Die Prophezeiungen von Celestine
verstärkt hatte, daß ich imstande gewesen war, ihre Energiefelder wie eine Erweiterung ihrer Schönheit wahrzunehmen.
»Versuchen Sie einmal dies hier zu sehen«, sagte Sarah und setzte sich zwischen mich und den Philodendron. Eine Wolke des weißen Lichts, welche ihren Körper umgab, sprang förmlich vorwärts und
umhüllte den Philodendron. Der Durchmesser des Energiefeldes der Pflanze verbreiterte sich mit einem Schlag um über einen Meter.
»Verflucht noch mal«, rief ich erstaunt aus, was die beiden Freunde zum Lachen brachte. Wenig später lachte ich mit ihnen, wobei mir bewußt war, daß ich hier wie selbstverständlich Phänomene bewunderte, deren bloße Existenz ich noch vor wenigen Minuten angezweifelt hatte; und es machte mir nicht das mindeste aus. Ich bemerkte außerdem, daß meine neuerworbene Fähigkeit, die Energiefelder
wahrzunehmen, nicht zur Ausbildung eines surrealen Szenarios geführt hatte, sondern eher zu einer realistischeren Betrachtungsweise der Pflanzen. Und doch schien alles um mich herum verändert, wie in einem Film, in dem man die Aufnahmen eines Waldes koloriert hatte, um seine mystischen und zauberhaften Qualitäten besonders hervorzuheben. Die Pflanzen, das Laub und selbst der Himmel schie nen jetzt leicht zu schimmern und legten die Vermutung nahe, daß hier Leben, ja vielleicht sogar ein Bewußtsein existierte, von dessen Existenz wir bis her keine Ahnung hatten. Jedenfalls würde es mir nie wieder möglich sein, einen Wald nur als Ansammlung einiger Bäume zu betrachten.
Ich warf einen Blick auf Phil. »Setz dich, und konzentriere deine Energie auf den Philodendron«, sagte ich. »Ich würde gern einmal sehen, ob es bei dir einen Unterschied macht.«
Phil schien perplex. »Ich kann das nicht«, sagte er.
»Ich weiß auch nicht, warum.«
Ich sah Sarah an.
»Manche Leute können es und manche nicht«,
sagte sie. »Wir wissen selbst nicht, womit das zusammenhängt. Marjorie testet ihre Studenten auf diese Fähigkeit, bevor sie sie aufnimmt. Einige der Psychologen meinen, es hänge mit den Charaktereigenschaften der betreffenden Person zusammen, doch weiß niemand etwas Genaues darüber.«
»Ich möchte es versuchen«, sagte ich.
»Okay, nur zu«, gab Sarah zurück.
Ich wandte mein Gesicht der Pflanze zu und ließ mich vor ihr nieder. Sarah und Phil standen jetzt beide im rechten Winkel zu mir.
»Womit fange ich an?«
»Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit vollends auf die Pflanze, etwa so, als wollten Sie sie mittels Ihrer Energie aufblasen«, sagte Sarah.
Ich sah die Pflanze an und stellte mir vor, wie in meinem Inneren ein Energiestrom anschwoll. Nach ein paar Minuten blickte ich wieder auf die beiden.
»Pech gehabt«, sagte Sarah trocken, »offensichtlich handelt es sich bei Ihnen nicht um einen der Auserwählten.«
Weiter unten auf dem Pfad erklangen plötzlich ärgerliche Stimmen und unterbrachen unsere Unterhaltung. Durch die Bäume sahen wir eine Gruppe von Männern vorbeigehen, die sich in harschem Tonfall unterhielten.
»Wer sind diese Leute?« fragte Phil und sah dabei Sarah an.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Weitere Leute, die sich über unsere Arbeit aufregen, nehme ich an.«
Ich warf einen Blick in den uns umgebenden Wald.
Es schien sich wieder um einen gewöhnlichen Wald zu handeln.
»Hey, die Energiefelder sind verschwunden!«
»Es gibt Sachen, die bringen einen direkt runter, stimmt's?« bemerkte Sarah.
Phil lächelte und klopfte mir auf die Schulter. »Von jetzt an wirst du sie jederzeit sehen können. Solange du dir die Fähigkeit bewahrst, ihre Schönheit zu erkennen. Mit dem Rest ist es wie mit dem Rad-fahren.«
Mir fiel ein, daß ich eine Verabredung hatte. Die Sonne stand jetzt viel höher, und eine sanfte Morgen-brise bewegte die Bäume. Meine Armbanduhr zeigte 7.50 Uhr.
»Ich werde mich lieber auf den Weg machen«, sagte ich.
Sarah und Phil begleiteten mich. Während wir gingen, sah ich zurück auf den bewaldeten Hügel. »Wirklich ein selten schöner Ort«, sagte ich. »Zu schade, daß es in den Staaten nicht mehr davon gibt.«
»Wenn du einmal damit begonnen hast, die
Energiefelder in anderen Gegenden wahrzunehmen«, sagte Phil, »dann wirst du feststellen, wie dynamisch der Wald hier wirklich ist. Schau dir diese Eichen an.
In Peru sind sie sehr selten, doch hier in Viciente wachsen sie. Nutzwälder, besonders jene, in denen die Kultivierung von Hartholz zugunsten von schnell wachsenden Pinien aufgegeben wurde, verfügen
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