Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Pubertistin - eine Herausforderung

Titel: Die Pubertistin - eine Herausforderung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baumhaus
Vom Netzwerk:
Menschen, die uns beim Nachhausekommen leise niederzischten, weil wir sie beim Fernsehen störten.
     
    So kann es nicht weitergehen, sagte der Vater erschöpft. Ich war ganz seiner Meinung, vor dem Essen hatte ich sehr lange, sehr dunkle Haare aus meiner Bürste geklaubt. Wir beschlossen, mal was Neues zu probieren: Von nun an würden wir unnachgiebig und brutal sein.
     
    Wir gaben ein Dekret heraus, das anordnete, dass Besucher fortan vorher anzumelden sind, dass Lebensmittel nur noch in Mengen verzehrt werden dürfen, die der Position eines Gastes angemessen sind. Außerdem hatten Besucher unter zwanzig Jahren ab dem Zeitpunkt unserer abendlichen Heimkehr entweder zu gehen oder sich ruhig im Zimmerder altersentsprechenden Familienmitglieder aufzuhalten. Ich hätte ja gern auch verfügt, dass mir für zuvor entstandenes Leid ein dreistimmiger Willkommenskanon gesungen wird – aber das konnte der Vater grad noch verhindern.
     
    Brav halten sich die Pubertistin und die Schwester an das neue Regelwerk. Wunderbar ruhig ist es ab jetzt im Häuschen – denn die Kinder schmollen mit uns, wir haben ihre Freunde vergrault. Als der Vater und ich schließlich ins Wochenende aufbrechen, um mal wieder was Interessantes zu erleben, entbieten sie uns einen mürrischen Gruß. Als wir zurückkommen, ist wie gesagt der Krieg ausgebrochen – wir sind offenbar die entscheidenden zwei Stunden zu früh heimgekehrt.
     
    Und jetzt schlägt meine Stunde. Ich bin unnachgiebig und brutal und schlage die feindlichen Truppen nur mit dem bösen Blick in die Flucht. Wer hätte das gedacht! So gebe ich der Pubertistin die großartige Möglichkeit, später einmal das zu führen, was man ein offenes Haus nennt. Schließlich war ihre Mutter in dieser Beziehung so unverhofft spießig.



Er streitet gern mal ein bisschen rum, kann aber, wenn er jemanden wirklich mag – und er mag die Pubertistin! – sehr loyal und großzügig sein. Dieser Mann ist der Onkel der Pubertistin. Wenn er uns besuchen kommt, fällt ihm die Pubertistin nicht vor lauter Zuneigung um den Hals, sondern sie kneift ihn zur Einstimmung erstmal in den Bauch und macht spöttische Bemerkungen über seine neue teure Sonnenbrille. Er wiederum wurschtelt ihr grob durchs sorgfältig frisierte Blondhaar, schubst sie ein bisschen hin und her und stößt freundlich gemeinte kleine Beleidigungen aus. Es ist eine stürmische Liebe zwischen den beiden, und sie beruht darauf, dass jeder der beiden im anderen einen Bruder und eine Schwester im Geiste sieht. Denn in ihr erkennt der Onkel das wilde Kind, das er mal war. Und sie sieht in ihm ihren idealen Lebensentwurf verwirklicht. Weil der Onkel nämlich so viel Freude am Streiten und Rechthaben hat und auch gern ordentlich Geld verdient, ist er Rechtsanwalt geworden.
     
    Als die Pubertistin noch nicht so hieß, weil sie ein kleines Mädchen war, wollte sie Kellnerin werden. Jahrelang ging das so. Sie stellte es sich herrlich vor, Macht über Gäste zu haben, ihnen die Teller wahlweiseunter der Nase wegzuziehen oder das Essen mit frischen Gänseblümchen zu verzieren. Kaum konnte sie schreiben, fabrizierte sie mannigfache Speisekarten, auf denen ein Schnitzel 100 Euro kostete und eine Cola 33 Cent. Sie dachte sich komplizierte Öffnungszeiten aus, zu denen sich ihre Gäste einzufinden und zu essen hatten, was die Kelle gibt. Von dem vielen Geld für die Kirschtorten mit Salzkrokant und die Königsberger Klopse an Gummibärchengemüse würde sie schließlich auch die unzähligen Helfer bezahlen, die alles kochen und abwaschen – sie hingegen würde nur servieren, die Gäste drangsalieren und abkassieren.
     
    Die Sache mit der Kellnerin ließ über Jahre nicht nach. Schon kam sie in das Alter, um zu begreifen, dass man für diesen Beruf nicht zwingend ein Abitur braucht, und schraubte entsprechend ihre schulische Leistungsbereitschaft herunter. Zum Glück machten wir ungefähr zu dieser Zeit mit der ganzen Verwandtschaft eine kleine Wochenendreise in die Berge, und die Pubertistin durfte auf dem Ledersitz des großen dicken Onkelautos mitfahren. Die drei Stunden in dem blinkenden Hightechfahrzeug, bei 200 Sachen, umrauscht von harter lauter Musik ausder sauteuren Stereoanlage, bewirkten, dass sie die Sache mit der Kellnerin noch einmal überdachte und beschloss, doch Abitur zu machen, Jura zu studieren, um sich als Anwältin auch so ein dickes, kostenungünstiges Auto kaufen zu können.
     
    Unsere Begeisterung über diesen Plan hielt

Weitere Kostenlose Bücher