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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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ungehindert bewegen konnte. Jetzt, da Macro weg war, überkamen ihn die ersten Zweifel, ob die Vorgehensweise, auf der er bestanden hatte, wirklich so klug war. Wenn drei Männer den Pfad heraufkämen, wäre er eindeutig im Nachteil. Durch einen Überraschungsangriff könnte er einen Mann unschädlich machen. Wenn dann noch ein Gegner übrig bliebe, wäre Cato einem Kampf Mann gegen Mann wohl gewachsen. Aber gegen zwei Gegner fechten? Er hatte genug Kämpfe gesehen, um zu wissen, dass zwei Mann, wenn sie ihre Sinne beisammen hatten, einen auf sich gestellten Gegner fast immer besiegten. Vorausgesetzt, sie ließen sich Zeit und griffen ihn von zwei Seiten an. Cato traf eine Entscheidung. Falls er sich mehr als zwei Männern gegenübersehen sollte, würde er den Beobachtungsposten in Brand setzen und die Flucht ergreifen.
    Der Gedanke an Feuer brachte ihn in die Gegenwart zurück. Der Pirat, der auf dem Feuer vor sich hin kokelte, stank immer fürchterlicher. Cato sog die kühle Luft ein und schlüpfte dann in die Hütte. Drinnen ballte sich dichter Rauch, und der Gestank von verbranntem Haar und verkohltem Fleisch war ekelerregend. Cato biss die Zähne zusammen, beugte sich über die Fußknöchel des Piraten, zog ihn vom Kochfeuer herunter und schleifte ihn nach draußen. Wenn Cato den Feind überrumpeln wollte, musste er die Leichen der Posten verschwinden lassen. Fünfzig Schritte von der Hütte entfernt gab es eine Latrinengrube, und Cato zerrte die Leiche dorthin. Mit vor Ekel über den Gestank der Exkremente gerümpfter Nase wälzte er den Toten hinein. Als er zu dem Mann zurückkehrte, den er mit dem Stein getroffen hatte, stellte Cato fest, dass noch ein Rest von Leben in dem Piraten war.
    Einen Augenblick lang überlegte er, ob er ihm den Todesstoß versetzen sollte. Der Pirat war so oder so ein toter Mann: Er konnte keine Gnade von Vespasian erwarten, falls die römische Flotte heute siegte. Die Kopfverletzung schien so schwer zu sein, dass sie wohl irgendwann zum Tod führen würde, doch Cato konnte sich nicht dazu überwinden, das Leiden des Piraten zu beenden. Wenn es ein Kampf gewesen wäre, hätte Cato keinerlei Bedenken gehabt, den Mann rasch, effizient und ohne Gefühlsaufwand zu töten. Aber der Gedanke, einen hilflosen Menschen umzubringen, verstörte ihn. Es war irrational, solche unsinnigen Skrupel zu haben, schalt er sich selbst, packte den Mann unter den Schultern und schleifte ihn zur Latrinengrube. Der Pirat stöhnte leise, als Cato ihn über den steinigen Boden schleppte und auf seinen Kameraden kippte.
    Cato wandte sich rasch ab und kehrte zum ersten Mann zurück, den er auf dem Pfad getötet hatte. Als er die Leiche wegzog, sah er, dass der Boden blutgetränkt und der Felsbrocken daneben von Blut bespritzt war. Nachdem er die Leiche zu den anderen geworfen hatte, schnitt Cato ein paar Stoffstreifen von einem Umhang ab, der vor der Hütte lag, fand einen Trinkschlauch mit Wasser und kehrte zum Pfad neben dem Felsbrocken zurück. Er arbeitete rasch, schüttete Wasser über die Flecken und rieb sie mit den Lumpen weg … Der Feind konnte jeden Augenblick auftauchen. Schließlich meinte er, die Hinweise auf den Kampf ausreichend beseitigt zu haben. Das Wasser sickerte bereits in den Pfad ein und würde bald verschwunden sein. Jedenfalls würden die Piraten hier oben, auf dem einsamen Berggipfel, nicht mit Ärger rechnen. Die Bedrohung, gegen die sie sich wappneten, kam vom Meer her. Die Berge, die die Bucht säumten, waren schon für Macro und Cato, die mit möglichst leichtem Gepäck unterwegs waren, nur mühsam zu ersteigen gewesen. Dass eine schwer bewaffnete Truppe von Soldaten die steilen Hänge unentdeckt überwinden konnte, war praktisch ausgeschlossen.
    Nachdem er sich der Leichen entledigt und das Blut weggewaschen hatte, nahm Cato die Gelegenheit wahr, sich den Beobachtungsposten genauer anzusehen. Nicht weit von der Schutzhütte entfernt lief das Gipfelplateau schmal aus, und links und rechts fielen die Felsen steil ab. Von der Spitze hatte man freie Sicht auf die Küste zu beiden Seiten. Die Piraten hatten eine einfache Signalstation mit einem Mast errichtet, neben dem eine kleine Kiste stand. Cato klappte den Deckel auf und entdeckte Stoffbündel in verschiedenen leuchtenden Farben. Für ihn waren sie natürlich nutzlos, da er keine Ahnung hatte, was die jeweiligen Stander bedeuteten. Neben dem Mast war eine eigenartig aussehende Vorrichtung auf einen kleinen Pfosten montiert. Zwei

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