Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
Vom Netzwerk:
sprach, anders als euer Telefonspezi.«
    »Das übliche Drecksgerede?«
    »Ja und nein. Die ersten Male klang er eigentlich zuerst ganz sympathisch. Manchmal war er sogar witzig. Aber später im Gespräch rutschte er dann aus. Es war scheußlich. Das eine oder andere Tabuwort wurde in einen Satz eingeflochten, und dann nahm die Sache total überhand. Er schien die Kontrolle über sich zu verlieren. Und sich eigentlich Kontakt zu wünschen, während etwas in ihm ihn in die falsche Richtung trieb. Später habe ich einfach aufgelegt, wenn ich hörte, dass er es war.«
    Lachen aus dem Wohnzimmer. Vater und Sohn. Rebekka kannte den Film auswendig, jetzt hatte Woody Woodpecker seinen Auftritt.
    Nina: »Ich verstehe das nicht. Ich kann die Männer einfach nicht verstehen. Hast du je von Frauen gehört, die es auf die Tour machen?«
    »Ich glaube, eine Frau würde weniger plump auftreten. Wenn du oder ich einen Mann anriefen, um über Schwänze zu reden, dann würde der doch wohl mit demselben wedeln, meinst du nicht?«
    Nina lachte. »Triffst du Leo?«
    »Ab und zu. Nicht so häufig. Ich bin eigentlich gar nicht so sicher, ob ich ihn leiden mag. Und dabei denke ich nicht an das, was er auf die Leinwand bannt. Aber er kommt mir so labil vor. Unfertig. Ich würde niemals viel Zeit mit einem Mann wie Leo verbringen.«
    »Ich habe von ihm geträumt. Das war seltsam. Ich habe wirklich keine sexuellen Phantasien über diesen Typen, aber das war ein Traum, von dem ich Niels Petter nicht unbedingt erzählen würde.« Sie schaute zum Wohnzimmer hinüber und sagte lachend: »Wir haben es in einem Autowrack gemacht. Draußen an einem Strand. Es war mitten im Winter, so wie jetzt.«
    Sieh an. In einem Wrack. An einem Strand. Rebekka glaubte, das Gewicht seines schlaffen Schwanzes in der Hand zu spüren, es war die Zigarette, aber sie erschien ihr als sein Schwanz, sie führte die Zigarette zum Mund und trank Rauch, sie konnte sich nicht daran erinnern, die Zigarette angesteckt zu haben, der Kuchen lag zerkrümelt und unberührt auf ihrem Teller, es stank nach Kohl.
    Sie sagte: »Gehen wir doch zu den anderen. Gleich kommt der Ausschnitt aus Susi und Strolch. Der ist so niedlich.«
    »Geh schon mal vor. Ich komme gleich nach. Ich muss Wasser auf die Schwarte gießen, sonst wird sie nicht knusprig.«
    Knusprige Schwarte. Wie ist die Schwarte doch knusprig, so knusprig. Festen Kurs. Ordentlich kauen und langsam kauen. Das Geräusch der knusprigen Schwarte zwischen den Kronen der Backenzähne, zwischen Füllungen und rosa Zahnfleisch, knusprige Schwarte, die bis in den Hinterkopf hinein knackt, und das Fett, das in die Mundhöhle fließt, es ist fette Rippe, so, wie Rippe in alten Zeiten war und jetzt wieder in Mode kommt, mehr Fett an den Schweinen, jetzt bald in einem neuen Jahrtausend. Sie kaut Schweinefleisch und mehlige Kartoffeln, sie kaut Kümmelkohl und Frikadellen und spült mit Ninas selbstgebrautem Bier hinterher. Und hört sich selber Dinge sagen wie »wie nett«. Oder zum Beispiel: »Neulich habe ich im Radio gehört, dass …« Ja. Nett. Nett hier zu sein. Schön, dass ihr mich überredet habt. Neulich habe ich im Radio gehört, dass jetzt auch diesseits des Gebirges zu Weihnachten Hammelfleisch gegessen wird, in den flachen ostnorwegischen Dörfern. Weihnachtsgeplapper. Weihnachtsmüll. Abgenagte Schafsknochen, gekocht auf Birkenholz, gekauft im Supermarkt, Schafsschädel für die Abenteuerlicheren, niemals Wein zum Laugenfisch, immer Bier zum Laugenfisch, Bier und Aquavit. Fester Kurs, es ist Heiligabend und am Heiligen Abend wird über den Heiligen Abend gesprochen, bei uns zu Hause gab es immer Rippe, Rippe und sonst gar nichts, nicht einmal Würste oder Frikadellen, damals aßen sogar die Kinder Rippe, fette Rippe, das war vor der Gesundheitshysterie, es war Rippe wie diese hier, das Fett triefte nur so, so gehörte es sich, ehe die Boulevardpresse den Herzinfarkt erfunden hat. Mehr? Viel mehr. Niels Petter lacht laut, mit dem Mund voll totem Schwein, es geht um die Geschichte von Onkel Karl, der immer am ersten Weihnachtstag Blutpudding essen wollte, der machte ihm gute Laune, Blutpudding, Blutwurst, sie sitzt an einem gedeckten Tisch auf dem Planeten Tellus, umschwirrt von den Steinmassen des Universums, glühend oder kalt, von Sternen und Planeten, von schwarzen Löchern und Antimaterie, und Niels Petter erzählt noch einmal von Onkel Karl und dem Blutpudding, er schildert das Ganze aus der Sicht des entsetzten

Weitere Kostenlose Bücher