Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Kette aus Gaphirsteinen um seinen Hals verdoppelt. Ethan spürte, dass er nun nicht mehr über einen Hauch an Limar verfügte. Tiefe Niedergeschlagenheit war alles, was ihm noch blieb.
Nur eines könnte ein Hoffnungsschimmer sein: Sein Bruder hatte ihn nicht mit der Todesnachricht von Jason gequält. Er dürfte also nach wie vor leben. Und darum musste Ethan einen Weg finden, aus dieser Festung zu entkommen. Leider war das nun schwieriger denn je.
***
„Ahh, ... Ala ...“ Jasons bekam nur ein heiseres Krächzen aus seiner Kehle. Er holte tief Luft. „Aaaaalllaaaarm! Wacht alle auf!“, schrie er so laut er konnte.
Keiner der Krieger vor ihm rührte sich. Das nächste Pferd stand schon mit den vorderen Hufen in dem lauernden Blütenkelch. Jason sprang aus dem Sattel und brüllte weiter aus Leibeskräften.
Seron versuchte bereits, das erste Pferd am Schwanz zurückzuziehen, erreichte aber nur eine Verlangsamung. Trotzdem er seine Vorderläufe in den Boden stemmte, wurde er Zentimeter um Zentimeter weitergezogen. Seine Augen blickten Hilfe suchend zu Jason.
„Wacht auf, wacht auf!“ Er überholte die Reiter vor ihm und boxte im Vorbeigehen den Soldaten kräftig auf den Oberschenkel. Ohne abzubremsen lief er an Seron vorbei in das geöffnete Blütenmaul hinein, und packte die Zügel des mittlerweile fast vollständig eingetauchten Hengstes. Dabei versank er knöcheltief in der fleischigen Masse im Inneren des Kelches.
Endlich kam das Pferd des Soldaten zum Stillstand und folgte träge den von Jason nach hinten gezogenen Zügeln. Doch die Pflanze wollte ihre sicher geglaubte Beute nicht hergeben. Zuckend versuchte sie, ihren Fangkorb zu schließen. Schon hob sich das unten liegende Blattmaul vom Boden ab. Jason geriet ins Stolpern, doch der Hengst schien nun die Gefahr erkannt zu haben. Ängstlich bockte er sich auf und rutschte nach hinten aus der Pflanzenfalle heraus. Dabei kam er ins Straucheln und kippte um. Jason wurde am Zügel mit hinausgeschleudert und landete unsanft neben dem Pferdeleib.
Dessen Reiter hatte nicht so viel Glück. Sein rechtes Bein wurde unter dem schweren Pferdekörper begraben. Er stieß einen gellenden Schmerzensschrei aus. Jason rappelte sich auf und eilte dem Mann zu Hilfe. Mit aller Kraft drückte er das sich am Aufstehen befindende Pferd von dem am Boden eingeklemmten Soldaten weg.
Mittlerweile waren auch die nachrückenden Reiter aus ihrer Trance erwacht und hielten an. Verwirrt um sich schauend glitten ihre Blicke von dem riesigen Blütenkelch zu ihrem verletzten Kumpanen im Dreck. Glücklicherweise handelte es sich um exzellent ausgebildete Leute. Diszipliniert erfassten sie die Lage und gerieten nicht in Panik.
Callum und Shalyna sowie der Hauptmann der Gruppe, Meilon, eilten nach vorne zu Jason.
„Was ist hier passiert?“, fragte Callum. „Ich muss im Sattel eingeschlafen sein.“ Er blickte - immer noch benommen - von dem am Boden liegenden Mann zu Jason, der den unters Pferd gekommenen Soldaten bereits untersuchte. Es waren keine inneren Organe verletzt.
„Eine Falle.“ Jason deutete auf das offen stehende Kelchmaul, welches warnend von Seron angeknurrt wurde. „Es hängt mit diesem Gestank zusammen. Er sollte uns dort hineinlocken. Mindestens einen hat es erwischt. Ich konnte sehen, wie die Pflanze ihn komplett mit seinem Hengst verschlungen hat.“
„Desmodromia.“ Rhodon näherte sich vorsichtig der Kelchöffnung. Das gelbfleischige Innere sah bei näherem Betrachten wie eine überdimensionierte Zunge aus. „Das haben wir nun davon, dass wir deren Ausdünstungen so tapfer akzeptiert haben. Eigentlich kommt diese fiese Pflanze nur auf Landinseln im Westen vor. Da, wo die riesigen Viecher hausen. Ich hab noch nie von einer in den Südlanden gehört.“
„Schon vor Jahrhunderten wurde die letzte ihrer Art bei uns ausgerottet. Der Wind muss die Samen hierher getragen haben. Wir sind ja nicht weit von der Küste entfernt“, mutmaßte Meilon. Er stand mit gezogener Klinge hilflos vor dem Pflanzenmaul.
„Können wir irgendetwas tun, um den Mann zu retten?“, fragte Nickala und trat mit tränenfeuchten Augen an die riesige Öffnung.
„Leider nicht.“ Callum schritt seitwärts am Schlund vorbei und schlug einige der gezackten Blätter mit seinem Schwert ab. Sofort zuckte der Kelch auf ihn zu. Er hüpfte nach hinten und hielt die Klinge schützend in Richtung des fleischfressenden Riesengewächses. „Dieses Monster schluckt seine Beute direkt in seine
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