Die Prophezeiung von Umbria
Stunde fort gewesen.”
“Oh!”, flüsterte Maura und nahm noch einen Schluck. “Das würde eine Menge erklären.”
“Falls die Geschichte wahr ist.”
Sie starrte ihn an. “Wie kannst du nach allem, was geschehen ist, noch immer zweifeln?”
“Ich zweifle immer.” Spielerisch warf Rath die Hälfte des Eies in die Luft und fing sie wieder auf. “So bin ich eben.”
“Und warum begleitest du mich dann?”
Diese Frage hatte er sich in den letzten Stunden immer wieder gestellt.
“Vielleicht aus Abenteuerlust? Vielleicht weil alles, was die Han in solche Aufregung versetzt, es wert ist, getan zu werden.”
Maura hatte da so ihre eigene Vermutung. “Vielleicht auch, weil du glaubst, ich würde es ohne deine Hilfe nicht schaffen.”
“Nein.” Rath ließ die beiden Hälften der Landkarte in ihren Schoß fallen und ergriff ihre Hand. “Vielleicht weiß ich nicht so genau, warum ich es tue. Aber ich weiß sehr gut, warum ich es
nicht
tue. Jede Frau, die mit drei Han-Soldaten und einem Magier des Todes das anstellen kann, was du mit ihnen angestellt hast, braucht wirklich keinen dahergelaufenen Gesetzlosen, der sie dorthin bringt, wo sie hin möchte.”
Maura klopfte mit der freien Hand leicht auf ihren Schultergurt. “Das Lob gebührt nicht mir, sondern dem hier. Nur der Allgeber weiß, was aus mir werden wird, wenn die Taschen leer sind. Letzte Nacht habe ich all meine Spinnenseide verbraucht. Doch ich habe immerhin eine kleine Menge frisches Lebensblatt und Traumkraut in Exildas Garten gefunden.”
“Dann solltest du daran denken, deine Vorräte aufzufüllen, wo immer du kannst.” Er deutete zur Decke. “Für den Anfang hast du da oben eine ganze Menge Spinnennetze.”
Maura betrachtete die Karte von Umbria. “Ist es ein sehr langer Weg bis zu diesem Zeitlosen Wald? Wie kommt man am schnellsten dorthin?”
“Das kommt drauf an”, meinte Rath. “Hast du keinen Zauber, der uns fliegen lässt?”
Maura lachte leise.
“Zu dumm, dass wir den ganzen Weg hierher machen mussten, um die Karte zu finden”, brummte Rath. “Wenn wir von Windleford aus nach Westen statt nach Süden gegangen wären, könnten wir jetzt schon dort sein.”
Er deutete auf Windleford und fuhr dann mit dem Finger den Weg von dort nach Prum nach.
“Und der Zeitlose Wald liegt in dieser Richtung?”, fragte Maura bedrückt.
Rath nickte bekümmert. “Wir können unmöglich noch einmal denselben Weg gehen, den wir gekommen sind. Es ist viel zu gefährlich, mit all den alarmbereiten Han im Langen Tal. Und ich würde auch nicht gerne noch einmal auf Vang oder einen aus seiner Horde treffen. “
Maura schüttelte sich. “Ich auch nicht. Aber was für eine andere Wahl haben wir denn dann noch? Du meinst doch sicher nicht …”
“Mitten durch Westborne zu gehen?”, beendete Rath ihre Frage. “Genau das meine ich. Es ist der direktere Weg, und du kannst über die Han sagen, was du willst, die Straßen halten sie jedenfalls in gutem Zustand.”
“Aber dort werden zweimal so viele Han sein als im Langen Tal … vielleicht fünf, zehnmal so viele!”
“Stimmt, aber sie werden nicht erwarten, dass wir genau vor ihrer Nase vorbeispazieren.”
“Und das aus gutem Grund – es ist der blanke Wahnsinn!”
Zum Teil gab er ihr recht. Vor langer Zeit hatte Rath sich geschworen, nie mehr einen Fuß in die Gegend westlich des Blutmond-Gebirges zu setzen.
“Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht”, versprach er.
Ein auf dem Lande aufgewachsenes Mädchen wie sie, fast ohne Kenntnisse des Comtung oder der Sitten in Westborne, war auf seine Hilfe angewiesen. Aber war das wirklich der wahre Grund seines Handelns?
“Ich kann nicht glauben, dass ich mich von dir hierzu habe überreden lassen”, meinte Maura zwei Tage später, während sie und Rath ins Vorgebirge der Blutmond-Berge hinaufritten.
“Wozu?” Rath blickte über die Schulter. “Diese Route zu nehmen, oder dass ich dich begleite?”
“Beides.” Ihr Kichern sagte ihm, dass sie ihren Vorwurf nicht ernst meinte. Einen weniger gefährlicheren Weg schien es nicht zu geben. Und was seine Begleitung betraf – sie war froh, dass er darauf bestanden hatte, mit ihr zu gehen. Zu froh, vielleicht. Denn seine Gegenwart bedeutete eine Gefahr anderer Art. Eine Gefahr für ihr Herz.
“Können wir es wagen, hier einen Halt einzulegen?”, fragte sie. “Mein Rücken tut ganz schön weh von dem langen Ritt.”
Vor zwei Tagen hatten sie sich nach
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