Die Prophezeiung von Umbria
Treppe hinunterstürmte, schenkte Langbard Rath ein Lächeln, wie dieser es bisher nur bei kleinen Kindern oder bei sehr naiven Menschen gesehen hatte. “Glaub mir, Junge, sie wird dich noch lieb gewinnen.”
“Ob sie mich mag oder nicht”, knurrte Rath, “mir ist das völlig gleich.”
In den nächsten Tagen sorgte Langbard dafür, dass Maura viel zu tun hatte. So kam sie gar nicht dazu, viel über Rath nachzudenken. Glücklicherweise sah sie ihn auch nicht allzu oft, wofür wahrscheinlich auch Langbard sorgte. Sicher wollte er den Hausfrieden nicht gefährden.
Zu Mauras Erstaunen funktionierte seine Taktik. Gegen ihren Willen gewöhnte sie sich mehr und mehr daran, dass Rath immer irgendwo in der Nähe des Cottage zu finden war.
Seit jenem Morgen hatte er sie nicht mehr in Angst versetzt. Doch sie erinnerte sich nur zu gut an seinen festen Griff und die Hitze seines fast nackten Körpers. Und wenn sie zu lange daran dachte, wurde ihr selbst unangenehm heiß.
So wie jetzt zum Beispiel.
Sie hörte die beiden Männer kommen und beugte sich schnell über den Herd und rührte den Eintopf um.
Rath schnupperte. “Riecht gut! Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so viele Tage hintereinander so gut gegessen habe.”
Das Lob freute Maura mehr, als ihr lieb war. “Ihr habt hart gearbeitet”, antwortete sie kühl. “Man sagt, Hunger sei der beste Koch.”
Rath lachte verächtlich. “Wer das sagt, musste sicher noch nie essen, was ich in den letzten Jahren zu mir genommen habe.”
“Vielleicht hättet Ihr nicht solche Sachen essen müssen, wenn Ihr Euch früher dazu bequemt hättet, einer ehrlichen Arbeit nachzugehen.”
Er verzog den Mund. “Gebt acht, wen Ihr da verdammt und wofür Ihr ihn verdammt. Vielleicht kommt einmal der Tag, wo auch Ihr zwischen unehrenhaftem Überleben und ehrenhaftem Verhungern wählen müsst.”
Maura ärgerte sich, dass Langbard sie mit einem amüsierten Lächeln beobachtete.
Jetzt mischte er sich ein. “Kommt, kommt, ihr beiden. Habt Mitleid mit meinen alten Ohren und hört auf zu zanken.”
Er ließ sich in seinen Sessel fallen. “Außerdem haben wir Wichtigeres zu besprechen. Ich habe entschieden, dass wir spätestens übermorgen nach Prum aufbrechen müssen.”
“So bald schon?” Maura wurde das Herz schwer.
Verzweifelt klammerte sie sich an den letzten Rest von Normalität und begann wie jeden Tag, das Essen aufzutragen. Langbard sprach den rituellen Segen über ihr Mahl.
“Ich bin bereit, wann immer Ihr es befehlt.” Rath betastete seinen Arm. “Keiner würde glauben, dass mich da auch nur eine Fliege gestochen hätte, viel weniger noch der Pfeil eines Han.”
“Ich freue mich, dass es so gut geheilt ist. Aber das verdankt Ihr Maura. Sie hat Euch die Umschläge gemacht.”
Rath verbeugte sich anerkennend vor Maura. “Und wieder einmal stehe ich in Eurer Schuld, werte Dame.”
“Passt auf, dass Eure Haare nicht in den Eintopf fallen, wenn Ihr Euch so tief verbeugt.”
Schnell wechselte Langbard das Thema. “Ich möchte, dass ihr beiden morgen nach Windleford geht, um Reiseproviant zu kaufen.”
Entsetzt ließ Maura den Löffel fallen. “Ich soll in Begleitung eines Gesetzlosen durch Windleford spazieren? Was, wenn die Soldaten ihn sehen?”
Rath nickte. Zum ersten Mal war er mit Maura einer Meinung.
Langbard wischte ihre Bedenken beiseite. “Dagegen habe ich einen kleinen Zauber.”
“Du hast gesagt, wir dürften unsere Sturmvogelfedern nicht verschwenden.”
“Es ist etwas ganz anderes”, erwiderte Langbard. “Es lässt den Körper in der Menge verschwinden. Umbrianer werden euch sehen und hören können. Doch die Han werden euch nicht bemerken, solange ihr nicht ihre Aufmerksamkeit auf euch zieht.”
“Hundertblütenblume! Ich hätte es wissen müssen.”
Seit ihrer Kindheit hatte Langbard immer ein wenig von diesem Zauber über sie gestäubt, bevor sie das Haus verlassen hatte. Er behauptete, die Hundertblütenblume schütze sie vor allen möglichen Krankheiten, während sie durchs Dorf streifte. Wenn sie jetzt ihr Leben überblickte, so konnte sie all die verborgenen Maßnahmen erkennen, die Langbard bereits damals für die Zeit getroffen hatte, die jetzt angebrochen war.
“Ich sehe nicht ein, wieso wir beide gehen müssen.” Maura schob ein Stück Karotte mit dem Löffel in ihrer Schüssel hin und her. “Seit Jahren mache ich alle Einkäufe allein, ohne dass du etwas daran auszusetzen hattest.”
Es würde ihr
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