Die Prophezeiung des Adlers
reißen.«
»Siesagtenmir,siehättendieFlotteRavennasgeschlagen.Ichhabeihnendamalsnichtgeglaubt.«SecundusschütteltetraurigdenKopfüberdieseunwahrscheinlicheWendungdesKriegsglücks.WiealleRömerwarerindemGlaubenandierömischeUnbesiegbarkeitaufgewachsen.Catodagegen,deranvordersterFrontdesImperiumskämpfte,betrachtetedieerfolgreicheVerteidigungderReichsgrenzendurchdieweitauseinandergezogenenLegionenundFlottenalsdasreinsteWunder.
Secundus fuhr leise fort: »Anscheinend ist Telemachos’ hohe Meinung von sich selbst schließlich doch nicht unberechtigt.«
Cato schüttelte den Kopf. »Seine Glückssträhne ist vorbei. Seine Zeit ist abgelaufen, oder zumindest bald. Du wirst schon sehen. Jetzt sag mir aber, was ist nach den Verhören mit dir geschehen?«
Secundus zeigte mit der freien Hand auf seinen abgemagerten Körper. »Ich wurde in die Ställe geschickt, um mich um die Maultiere zu kümmern. Seitdem musste ich ständig ausmisten und alle drei Tage hier herauf. Erst ein verdammt riesiges Boot über die Bucht rudern, und dann ein mörderischer Fußmarsch diesen Berg hier herauf.«
»Wann wird man dich und die anderen vermissen?«
»Wir werden erst morgen zurückerwartet.«
»Das ist dann also kein Problem«, erwiderte Cato. »Erstaunlich, dass sie dich nicht richtig eingesperrt haben. Du hättest entkommen können.«
»Ich bin immer bewacht worden.«
»Verständlich. Du musst genug von diesem Stützpunkt hier gesehen haben, um nach deiner Auslösung nützliche Informationen weitergeben zu können.«
Secundus blickte zu Cato auf. »Wie kommst du auf den Gedanken, dass sie mich jemals hätten gehen lassen? Außerdem hat einer der Wächter mir erzählt, dass sie die Bucht bald verlassen wollten, um ein neues Versteck in der Nähe eines neuen Beutegebiets zu suchen.«
»Hat Telemachos jemals die Liberatoren erwähnt?«
»Er sagte, es seien noch weitere Parteien an den Schriftrollen interessiert.«
»Hat er vielleicht einmal den Namen ihres Beauftragten genannt?«
»Nein. Aber ich habe ihn, glaube ich, einmal gesehen.« Secundus erinnerte sich mit gerunzelter Stirn. »Ich belud gerade das Proviantboot, als ein Schiff einfuhr und einen Römer absetzte. Sie haben ihn unter Bewachung direkt in die Festung geführt. Seinen Namen kannte ich nicht.«
»Wie hat er denn ausgesehen?«
»Mitte dreißig, vielleicht vierzig. Mittelgroß … Er hatte nichts Auffallendes an sich. Bis auf die Narbe.«
»Eine Narbe? Was denn für eine?«
»Er hatte ein hochrotes Mal auf der Wange, wie eine Verbrennung … Tut mir leid, an mehr erinnere ich mich nicht.«
»Das reicht auch schon. Wenn ich diesen Mann vor dich bringen könnte, würdest du ihn dann wohl wiedererkennen?«
»Bei dieser Narbe? Ich denke schon.«
»Wenn ich richtig liege, heißt er Anobarbus. Sagt dir das etwas?«
»Nein. Tut mir leid.« Secundus senkte den Kopf und schnupperte an dem Eintopf im Essgeschirr. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie lecker das ist.«
»Es ist genug da, greif zu. Aber übertreibe es nicht. Narcissus wäre gar nicht zufrieden, wenn ich dich vor Folter und Sklaverei gerettet hätte, nur um dich dann mit Freundlichkeit umzubringen.«
Secundus lachte, atmete im falschen Augenblick ein und verschluckte sich an dem Eintopf. Der tropfte ihm aus der Nase, während sein Körper sich unter einem Hustenanfall krümmte. Cato sprang erschreckt auf, eilte zu ihm und schlug dem Mann kräftig auf den mageren Rücken. Er hob die Hand ein weiteres Mal, doch Secundus entzog sich ihm.
»Genug! Alles in Ordnung! Mit mir ist alles in Ordnung. Das ist nicht nötig.« Er hustete noch ein paarmal und blickte dann mit einem leisen Glucksen zu Cato auf. »Tut mir leid, aber ich habe schon seit Monaten nicht mehr gelacht. Das habe ich nicht gewagt. Danke.« Er lächelte. »Jetzt fühle ich mich schon viel besser. Fast wieder wie ein Mensch. Danke, Centurio Cato.«
Einen Augenblick lang überwältigte Secundus die Erleichterung, und in seinen Augen schimmerten Tränen. Er wischte sie rasch weg, stellte das Essgeschirr hin und stand auf.
»Ich lege mich jetzt schlafen.«
»Tu das.« Cato lächelte. »Morgen könnte nämlich ein sehr langer Tag werden.«
Bei Tagesanbruch kam Cato plötzlich aus tiefem Schlaf zu sich und war sofort hellwach. Er war lange genug Soldat, um beim Aufwachen keine Schläfrigkeit zu empfinden. Er warf die Schlafdecke eines der Piraten von sich, die er aus der Hütte geholt hatte, war gleich darauf auf den Beinen und reckte sich.
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