Die Prophezeiung von Umbria
ersten Hämmern an die Tür war es unten still geworden. Zu still. Das verhieß nichts Gutes.
Jetzt konnte er Gemurmel vernehmen, verstand aber kein Wort. Was geschah dort unten? Wurden Langbard und Maura vielleicht verhört? Sie hatten zwar viel für ihn getan und einiges riskiert, aber Rath gab sich keiner Illusion hin. Wenn das Cottage umzingelt war, mussten sie ihn verraten, wenn sie mit einigermaßen heiler Haut davonkommen wollten.
So
dringend brauchten sie seine Hilfe nun auch wieder nicht.
Schließlich verstummten die Stimmen. Rath hörte, wie die Cottagetür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Doch das konnte auch eine List sein. Darauf würde er nicht hereinfallen. Lieber sollten sie in seine Falle tappen.
Also drückte er sich nahe der Tür an die Wand und lauschte auf das kleinste Geräusch, das anzeigen würde, dass sie kamen, um ihn zu holen.
Dann hörte er es. Leise öffnete sich die Tür. Rath war bereit anzugreifen.
Als es laut an die Tür klopfte, begann Mauras Herz zu rasen.
Rasch warf sie sich einen Schal um und ging, um zu öffnen. Sie hoffte, dass das Klopfen Rath aufgeweckt hatte und er hoffentlich so klug war, sich zu verstecken. Währenddessen würde sie versuchen, eine Hausdurchsuchung hinauszuzögern.
Sie zog den Riegel zurück, öffnete die Tür einen Spalt und rief zornig: “Ist das nötig? Solch einen Krach zu machen zu dieser …”
Bevor sie ihren Satz noch zu Ende sprechen konnte, wurde die Tür aufgestoßen, und jemand stürzte auf sie zu. Instinktiv hatte Maura die Arme gehoben, um sich zu schützen, bis sie ihre Freundin Sorsha erkannte.
“Dem Allgeber sei Dank! Dir ist nichts geschehen!” Erleichtert schloss Sorsha sie in die Arme. “Ich hatte solche Angst, nachdem ich gehört hatte, was gestern im Betchwood-Wald geschehen war.”
“Langbard und ich sind wohlauf”, versuchte Maura die besorgte Freundin zu beruhigen.
“Ist denn im Betchwood-Wald etwas passiert?”
Sie bat Sorsha herein und schloss die Tür. Sorsha würde Verdacht schöpfen, wenn Maura sie zu dieser Stunde nicht zu einem Becher Eisminztee einladen würde.
“Hast du denn gestern Abend nicht den Tumult gehört? Das blutrünstige Gebell?” Sorsha schauderte, während sie sich auf ihrem gewohnten Platz an dem kleinen Tisch niederließ.
Maura zuckte mit den Schultern. “Du kennst doch Langbard. Wir versuchen, all diesen schlimmen Dingen keine Beachtung zu schenken, und hoffen, dass es umgekehrt genauso ist.”
Sie schaute nach, ob noch Wasser im Kessel war, und zündete das Feuer an.
“Schön und gut, aber manchmal kommen die Unannehmlichkeiten zu dir. Die verdammten Hunde haben drei unserer Lämmer gerissen, bevor Newlyn sie verjagen konnte.”
Beinahe ließ Maura das Töpfchen mit den Teeblättern fallen. “Ist Newlyn in Ordnung?”
Sie war gestern so erleichtert gewesen, dass die Hunde ihre alte Spur aufgenommen hatten, wobei sie nicht daran gedacht hatte, wohin diese Spur führte – zur Hoghill-Farm.
“Nur ein oder zwei kleine Verbrennungen an den Händen. Er hat noch einmal Glück gehabt”, antwortete Sorsha erleichtert.
“Verbrennungen?”
Sorsha lachte grimmig. “Newlyn hat die Viecher mit hell lodernden Fackeln bekämpft. Hat ihnen so richtig eingeheizt. Jedenfalls genug, dass sie schließlich jaulend die Flucht ergriffen, diese Teufel.”
Mauras Bewunderung für Newlyn wuchs. Sie hätte es sich nie verzeihen können, wenn ihm oder seiner Familie etwas geschehen wäre.
“Bevor du gehst, gebe ich dir noch etwas Marschkrautsalbe gegen seine Verbrennungen mit.” Sie gab Teeblätter in die Kanne und setzte sich zu Sorsha, während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte. “Und auch den Königinnenbalsam für Prin Howens Jungen.”
Während ihre Freundin Einzelheiten über den Angriff der Han berichtete und sie dabei mit allen Flüchen belegte, die ihr einfielen, lauschte Maura immerzu mit einem Ohr auf Geräusche aus dem Raum über ihnen.
“Newlyn sagt, es tat ihm richtig gut, es diesen ekelhaften Bestien einmal mit gleicher Münze heimzuzahlen.” Sorshas sonst so sanfte Augen funkelten zornig. “Nachdem er im Bergwerk Zeuge solch entsetzlicher Dinge geworden war, der arme Kerl.”
Der schrille Pfeifton des kochenden Wasserkessels ließ Maura aufspringen. Seit fünf Jahren hatte Sorshas Mann sich auf Hoghill eine friedliche, für ihn lebensnotwendige Zuflucht geschaffen. Man konnte dabei leicht vergessen, dass er als ein verzweifelter, gebrochener Flüchtling
Weitere Kostenlose Bücher