Die Prophezeiung des Adlers
hergeschickt.«
Cato nickte.
»Verdammt, Cato. Du gehst aber auch wirklich Risiken ein. Wenn das jemals herauskommt, werden sie dir jeden einzelnen Knochen im Leib brechen.«
»Mindestens … « Cato sah seinen Freund verlegen an. »Schau, das hier tut mir wirklich leid. Es tut mir leid, dass ich dich in die Sache mit reingezogen habe.«
»Was meinst du damit?«
»Ich habe Vespasian mit einer List dazu gebracht, mir von den Schriftrollen zu erzählen. Ich hatte den Hinweis auf die Sibyllinischen Schriftrollen in Vitellius’ Bericht gelesen, und als ich Vespasian über die Situation hier informierte, tat ich so, als wäre ich mit der ganzen Geschichte vertraut. Er hat es geschluckt, und bevor mir recht klar war, was ich da sagte, habe ich behauptet, dass du auch über die Rollen Bescheid weist.«
Macro runzelte kopfschüttelnd die Stirn. »Ja und?«
»Bis das alles hier vorbei ist, schwebt jeder, der über die Schriftrollen informiert ist, in großer Gefahr. Der Einsatz ist zu hoch, als dass man riskieren könnte, dass irgendjemand Probleme macht.«
»Verstehe.« Macro nickte. »Danke, Kumpel. Vielen Dank auch. So gern ich dich mag, Cato, und auch wenn ich denke, dass du dich zu einem verdammt guten Soldaten entwickelt hast, wünsche ich mir doch manchmal aufrichtig, dass ich dich niemals kennengelernt hätte. Fünfzehn Jahre habe ich gedient, bevor du aufgetaucht bist. Sicher habe ich manchmal schlimm in der Klemme gesteckt, aber in den letzten beiden Jahren hast du mich öfter in Lebensgefahr gebracht, als ich nachzählen mag. Und jetzt das … «
»Es tut mir leid.«
»Hör auf, dich zu entschuldigen. Jetzt kann man ohnehin nichts mehr daran ändern.« Macro rollte seinen Proviantbeutel zu einem Kopfkissen zusammen und legte sich mit dem Rücken zu Cato neben das Feuer. Er schwieg einen Augenblick und brummte dann: »Versprich mir nur eines.«
»Ja?«
»Sollten wir aus diesem Schlamassel herauskommen, ist mit den Abenteuern Schluss.«
»Na ja, ich werde mein Bestes tun.«
»Ha … «
Am Morgen standen sie auf, sobald das erste Tageslicht auf den Wänden der Höhle schimmerte. Macro reckte die steifen Glieder und hustete, als die kalte Luft ihm in die Lunge drang. Cato verhielt sich recht still, ein wenig beschämt von seinem Geständnis des Vorabends. Sie packten ihre Rationen wieder in die Proviantbeutel, zogen die Stiefel an und verließen die Höhle. Der Himmel war bleiern, und ein kalter Wind, der Regen ankündigte, blies den Berghang herauf.
»Wo entlang?«, fragte Macro.
»Nach oben. Vom Berggipfel aus sollten wir einen Blick auf den Ankerplatz und den Stützpunkt haben.«
»Falls die Information stimmt«, meinte Macro düster. »Gut möglich, dass sie falsch ist.«
»Wir werden es recht bald wissen.« Cato schob seinen Proviantbeutel hinter den Rücken und nahm den Pfad in Angriff, der sich den felsigen Hang hinaufwand. Gleich darauf schloss Macro sich ihm mit einem saftigen Fluch an.
Als sie höher hinaufkamen, gerieten sie in Nebel. Dann schienen sie von unten in die Wolken selbst vorzustoßen, und ein kalter Nieselregen rieselte herunter. Langsam wurde das Gelände flacher, und Büschel windgepeitschten Grases suchten Halt zwischen Felsblöcken und Geröll.
»Hübsch«, meinte Macro. »Aber die Aussicht wird es gewiss wert sein.«
»Aussicht?« Cato blickte sich um. »Darauf würde ich nicht zählen.«
Macro schüttelte den Kopf. »Ich dachte, du wärst hier der Meister der Ironie?«
Cato lächelte. »Tut mir leid.«
»Jetzt geht das schon wieder los … «
Sie fanden unter einem Felsüberhang etwas Schutz vor dem Wind und Regen, setzten sich dort, in ihre Militärumhänge gehüllt, hin und kauten etwas getrocknetes Rindfleisch aus ihren Proviantbeuteln. Die Stunden vergingen, und noch immer war der Himmel grau und regenverhangen. Dann aber rissen die Wolken allmählich auf, und ein schwacher Schimmer Sonnenlicht legte sich über den Berggipfel. Es hörte auf zu regnen, und zwischen den Wolken kamen Flecken blauen Himmels hervor. Weiter unten konnte man allmählich den Abhang des Berges erkennen, und schließlich wurde in der Tiefe, wo der Fuß des Berges in die Bucht tauchte, ein schwacher Schimmer des Meeres sichtbar. Schließlich wehte die frische Brise den Rest der Wolkendecke weg, und die beiden Centurionen hatten nun eine ausgezeichnete Sicht auf die andere Hälfte der Steintore – den Berg auf der gegenüberliegenden Seite der Einfahrt zur Bucht. Von dort schwenkte die
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