof lechzte sie nach solchen Gesprächen. Aber das war nicht Stafford’sche Art. Und auch die Courtenays sprachen, wie ich schnell merkte, bei Tisch niemals über den König und seinen Hof oder über politische Angelegenheiten des Königreichs.
»Vergesst nicht mein kleines Fest übermorgen«, sagte Gertrude. »Nur einige Freunde, ausschließlich Frauen. Mit Gebäck und süßem Wein. Die Gesellschaft wird Joanna guttun.«
Sie sagte es, als wüsste ich bereits von dem Fest, dabei hatte ich nicht ein Wort davon gehört. Henry strahlte, während ich mich bemühte, meine Überraschung zu verbergen. Hatte Gertrude einfach vergessen, mir etwas zu sagen? Aber nein, sie vergaß nie etwas. Ich war überhaupt nicht sicher, dass diese Gesellschaft mir ›guttun‹ würde; eben das war eine meiner Bedingungen vor Antrittdieses Besuchs gewesen – kein Verkehr mit dem königlichen Hof und seinen Angehörigen.
Hatte Gertrude mit ihrer »Einladung« an mich absichtlich gewartet, bis Henry zugegen war, um mir eine Absage zu erschweren?
Der Gedanke tat mir sofort leid. Wie hochherzig hatte sie unsere Meinungsverschiedenheit über die Astrologie abgetan! Welch inniges Interesse zeigte sie an Arthur! Ganz zu schweigen von der Großzügigkeit und der Fürsorglichkeit, mit denen sie uns an jedem Tag unseres Aufenthalts begegnete.
Henry legte seine Gabel nieder und sagte: »Ich glaube, jetzt ist der Moment, um noch ein anderes bevorstehendes Ereignis anzusprechen, Joanna. Ich habe es mir zur Regel gemacht, jedes Jahr im Herbst einmal mit meinem engsten Freund Henry Pole, Baron Montague, zu speisen, und dieses Mal treffen wir uns am vierten November hier im Haus. Wollt Ihr uns nicht das Vergnügen Eurer Gesellschaft schenken? Ihr kennt Montague, soviel ich weiß.«
»Ja, ich bin mit der Familie Pole bekannt«, antwortete ich. Mein Cousin Henry Stafford war mit Ursula Pole verheiratet, und ich kannte ihre drei Brüder, die mit ihren Familien regelmäßig auf Stafford Castle zu Gast waren. Henry, den ich als unangenehm arrogant in Erinnerung hatte, war der älteste, dann folgten Reginald, ein in sich gekehrter Gelehrter, und Godfrey, der jüngste. Mehr als die Gästeliste kümmerte mich jedoch im Moment das Datum des geplanten Essens – Anfang November, später als mir lieb war.
»Dann sind wir uns einig – Ihr werdet mit uns speisen?«, fragte Henry lächelnd.
»Ja.« Ich stockte. »Allerdings wird in dieser Woche der Rest meines Webrahmens geliefert, das heißt, dass ich
Weitere Kostenlose Bücher