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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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zornig an, wie er es so häufig tat, um sie daran zu erinnern, dass sie für alle anderen zwar die wundersame Heilerin war, für ihn jedoch immer noch das Kind, das er großgezogen hatte. Und für einen Teil von ihr war er immer noch der Vater, die starken Arme, die sie beschützt hatten. Aber vor den Göttern vermochte er sie nicht zu schützen.
    Sie konzentrierte sich auf den Körper unter ihren Händen und fing an, in schrecklichen, schrillen Tönen zu singen, die so klangen wie die Stimme der Toten. Daraufhin wich der Schmerz aus dem Gesicht der Frau.
    Cael bahnte sich einen Weg durch die Menge, die sich in der Türöffnung versammelt hatte, um zuzuschauen und zu beten, während die Götter ihre Macht zeigten.

Caels Geschichte
    Am Ufer standen Fischer. Als das Boot den Fluss entlang auf sie zuglitt, in der abendlichen Dämmerung mit einer Laterne am Bug und einer weiteren am Heck beleuchtet, hielten sie es für ein Geisterschiff. Denn auf diesem Flussabschnitt, so nah am Wasserfall, konnte kein Mensch navigieren.
    Flussabwärts waren Felsen, flussaufwärts ebenso, das wei ße Wasser schäumte unterbrochen. Wie konnte da ein Boot hingekommen sein?
    Also ergriffen sie die Flucht, warfen ihre Ruten und ihre Fischhaken zu Boden, rannten zurück zum Dorf und schrien dabei: »Tod und Verderben über uns!«
    Das Boot glitt mühelos über das weiße Wasser und überstand die gezackten Felsen und die Wucht der Wellen. Unter dem hohen Wasserfall zerschmetterte es, doch bis dahin hatte es seinen Zweck erfüllt und diejenigen, die sich an Bord befanden, hatten das rettende Ufer erreicht.
    Ich gehörte zu ihnen. Also erzähle ich, Cael, die Geschichte als jemand, der dabei war und die Wahrheit kennt.
    Als die Zeit für die Lady gekommen war und die Wellen der Wehen immer höher schlugen ließen, ließ sie mich holen und vertraute das kommende Baby meiner Obhut an.
    »Denn mögen du und ich auch mehr als einmal miteinander gestritten haben«, sagte sie förmlich, »und zwar heftig, so weiß ich doch, dass du ehrlich und aufrecht bist. Nimm
das Kind, und beschütze die Kleine vor ihrem Vater. Denn ich will nicht niederkommen, um dann zu sehen, wie sie mir weggenommen und bei Hof erzogen wird als Schachfigur für Bündnisse und Vertragsabschlüsse. Lehre sie die neuen Sitten, und lass nicht zu, dass sie ihrem Vater oder sonst jemand gegenüber in Knechtschaft gerät.«
    Tatsächlich starb sie bei der Geburt. Doch das Kind überlebte.
    Ich nahm die Kleine auf und nannte sie Safred, was so viel bedeutet wie Kummer, denn tatsächlich war mit ihrer Geburt wenig Freude verbunden. Ich fand eine Amme und ließ dem Kriegsherrn ausrichten, sowohl die Lady als auch ihre Tochter wären im Kindbett gestorben. Er schickte Silber für ihre Beerdigung, dazu einen Beobachter, und wir überführten zwei Leichen in die Grabhöhlen, dick in Grabkleidung eingewickelt, die Lady und das kleinste Ferkel eines Wurfs.
    Das Kind versteckten wir in einer Höhle im Hochwald, gemeinsam mit der Amme und einer Wache. Später, als es sicher war, brachten wir sie zurück.
    Ich zog das Kind gemeinsam mit meinen eigenen beiden groß. Vielleicht war ich zu ihr nicht ganz so freundlich. Es gibt Männer, die jedes Kind so lieben können, als wäre es ihr eigener Sohn oder ihre eigene Tochter, aber zu diesen gehöre ich nicht. Wenn ich Safred anschaute, sah ich die Augen ihrer Mutter, und auch wenn ihre Mutter und ich häufig uneins gewesen waren, traf mich ihr Verlust trotzdem hart. Manchmal, wenn ich sie anschaute, sah ich genau den Blick und den Ausdruck ihres Vaters. Dann drängte ich sie aus dem Haus, denn mir gefiel die Angst nicht, die mich dabei befiel.
    Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn meine Sage nicht an einem Fieber gestorben wäre, als Safred erst zwei
Jahre alt war. Sie trauerte lange Zeit um Sage, wie meine Mädchen es auch taten. Und ich.
    Doch alles in allem wuchs sie glücklich auf und litt niemals Not. Ich selbst lehrte sie, sich mit Worten und Taten zu behaupten, so wie ich es bei meinen eigenen Mädchen auch tat. Während March, meine Älteste, sich derart auf Wortgefechte verlegte, als sei sie zum Streiten geboren, und Nima geschickt mit Händen und Stöcken war, fand Safred weder an dem einen noch an dem anderen Gefallen. »Deine Mutter war eine große Kämpferin«, sagte ich häufig zu ihr, »du musst doch etwas von ihr in dir haben.«
    Sie schaute mich bloß mit ihren grünen Augen von der Seite an. Ich sage es euch, und ich sage euch

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