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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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leichteren Schiffe des Feindes anzugreifen, die mit unseren Biremen im Gefecht lagen. Eine wohlwollende Erklärung seines Verhaltens könnte sein, dass der Centurio einigen unserer Schiffe zu Hilfe kommen wollte, die zu diesem Zeitpunkt in gewissen leichten Schwierigkeiten steckten. Es könnte jedoch sein, dass Centurio Catos Verlangen nach persönlichem Ruhm ihn bewog, den Gehorsam gegenüber seinen Befehlen hintanzustellen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass er sich bewusst dafür entschied, den Kampf mit einem Gegner zu suchen, der über weniger eindrucksvolle Kräfte verfügte als das feindliche Flaggschiff.
    Jedenfalls löste sein Schiff sich aus der Formation, und eine Anzahl weiterer Triremen folgten ihm. Dadurch fehlten mir ausreichende Kräfte, um es mit dem Piratenkommandanten aufzunehmen, und ich war gezwungen, die Verfolgung abzubrechen.
    Als Folge von Centurio Catos Leichtfertigkeit wird die Operation beträchtlich länger dauern, als ich vorhergesehen hatte. Daher bitte ich um deine Genehmigung, den Centurio aus meinem Kommando zu entfernen und für Disziplinarmaßnahmen nach Rom zu schicken. Angesichts der heiklen Natur des Auftrags, mit dem du mich, Centurio Cato und Centurio Macro betraut hast, kann ich mir des Erfolgs nicht gewiss sein, solange ich mit einem Mann belastet bin, der weder genug Mut noch genug Erfahrung für die Aufgabe besitzt. Es schmerzt mich, dir in diesem Sinne zu berichten, Narcissus, da ich weiß, dass du eine gewisse Hochachtung für die Fähigkeiten des fraglichen Individuums hegst. Doch angesichts all dessen, was auf dem Spiel steht, wirst du meine große Sorge gewiss verstehen und mir so bald wie möglich deine Einwilligung erteilen, mich dieser Bürde auf die eine oder andere Weise zu entledigen.
    gez.: Vitellius.
    Cato legte die Wachstafel weg und holte tief Luft. Der Bericht war praktisch ein Todesurteil, und einen Augenblick lang überfiel ihn eiskalte Furcht, während sich seine Gedanken überschlugen und er sich abmühte, die Auswirkungen von Vitellius’ abschließenden Bemerkungen zu erfassen. Seine erste Reaktion war erbitterter Hass gegen den Präfekten. Der Abschluss des Berichts war mehr als nur eine Ungerechtigkeit. Er war eine reine Lüge zu Vitellius’ Vorteil, mit der er die Schuld an dem Fiasko der Seeschlacht auf Cato abwälzen wollte. Der Präfekt hatte die Absicht, ihn zu töten. So viel war offensichtlich. Falls sich eine passende Gelegenheit ergab, würde er vielleicht nicht einmal auf die Genehmigung des Kaiserlichen Sekretärs warten.
    Cato schenkte sich einen Becher Wein ein und vermischte ihn diesmal nicht mit Wasser. Bevor er einen Plan machen konnte, um diese neue Gefahr abzuwehren, musste er verstehen, warum der Präfekt seinen Tod wollte. Vermutlich hatte es etwas mit den Schriftrollen zu tun. Die Sibyllinischen Schriftrollen … Doch nicht etwa die Sibyllinischen Schriftrollen?
    Worum auch immer es sich letztlich handelte – der Kaiserliche Sekretär hielt diese Schriftrollen für wichtig genug, eine große Zahl von Männern und Schiffen dafür aufs Spiel zu setzen. Und jetzt hatte es den Anschein, dass Vitellius sie für so bedeutsam hielt, Cato aus dem Weg räumen zu wollen, um sie sich selbst anzueignen.
    Cato begriff, dass er einen Ausweg aus der Gefahr finden musste, der er sich gegenübersah. Er könnte seinen eigenen Bericht schreiben und ihn mit dem von Vitellius nach Rom schicken. Er könnte erklären, was es mit dem Debakel der Seeschlacht wirklich auf sich hatte. Außerdem könnte er die Vertrauenswürdigkeit des Präfekten anzweifeln, die Schriftrollen wirklich für Narcissus zu bergen. Doch noch während Cato diese Gedanken durch den Kopf fuhren, war ihm klar, dass der Versuch, die Wahrheit zu berichten, sinnlos wäre. Vitellius war ein Liebling von Kaiser Claudius, seit man ihm zuschrieb, dass er den Kaiser während dessen Besuch in Britannien vor der Klinge eines Attentäters bewahrt hatte. Außerdem setzte Narcissus besonders großes Vertrauen in ihn. Das Wort eines einfachen Centurios würde gegen das eines Aristokraten wenig Gewicht haben. Tatsächlich war es mehr als wahrscheinlich, dass man Catos Anschuldigungen bestenfalls für boshaft und schlimmstenfalls für finster und verdächtig halten würde. In diesem Sinne würde Vitellius die Vorwürfe gegen ihn umdeuten, und Cato würde unauffällig von der Bildfläche verschwinden. Eine weitere unbekannte Leiche, die man aus dem Tiber fischte, in ein Massengrab warf und

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