Die Prophezeiung
verdammt. Aber wir konnten die von ihm geschaffene Dunkelheit etwas erhellen, wie du siehst. Und wir haben eine Vision unserer eigentlichen Heimat erschaffen. Zu mehr fehlen uns die Kräfte, denn im Zwielicht so fern von unserer wahren Heimat ist unser Zauber bedeutend schwächer“, ertönte die sanfte Stimme der Elfe dicht neben Zaramé. Zaramé riss sich mit einiger Mühe vom Anblick des Tals los.
„Wo seid Ihr denn normalerweise zu Hause?“, fragte sie neugierig. Die Elfe lächelte: „Du kennst unser Zuhause von dem Wandteppich an der Schlosstreppe. Dort war es stets hell, die Dunkelheit kannten wir nur aus der Welt der Menschen. Ich bringe dich nun zu unserer Königin. Pass auf, wo du hintrittst, der Boden ist heimtückisch.“
Zaramé folgte ihr rasch, immer darauf bedacht, jeden ihrer Schritte an derselben Stelle aufzusetzen wie die Elfe. Dies war aufgrund des Größenunterschieds nicht ganz einfach, denn ihre Schritte waren viel größer als die ihrer Führerin. Zwischendurch riskierte sie kurze Blicke in die Umgebung. Sie folgten winzigen Pfaden zwischen kleinen Hügeln hindurch. Auf jedem dieser Hügel wuchs ein großer Rosenbusch, der von innen heraus, gleich einer Laterne, leuchtete. Als sie an einem der Büsche eine Bewegung wahrnahm, blieb sie stehen und wagte einen genaueren Blick. Der Rosenbusch schien eine Art Eingang zu sein. Die Rosenblüten erhellten ihn. Fasziniert trat Zaramé einen Schritt näher und … damit ins morastige Wasser.
„Vorsichtig, Zaramé. Du musst auf den Wegen bleiben! Manchen Stellen sind so tief, da bist du sofort bis zum Hals im Morast verschwunden!“, sagte die Elfe mahnend. Zaramé wandte sich widerwillig vom Rosenbusch ab.
„Wohnt darin jemand? Ich dachte , ich hätte jemand gesehen!“, fragte sie schnell. Die Elfe nickte: „Ja, da sind unsere Wohnungen. Unter jedem Rosenstrauch lebt eine Elfe in einer Erdhöhle. Normalerweise bevorzugen wir Bäume und Büsche, in welchen wir uns ein Heim schaffen, aber hier ist es auf Dauer zu zugig dafür. Und wie du siehst, wächst hier nicht viel!“, schloss sie etwas bitter.
„Ich hätte nie gedacht, dass unter dem Schloss außer Stein und Erde noch etwas sein könnte! Also deshalb habe ich kürzlich ein Plätschern unter mir gehört! Weiß König Nozak das eigentlich?“, fragte sie in plötzlichem Erschrecken.
„Nein, sonst wäre er bestimmt schon mit Hacke und Schaufel aufgetaucht!“, lästerte die Elfe. „Gar nichts weiß er, solange er nicht das Buch findet!“
„Das Buch…?“, Zaramé wagte kein zusätzliches Wort, um nichts zu verraten. Die Elfe legte den Kopf auf die Seite. „Dein Buch, Zaramé! Schön zu sehen, dass du nicht unvorsichtig mit deinem Wissen umgehst! Aber nun weiter, Kind, mehr erfährst du von meiner Königin!“
Bald darauf kamen die beiden zu einem alles überragenden Rosenstrauch auf einem der größeren Hügel und die Elfe winkte Zaramé durch das Dornengestrüpp hinein. Das Mädchen duckte sich und versuchte ihr langes Haar vor den Dornen zu schützen. Das schien auf einmal unnötig und als Zaramé vorsichtig den Kopf hob, wurden ihre Augen groß vor Erstaunen. Sie befand sich in einem großen Saal, der von den Blättern, Dornen und Blüten der Rose umrankt war. Kleine Laternen hingen an den Seiten und verbreiteten warmes, gedämpftes Licht. Weitere Elfen huschten hinter ihr durch den Eingang und bildeten eine Kette, an deren Ende eine Elfe auf einem moosbewachsenen Hügel stand. Dort hin folgte Zaramé ihrer Begleiterin, die es auf einmal eilig hatte. Zaramés Herz begann zu klopfen. Würde sie nun etwas über ihre eigentliche Familie erfahren? Dabei fiel ihr siedendheiß ein, dass sich ihre derzeitige Familie bestimmt schon Sorgen um sie machte. Aber da sie auf die Schnelle daran nichts ändern konnte, schob sie den Gedanken zunächst zur Seite. Die Elfenkönigin sah genauso aus wie Zaramés Begleitung, aber die Augenfarbe und die Farbe des Steins auf ihrer Stirn waren leuchtendrot. Als Zaramé sich umsah, stellte sie fest, dass alle anderen Elfen entweder blau, grün oder rosé von der Augen – und Steinfarbe waren.
„Willkommen i n Jelina, dem Verbannungsland der Elfen, Zaramé. Ich bin Königin Yolofa und freue mich, dass Sirimi dich hierher gebracht hat. Wir alle sind sehr glücklich, dass die Zeit für unsere Befreiung und der des ganzen Reiches naht.“
Zaramé zuckte zusammen. „Was meint Ihr damit, Königin?“ Die Königin wechselte einen kurzen Blick mit Zaramés
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