Die Prophezeiung des Adlers
derselben Sprache: »Ich gebe euch mein Wort, dass ihr nicht hingerichtet werdet. Als Sklaven werdet ihr zwar verkauft, aber euer Leben wird verschont.«
»Niemals!«, schrie der Anführer der Piraten. Doch noch während er dem Centurio seinen Trotz entgegenbrüllte, ertönte ein dumpfes Klirren, und einer seiner Männer warf sein Schwert weg und senkte den Kopf. Seine Kameraden schauten von ihm zu ihrem Anführer, und dann schlug eine weitere Waffe auf dem Deck auf. Gleich darauf hielt nur noch der Anführer seine Waffe in der Hand und schaute aufgebracht von einer Seite zur anderen.
Cato streckte ihm die Hand entgegen. »Gib auf, Mann. Du hast den Kampf verloren. Wozu soll es gut sein, auch noch das Leben zu verlieren?«
Der junge Mann knirschte mit den Zähnen, und einen Augenblick lang war Cato sich sicher, dass er beschlossen hatte, kämpfend unterzugehen. Dann aber wankte sein Entschluss, und das Schwert entfiel seinen bebenden Fingern, während er die Römer hasserfüllt anstarrte. Plötzlich erinnerte Cato sich genau, wo er ihn zuvor schon einmal gesehen hatte: an Bord von Telemachos’ Trireme. Und gleichzeitig erinnerte er sich, wie nah dieser Mann dem Kommandanten der Piraten gestanden hatte.
»Ajax«, murmelte Cato.
KAPITEL 29
A ber ich habe mein Wort gegeben«, wandte Cato einund schaute sich nach Macros Unterstützung um. Der ältere Centurio zuckte nur leicht mit den Schultern.
»Du hast dein Wort gegeben«, wiederholte Vitellius mit leisem Lächeln und blickte an Cato vorbei zu den Gefangenen, die auf dem Strand zu einem kleinen Kreis zusammengekettet waren. Vitellius schüttelte den Kopf. »Wieso sollten wir wohl gegenüber diesem mordenden Abschaum ein Versprechen halten?«
»Es war die Bedingung für ihre Kapitulation. Ich habe mich mit Ajax darauf geeinigt.«
»Wie dumm von ihm. Lass den Anführer von den anderen trennen. Wenn er einer von Telemachos’ ranghöchsten Leuten ist, wie du zu glauben scheinst, können wir vielleicht ein paar nützliche Informationen aus ihm herausquetschen. Bring diesen Ajax ins Hauptquartier, dann nehmen wir ihn uns vor. Aber der Rest wird gekreuzigt. Es wird unseren Männern guttun, sie ans Holz genagelt zu sehen.« Er blickte sich um und zeigte auf die Landspitze. »Dort oben. Wo der Feind sie sieht und unsere eigenen Leute den Anblick genießen können.«
»Herr, ich muss protestieren.«
»Schön. Das hast du hiermit getan. Und jetzt sei so freundlich und lass mich die Anordnungen für ihre Hinrichtung treffen.«
Catos Mund öffnete sich, klappte wieder zu und öffnete sich erneut. Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht richtig … «
Präfekt Vitellius nickte. »Genau. Es ist nicht richtig, es ist Krieg. Die Diskussion ist beendet. Sorge jetzt dafür, dass eure Schiffe auf den Strand auflaufen und die Männer eine zusätzliche Ration Wein erhalten. Das haben sie verdient. Sie sollen wissen, dass das auf meine persönliche Anweisung erfolgt. Bis zum Ende des Tages möchte ich einen Bericht von euch beiden haben. Ihr könnt ihn schreiben, nachdem wir die Gefangenen befragt haben.« Er winkte kurz mit der Hand. »Wegtreten.«
Cato und Macro salutierten, wandten sich steif ab und gingen über den knirschenden Kies zum Strand.
»Vielen Dank auch für deine Unterstützung«, brummte Cato.
Macro zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, aber in dieser Frage bin ich derselben Meinung wie der Präfekt. Sie sind Piraten. Sie hätten wissen sollen, dass sie keine Gnade von uns erwarten konnten.« Macro sah ihn stirnrunzelnd an. »Jetzt komm mir nicht auf die weiche Tour, Cato. Diese Drecksäcke da unten sind selber schuld, schließlich haben sie beschlossen, sich mit uns anzulegen. Außerdem, im umgekehrten Fall, wenn wir ihre Gefangenen wären, glaubst du wirklich, dass sie da Gnade mit uns walten ließen?«
Cato weigerte sich, dem Blick seines Freundes zu begegnen, und schaute zu Boden. »Nein. Aber genau dadurch hat unsere Seite ja die moralische Autorität. Deswegen lohnt es sich ja, für Rom zu kämpfen.«
»Moralische Autorität?« Macro blieb unvermittelt stehen, starrte Cato einen Augenblick lang an und lachte dann laut los. »Verdammt, Junge, was spintisierst du dir immer zusammen?«
Cato blickte sich wütend nach Macro um. »Lass es uns einfach hinter uns bringen, ja? Schließlich befolgen wir ja nur Befehle.«
»Genau!« Macro schlug seinem Freund herzlich auf den Rücken. »Ich sage dir, manchmal macht es richtig Spaß, Befehle zu befolgen
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