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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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wollte er zu Ende bringen, was Maura begonnen hatte.
    Den Dolch stoßbereit in der Hand, beugte er sich über den bewusstlosen Han, welcher der Tür am nächsten lag. Der Helm war ihm vom Kopf gefallen. Rath fühlte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte, als er das junge, weiche Gesicht betrachtete. Plötzlich war ihm, als hätte Maura einen Bindezauber über seine Hand mit dem Dolch gelegt.
    Er sagte sich, dass dieser Junge an seiner Stelle keinen Moment lang zögern würde, ihm die Kehle durchzuschneiden. Er rief sich das alte Sprichwort aus dem Diesseitsland ins Gedächtnis, das besagte, dass nur ein Narr einen verwundeten Feind verschonte. Der Gedanke, dass jede Gnade, die er dieser jungen Viper gegenüber zeigte, Maura in Gefahr bringen konnte, ließ ihn fast sein dummes Zögern aufgeben.
    Aber nur fast.
    Solch eine
Hilfe
würde sie ihm nicht danken. Doch eigentlich sollte ihn das kein Jota kümmern und ihn noch weniger dazu bringen, sein eigenes Überleben aufs Spiel zu setzen.
    Wenn er noch länger hier bliebe, würde er dem Schlafzauber erliegen. Er musste jetzt tun, weshalb er gekommen war, oder machen, dass er raus kam. Mit einer heftigen Bewegung hob Rath den Dolch und hieb zu.
    Dann packte er seine Trophäe – ein langes Bündel hellblonder Haare, die er dem schlafenden jungen Krieger abgeschnitten hatte. Eines Tages würden sie sich vielleicht auf dem Schlachtfeld begegnen und Rath würde keine Gnade kennen. Doch das wäre dann ein fairer Kampf und kein kaltblütiger Mord. Er ging rasch zu den beiden anderen Soldaten und holte sich auch dort seine Beute.
    Als er zu dem Echtroi kam, zögerte Rath wieder. Er hatte die Schreie der alten Frau gehört. Mit einem Satan wie diesem hier Mitleid zu haben, wäre mehr als Narrheit. Es wäre eine Art Niederträchtigkeit.
    Um sich selbst davon zu überzeugen, dass das hier kein Junge war, den man verschonen sollte, zog Rath dem Magier die schwarze Kapuze ab. Was er sah, verursachte ihm Übelkeit.
    Die Haut war aschgrau, bis auf die dunklen Ringe unter den Augen. Und diese Haut war so straff über die Knochen gezogen, dass der ganze Kopf wie ein sauber abgenagter Totenschädel aussah. Der Magier besaß keine Haare. Er hatte keine Augenbrauen, keine Wimpern, nicht den leisesten Hauch eines Bartes.
    Das war weniger das Gesicht eines Mannes, der andere leiden ließ, sondern eines Mannes, der selbst Leiden erfahren hatte, Tag für Tag, über unendlich lange Zeit. Vielleicht wäre es sogar eine Gnade, ihn zu töten.
    In diesem Augenblick hörte Rath über sich ein schwaches Geräusch. Sein Blick fiel auf die schmale Treppe, die links von ihm an der Wand empor führte. War die Frau vielleicht so gewitzt gewesen, sich direkt vor der Nase ihrer Feinde zu verstecken? Beziehungsweise über ihren Köpfen?
    Rath stopfte die Haarmähnen der Han in die schwarze Kapuze des Schwarzmagiers, stopfte sie in seinen Gürtel und ging zur Treppe. Da stieß sein Fuß gegen etwas. Es war ein Kupferstab, an dessen Spitze ein Glutstein funkelte.
    “Gut, gut!”
    Ohne zu zögern, hob er ihn auf und steckte ihn ebenfalls in seinen Gürtel. Ob der Magier ohne seine Waffe jetzt wohl immer noch so viel Furcht erregte?
    Als er sich wieder aufrichtete, wurde ihm schwindlig. Besser, er sah rasch nach, wer da oben steckte, sonst würde er bald schnarchend neben seinen Feinden liegen.
    Er nahm drei Stufen auf einmal und tappte dann durch den dunklen Raum, zu dem die Treppe geführt hatte. Mehr als einmal stieß er sich den Kopf an der niedrigen Decke und stolperte über Möbelstücke. Das Geräusch muss ich mir wohl eingebildet haben, dachte er und tastete sich seinen Weg zur Treppe zurück. Wieder stolperte er über etwas und fluchte leise vor sich hin.
    Da bewegte sich das Bündel, über das er fast gefallen wäre, und stöhnte.
    Die Erregung über seinen Fund ließ ihn wieder munter genug werden, einen dürren Arm zu packen und sich die Person, wer immer sie sein mochte, über die Schulter zu hieven. Irgendwie brachte er es fertig, die Treppe hinunterzugehen, ohne sich das Genick zu brechen oder seine Last fallen zu lassen.
    Der junge Han schien langsam aufzuwachen und kämpfte gegen die unsichtbaren Bande, die ihn gefangen hielten. Als er Rath die Treppe herunterkommen hörte, warf er ihm einen Blick voll eiskalter Wut zu.
    “Mach mich sofort los, Minderling”, schnauzte er ihn auf Comtung an.
    Rath betrachtete ihn angeekelt. Wie hatte er nur mit diesem Burschen Mitleid haben können!
    Er stellte

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