Die Prophezeiung von Umbria
Stoff mit voller Kraft wieder und wieder auf einen großen glatten Stein zu klatschen. Als sie ihr Gewand endlich lange genug durchgewalkt hatte, hing sie es über einen Ast zum Trocknen auf.
Dann schlüpfte sie aus ihrem Unterkleid und Hemd. Sie wusste, dass Rath sie in der Dunkelheit nur erahnen konnte, und doch machte es sie verlegen, weil das Rascheln ihrer Kleider verriet, was sie tat.
Sie erinnerte sich an seine Worte, und dabei wurde ihr so heiß, dass selbst die Nachtluft keine Kühlung brachte.
Langsam ließ sie sich ins Wasser gleiten. Seine angenehme Wärme und die Stille der Nacht halfen ihr, etwas ruhiger zu werden. Sie löste die Schnur, die ihre Haare zusammenhielt, warf den Kopf zurück und genoss es, wie das Wasser ihr Haar umspielte. Es war ihr, als würde sie zum ersten Mal die majestätische Schönheit des Nachthimmels sehen. “Wie die Sterne heute Nacht strahlen”, flüsterte sie vor sich hin und hatte Raths Gegenwart fast vergessen. “Wie das Auge des Schlachtrosses funkelt! Ich kann mir vorstellen, dass es all seine Schnelligkeit aufbringt, um mit seinem Herrn hinter dem Schwarzen Untier von Ursind herzujagen.”
Vor dem Schlachtross mit seiner wild wirbelnden Mähne aus winzigen Sternen lauerte eine dunkle, sternenlose Leere, die Maura an einen drohend geöffneten Rachen erinnerte, bereit, jeden Funken Licht am Himmel zu verschlingen.
“Ich kenne auch die Namen der Sterne”, erklang jetzt Raths Stimme von der anderen Seite des Teiches her. “Und welche Bahnen sie im Laufe des Jahres ziehen. Aber bei dir klingt es, als würden sie Geschichten erzählen.”
“Das tun sie auch.” Während Mauras Blick über den Himmel wanderte, fielen ihr all die Legenden wieder ein, die Langbard ihr erzählt hatte, und mit ihnen kam das bittersüße Gefühl, ihm noch einmal nahe zu sein. “Das Schlachtross trägt Lord Velorken, der das Schwert emporhält.”
Sie deutete auf die lange Reihe strahlend heller Sterne, die nach Norden zeigte.
“Ich vermute, Die Hunde folgen ihm auf den Fersen, während Die Falken über ihm kreisen, bereit, jederzeit zuzustoßen?”
“Genau.”
“Und wer ist dieser Lord Velorken?” Rath sprach jetzt wieder in einem wärmeren, unbefangeneren Ton mit ihr, wofür Maura ihm dankbar war. Doch sie wusste, dass es nur wenig bedurfte, und die beunruhigende Anziehungskraft, die sie aufeinander ausübten, würde wieder ihre Wirkung zeigen.
“Als die Welt noch neu war …”, Maura genoss die Worte, mit denen so viele der alten Geschichten begannen, “… und die Kinder des Nordens und die Kinder des Südens alle einem Clan angehörten, grub sich das Schwarze Ungeheuer von Ursind durch die Erde und warf diese Berge hier auf. In seiner Wut ließ es die Erde erbeben und spuckte Feuer und Tod aus. Die alten Schriften sagen, dass es das Untier war, das das Metall und die Edelsteine mit der Todesmagie vergiftet hat. Velorken war der Herr des Großclans. Er stieg in die Schneeberge hinauf und flehte den Allgeber an, das Untier zu zerstören und die Welt von dem Bösen zu befreien. Als er am nächsten Morgen erwachte, fand Velorken ein Zauberpferd vor, zweimal so groß wie ein normales Pferd. Es rannte schneller als der Wind und sprang so hoch, dass man meinen konnte, es flöge ohne Flügel. Neben diesem Zauberpferd fand er noch ein Schwert. Es war so scharf, dass man damit mit dem leichtesten Schlag Felsen spalten konnte. Einen Falken, der hatte so scharfe Augen, dass er von der Küste Westbornes bis zu den Vestan-Inseln sehen konnte. Und einen Hund, dessen Nase war so fein, dass er einen Fisch auf dem Grunde des Stroms riechen konnte.
Mit diesen Zaubergaben bewaffnet jagte Velorken das Untier unter dem Gebirge hervor und verfolgte es von Tarsh bis in die Wüste und zurück. Du kannst dir vorstellen, welche Verwüstung sie auf ihrem Weg hinterließen. Schließlich bat Lord Velorken den Allgeber, Mitleid mit seinem Volk zu haben. Er versprach, das Untier so lange und so weit zu jagen wie möglich, wenn er nur einen Ort fände, an dem er es tun konnte, ohne jemandem Leid zuzufügen.”
“Und so stellte der Allgeber sie an das Firmament?”, schmunzelte Rath ungläubig.
“Fällt es dir so schwer, das zu glauben? Ich habe nur ein paar Federschnipsel in die Luft geblasen und einige Worte dazu gemurmelt, und niemand konnte dich mehr sehen – noch nicht einmal du selbst. Selbst wenn eine Feder nichts mehr täte, als einen Vogel in der Luft zu halten, wäre das nicht schon
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