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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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in dem großen Haus und unternehme fast nichts. Und trotzdem fliegt die Zeit nur so dahin. Ab und zu gehe ich ins Fønix, aber meistens bleibe ich zu Hause. Trinke Wein und starre in den Kamin. Lese ein wenig. Ursprünglich hatte ich vor, mir bei Bjerke einen Fernseher zu mieten, aber den Gedanken habe ich mir aus dem Kopf geschlagen. Weißt du noch, wie komisch wir es fanden, dass Oma und Opa keinen Fernseher hatten? Ich soll übrigens ganz herzlich von ihnen grüßen, ich habe mich um das Grab gekümmert und ein schönes Gesteck aus frischen Tannenzweigen hingelegt. Zu Weihnachten (denn so lange bleibe ich sicher noch hier) will ich Kerzen aufstellen. Oma wird das bestimmt ein wenig zu »katholisch« finden, aber ich bin sicher, dass es Opa gefallen wird. Als ich nach dem Abend bei dir hierher fuhr, bin ich in ein entsetzliches Regenwetter geraten. Regen und Schnee wechselten sich ab, und es war spiegelglatt. Kurz vor Sandefjord kam ich an einer Unfallstätte vorbei. Es war ganz entsetzlich. Ein PKW war mit einem ihm entgegenkommenden LKW zusammengestoßen und total zusammengedrückt worden. Mehrere andere Wagen waren in das Wrack hineingefahren, und einzelne hatten auf ein Feld ausweichen müssen. Weder der Wagen noch ich trugen auch nur eine Schramme davon, aber ich habe doch arg gezittert, das kannst du dir vorstellen. Doch wie das Leben so spielt, Stina! Gerade durch dieses Schreckliche habe ich einen interessanten Menschen kennen gelernt. Er heißt Leon und ist Fotograf. Sein Wagen war dermaßen übel zugerichtet, dass er nicht weiterfahren konnte, und als sich herausstellte, dass er hierher wollte, habe ich ihn natürlich mitgenommen. Und seit diesem Abend haben wir uns ab und zu getroffen. Ich habe durchaus nicht vor, irgendeine Art von fester Beziehung einzugehen, aber es macht Spaß, mit ihm zu reden – und als Liebhaber ist er auch gar nicht schlecht. Außerdem wollte ich immer schon wissen, wie ein Künstler arbeitet. Er wohnt eigentlich in Oslo, verbringt aber die Wintermonate hier unten – in einem Ferienhaus am Solheimstrand (weißt du noch, Opa, mit dunkelblauer Wollbadehose, die vierzehn Kilo wog, wenn er aus dem Wasser kam?). Leons Haus liegt ganz am Ende der Landspitze. Wirklich, wie das Leben so spielt … Denn ausgerechnet in dieser Hütte war ich einmal als Kind.
    Es muss auf einem unserer Badeausflüge gewesen sein, denn ich war sicher viel zu klein, um auf eigene Faust herzukommen. Ich hatte im Gestrüpp zwischen den Felskuppen Brombeeren gepflückt und weiß noch, dass ich entsetzlich durstig war. Ich begreife im Grunde nicht, wie ich das wagen konnte, ich war doch angeblich ein schüchternes Kind, aber ich bat einen alten Mann in diesem Haus um ein Glas Wasser. Er war nett, er hatte Ähnlichkeit mit Opa, aber ich glaube, ich habe noch nie irgendwem davon erzählt. (Du kannst dir ja vorstellen, wie unsere Eltern reagiert hätten!) Na ja, es kommt jetzt ab und zu vor, dass ich in diesem Haus sitze, zusammen mit Leon. Er ist ein leidenschaftlicher Fischer und ein guter Koch. Und außerdem eben Künstler. Er arbeitet ausschließlich in Schwarzweiß und fast nur in großen Formaten. Porträts. Details aus Stadt und Natur. Seltsame, stimmungsgesättigte Dinge. Ich habe in vieler Hinsicht das Gefühl, von ihm Sehen zu lernen, wenn ich mit ihm zusammen bin. So, als öffne er mir die Augen. Er hat das eine Schlafzimmer als Dunkelkammer eingerichtet, aber er hat auch in der Stadt ein Atelier gemietet, um Platz für seine großen Arbeiten zu haben. Im Moment arbeitet er wie besessen an einer Ausstellung, die in Langesund stattfinden soll.
    Ansonsten habe ich vor, mich auf meine alten Tage auch noch zur Künstlerin zu entwickeln. Nein, nicht lachen! Jeden Donnerstag besuche ich einen Töpferkurs in der Schule draußen in Nybyen, und ich bin durchaus nicht so ungeschickt, wie du vielleicht glaubst. Anfangs habe ich ja vor allem Aschenbecher der Fünfzig-Kilo-Klasse produziert, nun bewege ich mich langsam, aber sicher in Richtung des Skulpturellen. Der Lehrer behauptet, ich sei begabt, und vor kurzer Zeit ist mir ein Kinderkopf gelungen, mit dem ich ehrlich gesagt recht zufrieden bin. Ich werde Leon bitten, ihn zu fotografieren, dann kannst du dir selbst ein Urteil bilden.
    In meinem Kurs ist mir eine Frau begegnet, mit der ich ab und zu einen trinken gehe. Bente ist um einiges jünger als ich, aber wir haben uns sofort verstanden. Sie ist von Hamar aus hergezogen und fand es nicht so leicht, mit

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