Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
herausgeholt. Es zeigte seine Mutter und seinen Vater bei einer gemeinsamen Yoga-Übung. Beide standen auf einem Bein und drückten den jeweils anderen Fuß gegen den Oberschenkel des Standbeines. Die Hände hielten sie vor der Brust zusammengepresst, wie es bei den Indern zur Begrüßung üblich war. Ein wenig erinnerte Jason die Formation der beiden an einen Weihnachtsbaum.
Marga Lazar schaute am Arm von Jason vorbei auf das Foto. „Seit Franka von Tandoran zurückgekehrt war, hat sie jeden Tag Yoga geübt. Meist zusammen mit Ethan.“ Jason hatte daran nie Interesse gezeigt und seine Eltern hatten ihn auch nicht gedrängt, bei den Verrenkungen mitzumachen.
„Diese Übungen gehören auch mit zur Ausbildung zum Limarten.“ Allando ließ sich lächelnd in einen Sessel fallen.
Jason packte die Fotos und den Tharidium-Gaphir zurück in die Schatulle. Fragend schaute er zu Allando: „Warum weiß eigentlich niemand auf der Erde etwas von Tandoran? Warum haltet ihr die Existenz der Sternentore geheim?“
Allando antwortete nur knapp: „Wir fürchten, dass einige Staaten Begehrlichkeiten in Bezug auf Tandoran entwickeln könnten. Aber ich denke, wir sollten jetzt schlafen. Morgen wird ein langer und anstrengender Tag. Unsere Sinne müssen hellwach sein. Ich schlage vor, wir stehen um halb 5 auf, frühstücken und rufen uns dann ein Taxi.“
„Ich übernehme die erste Wache bis Mitternacht, Meister.“ Callum war aufgestanden und hatte sich in Richtung Fenster begeben. „Ich könnte das Limar aus eurem Gaphir nutzen, um ein Wachschild zu weben. Dieser würde uns zumindest warnen, wenn Aran in die Nähe des Hauses kommt.“
„Eine vernünftige Idee. Aber wir sollten uns auch vor den anderen Helfern des dunklen Kaisers hüten.“ Mit diesen Worten nahm Allando die Kette um seinen Hals ab. Sie hielt einen grünlich schimmernden Gaphirstein in Form eines Obelisken. Callum umschloss ihn mit den Fingern. Obwohl das Licht des Gaphirs nicht sonderlich hell leuchtete, konnte man seinen Schein durch die geschlossene Hand erkennen.
„Nun denn, wenn weiter nichts zu tun ist, wünsche ich allen eine gute Nacht“, sagte Jason.
„Komm mein Junge, lass dich noch einmal zur Nacht drücken. Wer weiß, wann ich wieder Gelegenheit dazu haben werde.“
Jason schloss seine Oma kurz, aber herzlich in die Arme und stiefelte dann aufgeregt die Treppe hinauf. Er wollte auf jeden Fall noch Fotos von Ben, seinem Vater, seiner Mutter und Oma einpacken. Ein Kribbeln breitete sich in seinem Bauch aus.
***
Mit wehmütigem Blick verfolgte Marga Jasons Verschwinden nach oben. Callum konnte sich gut vorstellen, wie es in ihr rumorte.
„Hach. Leben heißt auch Abschied nehmen. Zu oft, wenn ihr mich fragt. Zu oft“, seufzte Marga.
„Wohl wahr, liebe Frau Lazar.“ Allando blickte nickend zum Fenster hinaus.
„Nennen Sie mich doch Marga, Frau Lazar hört sich so förmlich an.“
Allando beugte kurz seinen Kopf. „Gerne, ich bin Orman.“ Er lächelte ihr zu. Dann fuhr er fort: „Glaubt mir, gerne bitte ich Jason nicht um Hilfe. Mir sind die Gefahren nur zu bewusst. Aber in meiner Position bin ich gezwungen, Unterstützung von anderen zu fordern. Ich hoffe, ich werde diese Entscheidung nicht bereuen. Ethan und ich waren gute Freunde.“
Mit einem Seufzer lehnte er sich im Sessel zurück. Callum wusste, wie sehr es sein Meister hasste, über andere Leben zu bestimmen. Und zu lügen. Er hatte nichts von der letzten Zeile der Prophezeiung erzählt.
Allando blickte wieder zu Marga: „Aber oftmals ist der Abschied auch ein Neubeginn. Für Jason wird sich eine völlig neue Welt auftun. Ich bin gespannt, wie er es verarbeitet. Franka hat sich damals wunderbar auf Tandoran eingelebt. Für sie war es das Paradies. Sie war aber auch um einiges älter. Und unbekümmerter, wenn ich mir jetzt schon dieses Urteil erlauben darf.“
„Das dürft ihr. In der Tat, Jason macht sich wesentlich mehr Gedanken als seine Mutter. Wahrscheinlich hat er das von seinem Vater geerbt. Und durch den Tod seines besten Freundes hat er viel von seiner Lebensfreude verloren. Er tut sich oft nicht leicht. Trotzdem meine ich, dass er sich schnell auf Tandoran einleben wird. Er besitzt einen großen Forscherdrang, ich habe genug von eurer Welt gehört, um zu wissen: Dort wird es ihm gefallen.“
Marga schaute auf die Uhr. Es war kurz vor neun. „Ich werde euch oben ein Zimmer richten. Es liegt gleich rechts neben der Treppe. Am Ende des Flurs findet ihr das
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