Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Morgen habe ich den Rest der ersten Flasche Goldwasser verbraucht.“
„Bleiben drei Flaschen.“ Callums Gesicht wurde ernst. „Genügend Zeit. Noch sind bei Weitem nicht alle alten Quellen gelesen. Mehr als dreißig Limarten beteiligen sich an der Suche. Wir werden schon auf was stoßen.“
Jason sog das Ende eines Spargelgemüses durch die Lippen. „Hoffentlich. Irgendwie finde ich es frustrierend, dass wir so überhaupt nicht weiterkommen. Immer üben, üben, üben und nie anwenden.“
Callum grinste. „Ich glaube, Jason braucht heute Nachmittag eine Pause. Wie wäre es mit einem kleinen Ausritt, Erdling?“
Jasons Übellaunigkeit verflog augenblicklich. Die Ausflüge mit Callum und Nickala waren für ihn das Größte auf Tandoran.
„Ich kann leider nicht“, sagte Nickala. „In einer Stunde findet ein Taktiktraining mit fünfundzwanzig anderen Kampflimarten statt. Und danach steht doch das Korbballturnier an.“
Sie wendete sich an Callum: „Kommst du nicht auch? Shalyna spielt mit und du solltest etwas Interesse an ihrem Leben aufbringen. Sie ist immer noch enttäuscht darüber, dass es für sie nach Jasons Ankunft nun langsamer vorangeht.“
Callum winkte ab. „Sie beruhigt sich schon. Und heute Nachmittag arbeitet sie mit ihren Kindern, das wird sie aufmuntern. Ich tue, was ich kann. Aber die Arbeit an der Prophezeiung geht vor.“
Nickala erhob sich und nahm das Tablett vom Tisch. „Versuch einfach zu kommen. Sie würde sich freuen. Ich spiele übrigens auch.“ Mit einem kecken Seitenblick stolzierte Nickala in Richtung Geschirrabgabe. Die Farbe ihres langen Gewandes wechselte dabei von einem dunklen Rot zu einem erdfarbenen Grün. Jason war sich sicher, dass solche Kleider auf der Erde den Modemarkt umkrempeln würden. Kleidung, die auf Wunsch ihre Färbung ändert - auf Tandoran ganz normal.
Callum schaute ihr wehmütig nach. Dann wendete er sich abrupt zu Jason: „Wir sollten heute wirklich eine Pause in der Theorie einlegen. Eine Ablenkung unterstützt die Aufnahme des Wissens im Gehirn. Ich weiß auch schon das passende Ziel für so einen heißen Tag.“
***
Sie ließen sich Zeit auf dem Weg zu den Ställen und schlenderten durch die engen und belebten Gassen. Jedes Mal entdeckte Jason Neues. Heute fiel sein Blick als erstes auf einen verkrüppelten Greis, der auf einem Stein hockte. Die Beine fehlten ab den Knien, seine Haut erinnerte an ausgetrocknete, harte Wüstenböden. Während sie auf ihn zugingen, glotzte er noch verschlafen, fast starr vor sich hin. Doch als er Jason erblickte, richtete er sich auf und schimpfte mit krächzender Stimme: „Die Frauen. Die Frauen. Sie sind die Wurzel allen Übels. Die Männer verfallen ihnen und verlieren den Verstand. Höre, höre, Junge.“
Jason wich erschrocken zur Seite und blickte Callum Hilfe suchend an. Dieser schritt auf den Alten zu und redete grinsend auf ihn ein. „Es ist alles gut, Calvan. Das ist Jason von der Erde, er verfällt keiner Frau. Alles ist gut.“ Er winkte Jason zu sich.
Unsicher näherte dieser sich dem verwirrten Alten. Blinzelnd schaute der Greis zu dem Erdenmenschen auf, hob zitternd seine welke Hand und richtete sie auf Jasons Mund. Callum deutete Jason, näher heranzugehen. Er beugte sich vor und die Hand des Alten glitt in kurzem Abstand bei geschlossenen Augen über seinen Kopf. Mit einem Mal verharrte er, verzog schmerzerfüllt das Gesicht und ruckte seinen Arm nach unten. Erschrocken starrte er auf Jason, der abwechselnd zu Calvan und zu Callum blickte.
„Kennst du deine Schatten, Junge? Die dunklen Geister in dir?“ Calvans Miene wechselte zu einem traurigen Ausdruck. Ein Speicheltropfen lief an seinem Kinn hinab. „Ich möchte nicht mit dir tauschen. Aber meinen Segen hast du.“
Dann wendete er sich ab, band sich künstliche Beine um und verschwand hinkend in einer Gasse. Das Tacken seines Stockes verhallte erst, als er um die nächste Ecke gebogen war.
Der rothaarige Meisterschüler von Allando schaute ihm nachdenklich hinterher und sagte: „Calvan ist ziemlich verrückt und manchmal einen Tick weise. Oft beinhalten seine Sätze einen Funken Wahrheit. Früher besaß er Zugang zum Reich der Zukunft. Aber er wagte sich zu weit in die verworrenen Weiten dieser Räume, darüber ist er geistig zerbrochen. Er meidet seitdem die Gesellschaft anderer Menschen. Wir sollten uns von seinen Worten nicht bange machen lassen.“ Grinsend drehte er sich zu Jason. „Und wir haben doch auch keine Angst,
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