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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Schließt die Tür mit einem Klicken und bleibt einen Augenblick lang stehen. Ihre Silhouette bewegt sich nicht. Er geht zu dem Renault und greift an die Tür. Sie ist offen. Er weiß, er soll einsteigen; also tut er es, ohne eine Entschuldigung oder eine Erklärung. Sie hat die Ellenbogen auf das Lenkrad gestützt und das Gesicht in die Hände gelegt. Sie trägt noch immer die wasserdichten Sachen. Er sieht nur den gebogenen Rand ihres Ohrs, das aus dem wirren Haar hervorschaut.
    Im Wagen riecht es nach den Polyurethan-Säcken, die die Unterstützungseinheit für ihre Ausrüstung benutzt, und ganz schwach nach einem femininen Duft. Shampoo oder Body Lotion. Er wartet.
    »Okay«, sagt sie schließlich. »Okay.« Sie sieht ihn nicht an. »Ich glaube, ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so sehr geschämt.«
    »Sie haben Ihren Bruder geschützt. Aus irgendeinem Grund.«
    »Ja.« Sie schweigt ein Weilchen und klopft sich mit den Fingern an die Stirn. »Sagen Sie mir, wie Sie es herausgefunden haben?«
    »Jemand hat den Unfall gesehen.«
    »Und dieser Jemand ist … Sie?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Mein Freund.«
    Stille. Er nimmt an, sie wird sich zu ihm umdrehen, aber sie tut es nicht. »Ihr Freund?«
    »Ja.« Caffery denkt über das Wort »Freund« nach. Der alte Landstreicher, der gesehen hat, wie Thom Misty angefahren hat? Ist er wirklich ein Freund? Caffery ist nicht sicher. Er hüstelt. »Sie brauchen sich seinetwegen keine Sorgen zu machen. Das versichere ich Ihnen.«
    »Das versichern Sie mir? Und Sie sagen die Wahrheit? Immer?«
    »Nicht immer. Aber in diesem Fall ja. Vertrauen Sie mir.«
    »Ich glaube, ich habe keine Wahl.« Sie klopft ein bisschen fester. »Nächste Frage: Seit wann wissen Sie es schon?«
    »Seit anderthalb Jahren. Mehr oder weniger.«
    »Und warum haben Sie nie etwas gesagt?«
    »Das frage ich mich an manchen Tagen selbst.«
    »Aber jetzt haben Sie etwas gesagt.«
    »Ich habe darauf gewartet, dass Sie sich erholen. Von dem Unfall. Und plötzlich sind da Haie, die nach mir schnappen.«
    »Haie schnappen nach uns allen.«
    »Ja, aber auf meine habe ich keine Lust mehr. Und ich brauche Ihre Hilfe, um sie loszuwerden. Wissen Sie, ich weiß zwar nicht, wie Thom Sie dazu überredet hat, aber ich weiß sehr wohl, was Sie mit der Leiche gemacht haben.«
    Ihre Finger klopfen nicht weiter. Sie neigt das Gesicht seitwärts, und ein Auge wird sichtbar. Es ist von einem Rest Wimperntusche verschmiert, und das Lid klappert ein paarmal. »Sagen Sie das noch mal.«
    »Ich habe Sie gesehen, Flea. Ich habe gesehen, was Sie getan haben. Elf’s Grotto. Im Steinbruch. Ich habe gesehen, wie Sie die Leiche ins Wasser geschafft haben.«
    Sie hebt den Kopf und starrt ihn an. Fast spürt er die Hitze ihres arbeitenden Gehirns, die Glukose, die es verbrennt, um all diese Informationen in die richtigen Fächer zu sortieren. Diesen letzten Satz zu absorbieren.
    »Es ist wahr. Tut mir leid.«
    Ihr Mund bewegt sich lautlos. Dann senkt sie den Kopf und schüttelt ihn. »Das glaube ich einfach nicht«, sagt sie. »Sie wissen alles ? Alles über mich, alles über Thom, und das schon die ganze Zeit ? Und Sie haben es geheim gehalten? Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht aus demselben Grund, aus dem Sie Thom gedeckt haben.«
    Sie will antworten, doch dann scheint sie es sich anders zu überlegen. Sie presst die Handballen in die Augen, als wolle sie ein Bild auslöschen. Verglichen mit den Männern in ihrer Einheit ist sie klein und zierlich, und es ist schwer, sich vorzustellen, was sie mit der Leiche gemacht hat. Wenn er es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, versteckt in der Dunkelheit, würde er es selbst nicht für möglich halten. Aber es ist passiert. Er hat sich die Steinbruchpläne angesehen und ermittelt, dass Misty fast sechzig Meter tief unter Wasser auf dem Grund des Steinbruchs liegen könnte. Bei dem Gedanken wird ihm kalt – der Steinbruch ist einer der scheußlichsten, unheimlichsten Orte, die er je gesehen hat. Abgelegen, stillgelegt, geflutet, übt er eine niederträchtige, übernatürliche Anziehungskraft aus. Ein Selbstmörder-Mekka – er weiß nicht mehr, wie viele Leute ihr Leben dort beendet haben. Manchmal taucht ein Leichnam wieder auf, manchmal nicht.
    »Wenn sie diesen Steinbruch jemals trockenlegen«, sagt er, »dann wird es sein, als watete man in die Hölle.«
    »Ja. Aber wenn man es täte, würde man Misty nicht finden.«
    »Wie bitte?«
    »Sie liegt nicht auf dem Grund

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