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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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erzählt, was sie nach Sonnenuntergang so alles auftischt. Mir ist richtig das Wasser im Munde zusammengelaufen.«
    Er lacht. »Das Schlimmste ist das mit dem Rauchen.«
    Nein, denkt sie. Das Schlimmste ist nicht das mit dem Rauchen. Das Schlimmste ist, dass du einen ganzen Monat lang mit schlechtem Gewissen onanieren musst.
    Der Fjord. Das monotone Geräusch der Spikesreifen auf dem harten Schnee. Der Alkohol hat sie warm gemacht und der Anblick von Niels Petter Holand, der im wahrsten Sinne des Wortes die Maske fallen ließ, feucht.
    Schaut mal, das ist Vater.
    Aber es ist nicht Vater. Es ist nur noch mehr Verwirrung.
    Der Fahrer sagt: »Ich kann Sie da draußen doch nicht einfach absetzen?«
    »Nein«, erwidert sie. »Das können Sie nicht.«
    Das alte Seil der Schaukel hängt noch immer da. Ein grauer Strich vor schwarzem Hintergrund. Der Kiosk ist geschlossen und verriegelt, vor die Fenster sind Blenden geschlagen. Sie sieht alles wie in einem Film, sie sieht diesen Film im Licht der Autoscheinwerfer, während sie seine schwarzen Haare streichelt und spürt, wie seine Zunge hin und her gleitet, aus und ein, in ruhigen, zögernden Bewegungen.
    Er weiß, dass ich komme. Leo weiß, dass ich komme.
    Sie schaut auf die Uhr. Sieben Minuten nach eins.
    Macht er um diese Zeit nicht seine Abendrunde?
    Der Fahrer kniet auf dem heruntergeklappten Sitz nieder. Er streift seine Hose nach unten, sein Gesicht ist feucht, er sagt etwas in einer Sprache mit flachem L, sie denkt, bestimmt sagt er Hure, bestimmt sagt er Fotze, Nutte, und das ist gut so. Sie nimmt ihn in den Mund, damit er den Mund hält, aber er macht weiter, macht weiter, sie hält seine festen Hoden in der Hand, und sie saugt hart und zielbewusst, bis er zwei Millionen potenzieller Pakistani von sich gibt, vielleicht auch Iraker, und sie schluckt sie alle hinunter, wie eine Überschwemmung oder ein Krieg wirkliche Menschenkinder verschlingen, während er sie die ganze Zeit als Nutte bezeichnet, falls er nicht einfach zu einem Gott betet, der zufällig nicht ihrer ist. Und er lässt nicht nach, nein, er lässt nicht nach, er bleibt pochend und hart, und sie kehrt ihm den Rücken zu und beugt sich zum Heckfenster hin, während er in seiner seltsamen Sprache weiter plappert und eifrig in sie eindringt, sie stößt dagegen und hört plötzlich ihre eigene seltsame Sprache, es ist eine Tiersprache, denn es sollte nicht gut sein, es sollten keine guten Weihnachten und kein gutes neues Jahr werden. Er wird schließlich ruhiger, aber er weiß, was er will, sie denkt die ganze Zeit an den Hengst, der den Menschen den Intellekt geschenkt hat, an den großen roten Hengst, dem die Haut abgerissen und der zu Fuchsfutter oder Wurst verarbeitet wurde, egal, was, sie starrt in die Dunkelheit hinaus, durch die Dunkelheit hindurch, und da kommen Opa und Oma mit Picknickkorb und Saft und Badesachen und Badetüchern in einer Plastiktüte, und dann kommt es ihr, zum ersten Mal seit mehreren Jahren, und so war das nicht gemeint, aber jetzt kommt es ihr.
    Er hat vergessen, das Taxameter abzuschalten, es hat fünfhundertzwanzig Kronen zusammengetickt, er sagt, tut mir Leid, und steckt sich das Hemd in die Hose, aber es braucht ihm nicht sonderlich Leid zu tun, sie gibt ihm sechshundert und bittet um eine Quittung, und dann lachen sie über dieses seltsame Land, in dem solche Dinge von der Steuer abgesetzt werden können.
    Aber als sie geht, wird er ernst.
    Da wird er ernst.
    Er fährt erst, als sie mit der Hand auf das Autodach schlägt und ihn auffordert, sich zum Teufel zu scheren.

19
    Aus dem Nachtbuch:
    Ich blieb in der Dunkelheit stehen und sah ihn an. Er konnte mich nicht sehen, aber ich sah ihn. Trotzdem hatte ich das klare Gefühl, dass er wusste, dass ich da war, oder dass er jedenfalls wusste, dass ich in dieser Nacht kommen würde. Er trug eine Art Kittel, von der Sorte, in der Odd Nerdrum herumläuft. Er malte. Sein Kittel war von Farbflecken übersät. Er malte mit sicheren, harten Strichen, und die ganze Zeit führte er Selbstgespräche. Ich konnte nicht hören, was er sagte, aber er führte Selbstgespräche. Sonst war niemand im Zimmer.
    So stand ich da, während die Spermien aus mir herausflossen. Ich dachte: wenn ich jetzt hineingehe, dann lenkt er das alles.
    Ich ging hinein. Ich wollte nur ein Glas Wasser. Ich war fünf Jahre alt und hatte Durst. Er stand mit dem Rücken zu mir vor der Staffelei und drehte sich nicht um, so sicher war er, er drehte sich nicht

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