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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wie ein Erwachsener und nicht wie ein zwölfjähriger Junge, der gerade herausgefunden hat, wozu sein Schniepel gut ist.«
    »Hast du damit ein Problem?« AJ legt Messer und Gabel aus der Hand. »Mit Ernsthaftigkeit?«
    »Hey«, sagt Patience sanft. Sie setzt sich ihm gegenüber und betrachtet ihn mit liebevollen braunen Augen. »Du weißt nicht, wer du bist – wahrhaftig nicht. Du weißt nicht, wie kostbar du mir bist. Ich habe nie eigene Kinder gehabt – und das ist ein Segen, denn es wären richtige Wildschweine geworden. Aber schon lange vor Dollys Tod, als du noch eine kleine Rotznase warst, so groß wie ’ne Erdnuss und so hässlich, dass es wehtat, dich anzusehen, da haben ich und Dolly uns geschworen: Ganz gleich, welche von uns beiden zuerst geht – die andere wird dich großziehen. Kann sein, dass sie dich in die Welt geworfen hat, aber was sie und mich anging, hattest du immer zwei Mütter. Vielleicht waren wir keine perfekten Mütter, alle beide nicht, aber ich glaube, wir haben unsere Sache gut gemacht.«
    »Und?«
    Patience schenkt ihm ein Lächeln, wie man es bei ihr selten sieht. Ihre Zähne sind weißer als frische Milch, und wenn das Licht in ihre Augen kommt, ist sie die hübscheste Frau der Welt. »Ich bin eine Bärenmutter, Schätzchen. Ist das erste Mal, dass mein kleiner Junge sein Herz aufs Spiel setzt, und ich will sicher sein, dass du richtig behandelt wirst und dass die fragliche Lady nicht was ganz anderes im Schilde führt.«

Kisten
    Caffery ist von Penny Pilson aus geradewegs zum Suchgebiet gefahren, und die ganze Zeit ist die Sporttasche mit Handels Puppen im Kofferraum bei scharfen Kurven leise raschelnd hin und her gerutscht. Jetzt, da er weiß, was sie bedeuten, ist ihre Anwesenheit ihm besonders bewusst. Die Versuchung ist groß, anzuhalten und nach hinten zu gehen, um einen Blick in den Kofferraum zu werfen – und sei es nur, um sich davon zu überzeugen, dass die kleinen Scheißer nicht aus der Tasche geklettert sind. Aber dann steigt Flea ein, und er vergisst Isaac Handel und denkt wieder an Misty.
    Nordöstlich von Bath halten sie an. Sie zeigt ihm, wo er parken soll – auf einem kiesbedeckten Vorplatz bei einem Cottage. Es ist langgestreckt und flach. Zweigeschossig und schmal, reicht es über fast zwanzig Meter. Daran rechtwinklig angrenzend, sodass sie die zweite Seite des Vorplatzes säumt, erhebt sich die kahle Ziegelwand eines großen Hauses, dessen Kamine den Nachthimmel verdecken. Licht brennt dort in den Fenstern, aber sie liegen hoch oben in der Wand wie bei einem Gefängnis.
    »Das sind die Nachbarn.« Flea deutet mit einer wedelnden Handbewegung auf die Mauer. »Und das« – sie zeigt auf das weitläufige Cottage, das nur von einer altmodischen Kutschenlampe unter welken Efeuranken beleuchtet wird –, »das bin ich.«
    Sie schwingt sich aus dem Wagen, wirft ihre Tasche über die Schulter und geht auf die Haustür zu. Er steigt aus und sieht sich um. Im Mondschein kann er den Garten erkennen, der riesig und unbeherrschbar aussieht, von Unkraut überwuchert und voll von gescheiterten und zugewachsenen Designversuchen. Rosenbeete quellen über auf Rasenflächen, die zu Wiesen geworden und von Regen und Kälte besiegt worden sind. Einstmals elegante Terrassen führen jetzt kaskadenartig wie ein stufenförmiger Dschungel bergab und verschwinden in der Nacht. Wind kommt auf und weht geradewegs durch ihn hindurch. Der Herbst ist jetzt wirklich da. Er zieht seine Jacke fester um sich, dreht sich um und folgt Flea.
    Sie lässt ihre Tasche vor der Haustür fallen und hebelt sich mit einem gusseisernen Fußabkratzer die Stiefel von den Füßen. »Kommen Sie rein«, sagt sie. »Kommen Sie.«
    Im Flur bleibt er stehen und schnürt seine Wanderstiefel auf. Das Haus ist lang und marode, und es sieht hier genauso unordentlich aus wie bei ihm. Kisten säumen den Korridor. Aber der Unterschied zu seinem Haus besteht in einem Gefühl von Heimeligkeit, das ihm sein abgelegenes und ungeliebtes Cottage niemals vermitteln wird. Überall hängt der schwache Geruch nach offenem Feuer. Er wirft einen Blick in einen Anbau, der nach links davonführt. Der Boden ist uneben, und in den steingerahmten Fenstern stehen getrocknete Blumen. Er schaut nach rechts, in die Richtung, in der Flea verschwunden ist, und sieht lauter Jacken an den Haken der buntlackierten Garderobe hängen.
    Hier ist es also passiert. Hier hat sie beschlossen zu decken, was ihr Bruder getan hatte. Er schiebt seine

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