Die Prophezeiung der Steine
als solcher war sie wunderschön, und er bot seine Kehle in einer Art ekstatischer Unterwerfung ihren Krallen dar. Schweißgebadet wachte er auf und lag im Dunkeln, beschämt, aber nicht genau wissend, was ihn am meisten beschämte - ihr bei den Windgeistern geholfen zu haben oder sich zu ihr hingezogen zu fühlen, selbst wenn sie das Herz eines Geistes besaß. Denn wäre sie in diesem Augenblick in seinem Zimmer aufgetaucht, hätte ihn heftiges Verlangen erfüllt. Er konnte sich nicht vorstellen, ohne sie zu sein.
Am nächsten Tag stattete Doronit den Kaufleuten, die mit Wolle handelten, einen Besuch ab, und erwarb eine große Menge blauen Stoffs; es war das Blau, das nur Kaufleute und ihre Bediensteten tragen konnten. Sie kaufte den gesamten blauen Stoff in der Stadt auf. Das Gerücht, sie wolle ihre Schutzwachen allesamt in blaue Uniformjacken kleiden, verbreitete sich. Ash hatte es auf ihre Anweisung in die Welt gesetzt.
Eine Woche später verbreitete sich im Hafen die Nachricht,
dass Beasles beide Schiffe, die High Flag und die Winged Flag, während eines unzeitigen Sturms mit Mann und Maus verloren gegangen waren.
Am folgenden Tag besuchte Beasle Doronit, und am Nachmittag gab sie Ash Silber für neue Frühlingsbekleidung. Als er kam, um ihr zu zeigen, was er gekauft hatte, sah er, dass in ihrem Zimmer eine kleine Schatulle stand, die am Tag zuvor nicht dort gewesen war. Es war eine wunderschöne, bemalte Schatulle mit sehr starken Schlössern.
»Wie viele Besatzungsmitglieder waren auf Beasles Schiffen?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Zwanzig? Vierzig?«
»Für wie viel waren sie versichert?«
Sie lächelte. »Eine ganze Menge.«
»Und war wirklich so viel Fracht an Bord, wie man den Versicherern gesagt hat?«
Sie lachte. »Sehr gut. Sehr gut. Du entwickelst dich gut. Und was hast du dir für das Kaufmannsbankett gekauft?«
Die Matrosen waren tot. Beweise gab es keine, denn die Schiffe waren alt, und es hatte einen Sturm gegeben. Am Aufkommen des Sturms konnten keine Zweifel gehegt werden. Vielleicht wären die Schiffe ohnehin gesunken. Vielleicht hätte sich der Sturm auch ohne Doronit ereignet. Es gab nichts, was er hätte unternehmen können. Es gab keinen Ort, wo er hätte hingehen wollen. Nirgends, wo er hätte hingehen können .
Die Nachricht vom Untergang der Cloven Hoof machte die Runde. Doronit »überdachte« ihren Entschluss, ihre Mitarbeiter mit blauen Uniformjacken auszustatten und verkaufte die Hälfte ihres blauen Stoffs zum doppelten Preis wieder zurück an die Wollhändler. Die andere Hälfte behielt sie. »An der Ghost Begone Night geben die Kaufleute
ihren Bediensteten die neue Tracht für das Jahr, damit sie beim Fest schick aussehen. Bis dahin wird sich der Preis verdreifacht haben.«
Die Jahreswende kam. Die Fischerboote im Hafen begannen, in der Wärme der Sonne zu stinken. Während der sommerlichen Hitze rannte und trainierte Ash genau so, wie er es während der winterlichen Kälte getan hatte. »Das Wetter lässt nicht nach, nur weil du dich unbehaglich fühlst«, hatte Doronit gesagt. »Wozu ist eine Schutzwache nütze, die sich in den Schatten setzen muss?«
An einem grauen, windstillen Tag zu Beginn des Herbstes, bevor die erste Kälte einsetzte und die sommerliche Gluthitze unterbrach, lief er mit federnden Schritten schweiß überströmt in den Hof, wo sie ihn mit einem kühlen Getränk und einem Handtuch erwartete.
»Was ist passiert?«, fragte er.
Sie lächelte ihn von der Seite an. »Vor einem Jahr hättest du gar nichts gefragt. Du wärst rot geworden und hättest mich angelächelt. Komm.«
Sie führte ihn zu ihrem Zimmer. Er trocknete sich im Gehen ab und trank den Saft in hastigen Zügen.
Ihr Zimmer war kühl und ruhig. Sich bewusst, dass er sehr verschwitzt war, setzte er sich auf die Kante des Fensterplatzes und stützte die Ellbogen auf die Knie. Sie setzte sich neben ihn.
»Wir haben ein Problem. Ich … habe einen Feind.«
Sie zog ein gelbes Papierknäuel aus ihrer Tasche, einen Beutel mit Süßigkeiten, kugelförmig getrocknete Aprikosen und zerkleinerte Nusskerne. Das war ihre Lieblingsspeise, von Perle, dem Zuckerbäcker.
»Riech mal daran.«
Sie hielt ihm das Papier unter die Nase, und er schnüffelte.
Aprikose, Nuss, Honig … und noch etwas anderes, schwach und scharf, wie Mandeln …
»Bittermandel«, sagte er schockiert. »Doch nicht Perle?«
»Nein, nein. Die hier habe ich gestern gekauft und schon davon gegessen. Und es ist mir
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